Tichys Einblick
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte:

Das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit ist keine Diskriminierung

Europäisches Kopftuch- und Burka-Urteil von 2017 bringen jetzt deutsche Politiker und Richter ins Schwitzen. Jetzt können private Arbeitgeber das Tragen von Burka und Kopftuch verbieten – und der öffentliche Dienst erlaubt es.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Strassbourg

Im September 2015 öffnete die Kanzlerin die Grenzen und über eine Million Muslime, überwiegend aus den Ländern Afghanistan, Pakistan, Syrien, Iran, Irak sowie aus Nordafrika strömten ins Land. Alles Länder, wo der Islam Staatsreligion ist und jedes Kind im Alter von vier Jahren beginnt, Passagen aus dem Koran auswendig zu lernen. Für viele die einzige Form der Bildung.

Im September 2016 – die Probleme mit der Integration religiöser Muslime – waren bereits landesweit sichtbar, äußerte die Kanzlerin im Bundestag, dass sie gegen ein Verbot der Gesichtsverschleierung sei.

Ihr Hauptargument war die Religionsfreiheit. Wobei Religion in Europa nach Jahrhunderten der Aufklärung und Säkularisierung eine andere Bedeutung hat als im Islam. Aber das wurde bisher von der deutschen Politik ignoriert.

Religionsfreiheit nicht als Deckmantel missbrauchen
Verschleierungsverbot: „Mobiles Stoffgefängnis“ entrechtet unsere Frauen
Am 11.Juli 2017 hat der Europäische Gerichtshof für Menschrechte in Strassbourg geurteilt, dass das Verbot des Tragens eines Gesichtsschleiers keine Diskriminierung sei. Die BILD titelte unter der Überschrift: Burka-Verbot ist notwendig! Und weiter: „Dieses Urteil ist eine Sensation: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hält ein Burka-Verbot nicht nur für zulässig – sondern explizit für ’notwendig für eine demokratische Gesellschaft’“.

In ihrem Urteil führten die Richter gestern erstmals Sicherheitsgründe für ein Verschleierungs Verbot an: Ein Burka-Verbot schütze „die Rechte und Freiheiten“ von Dritten! Auch mehrtägige Haft bei Verstößen sei daher gerechtfertigt.

Es ist nun Angelegenheit der 47 Länder, die im Europäischen Rat versammelt sind, dieses Urteil in nationales Recht umzusetzen. Sie müssen nicht – sie können – die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit verbieten. Ein Verbot wäre keine Diskriminierung und das erneute Anrufen eines europäischen Gerichts wäre somit sinnlos.

Deutschland tut sich – wie immer in diesen Fragen – schwer mit einer Entscheidung. Während die größte Fraktion im EU-Parlament, geleitet von Manfred Weber (CSU) sich schon lange für ein „Burka-Verbot“ einsetzte, sahen Berliner Politiker die Religionsfreiheit gefährdet.

Zum besseren Verständnis: Das Thema Hijab (islamisches Kopftuch) und Burka (stellvertretend für die Vollverschleierung des Gesichts wie auch der Nikab) sind erst seit etwa 10 Jahren ein Thema in der EU.

In Deutschland gab es dabei bisher eine Vierteilung der Gesetzgebung:

  1. Öffentlichkeit – Die öffentlichen Straßen und Nahverkehr, Zugang zu öffentlichen Gebäuden, Zugang zu 1 Gericht (nicht aber die Richter) es gab keine Regelungen zum Tragen von Hijab und Burka. Es musste sogar ein Gutachten eines Religionssachverständigen aus Saudi-Arabien eingeholt werden, damit eine vollverschleierte Muslima vor der Richterin ihren Gesichtsschleier zur Identitätsbestimmung lüften durfte.
  2. Öffentlicher Dienst – Hier gab es verschiedene – teils sich widersprechende – Urteile, die Amtsträgern entweder gestatteten oder verboten, Kopftuch und Gesichtsschleier zu tragen. Dabei ist eine Zunahme der Gestattung seit etwa 2015 zu verzeichnen.
  3. Kirchen – Sie und ihre Organisationen wie Caritas, Diakonie oder Krankenhäuser haben einen Sonderstatus. Sie können Muslima, die die islamische Kleiderordnung befolgen, nicht einstellen oder entlassen.
  4. Privatwirtschaft – Bis zum 14.03.2017 war die Privatwirtschaft durch die exzessive Anwendung der Religionsfreiheit geknebelt. Sie mussten Kopftuch, Schleier und die Ausübung der islamischen Riten am Arbeitsplatz akzeptieren und finanzieren. Durch die Entscheidung des EuGH C-157/15 ist es aber nun über 22 Millionen Arbeitgebern in allen 27 EU-Ländern gestattet, diese Regelung zu erlassen:

„Es ist den Arbeitnehmern verboten, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oderreligiösen Überzeugungen zu tragen und/oder jeglichen Ritus, der sich daraus ergibt, zum Ausdruck zu bringen.“

Europäisches Kopftuch- und Burka-Urteil von 2017 bringen jetzt die deutschen Politiker und Richter ins Schwitzen. Denn die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Kopftuch-Trägerinnen und der Ausschluß von Burka-Trägerinnen in nur wenigen Bereichen konterkariert die staatliche Neutralität. Jetzt können private Arbeitgeber das Tragen von Burka und Kopftuch verbieten – und der öffentliche Dienst erlaubt es.

Schaut man sich in Europa um, so gibt es in vielen Ländern bereits generelle oder teilweise Burka-Verbote.

  • Belgien: 2011
  • Frankreich: 2011
  • Schweiz: 2013, nur Kanton Tessin
  • Spanien: 2013 in Teilen des Landes
  • Italien: Region Novara
  • Niederlande 2015: Partielles Burka-Verbot in der Öffentlichkeit, Krankenhäusern, Schulen und Öffentlichen Verkehrsmitteln
  • Bulgarien: 2016
  • Österreich Mai 2017

In der Türkei gab es ein Kopftuch-Verbot seit 1925 welches seit 2008 mit Re-Islamisierung gelockert wurde. Seit August 2016 dürfen Polizistinnen Kopftuch tragen.

Anzumerken ist noch, dass auch das afrikanische Land Gabun die Vollverschleierung am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit verboten hat.

In Abwandlung eines alten DDR- Propagandaspruchs kann man den Politikern jetzt zurufen: Von Gabun lernen heißt siegen lernen!

Zusammen mit dem Kopftuch-Urteil und dem darin auch begründeten Verbot der Ausübung islamischer Riten am Arbeitsplatz ist nun die Forderung der EU-Generalanwältin zum Schlussantrag zum Kopftuch-Urteil vom 31.05.2016 aktueller denn je:

„Letztlich stehen die Rechtsprobleme rund um das islamische Kopftuch stellvertretend für die grundlegendere Frage, wie viel Anderssein und Vielfalt eine offene und pluralistische europäische Gesellschaft in ihrer Mitte dulden muss und wie viel Anpassung sie umgekehrt von bestimmten Minderheiten verlangen darf.“

Eines ist bemerkenswert: Der EuGH und Europäische Menschenrechtsgerichtshof fordern von Minderheiten, sich anzupassen. Und kein deutsches Medium traute sich, die Richter als „islamophob, rechtspopulistisch oder menschenverachtend“ zu titulieren. Jene, die schon länger hier leben, konnte man bisher ungestraft so bezeichnen.

Wurde jetzt eine Wende eingeläutet?

Für Interessenten: Hier die Begründung, warum eine muslimische Frau sich zu verhüllen hat.


Ein Beitrag von Michael Wolski – Mehr dazu im Buch: „Das „Kopftuch-Urteil“ des EuGH und seine Auswirkungen auf die Integration von 6 Mio. Muslimen in Deutschland / Basiswissen für Arbeitgeber“
Eine digitale Leseprobe (pdf) mit 24 Seiten plus einigen Anlagen können Sie unter basiswissen@mail.de kostenlos anfordern.