Tichys Einblick
Desinformation

Das ZDF nutzt Framing auch für unbelegte Behauptungen

Obwohl das Portal Correctiv den Begriff „Deportation“ bereits still und heimlich getilgt hat, fährt das ZDF in der Verwendung fort. Ein anschauliches Beispiel dafür, wie Propaganda funktioniert. TE fragte beim ZDF an. Die Antwort wirft allerdings weitere Fragen auf.

IMAGO, Screenprint ZDF - Collage: TE

­Begründet wird der Zwang, Gebühren für den sogenannten öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zahlen, die in diesem Jahr wieder steigen werden, damit, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Informations-, Bildungs- und Kulturauftrag besäße. Über den Kultur- und Bildungsauftrag muss man nicht mehr reden, wenn man sich Böhmermanns Schmähungen und Gewaltaufrufe zur Kenntnis nimmt, etwa den: „Bitte nicht vergessen, nicht immer die Nazikeule rausholen, sondern vielleicht einfach mal ein paar Nazis keulen.“ Hätte Lisa E. nicht besser formulieren können. Sie hat es übrigens nicht nur formuliert, sondern in die Tat umgesetzt.

Es gibt im ZDF kein Kabarett mehr, es werden stattdessen im Kasernenhofton Standpauken gehalten, doch vor jedem Grünen ehrfürchtig den Blick zu senken. Wie das funktioniert, demonstrierte das ZDF am 27. Februar 2024 in der ehemals Informationssendung heute journal, die Desinformation betrieb. Es ist das gute Recht des ZDF, darüber zu berichten, dass Marine Le Pen nicht mehr mit der AfD in einer Fraktion im Europaparlament sein möchte. Zur Objektivität gehört es allerdings schon nicht mehr, zu behaupten, dass Le Pen und Meloni die AfD meiden, weil sie selbst ihnen zu rechts oder zu rechtsextrem ist.

Und um dem deutschen Zuschauer auch noch einen Schreck einzujagen, wie rechtsextrem die AfD ist, wird Melonis Partei als postfaschistisch bezeichnet. Der Präfix „post“ überhört sich schnell, wenn das gewichtige Adjektiv „faschistisch“ folgt. Bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt das ZDF noch ein Framing, zumal der Sender nicht die politischen Gründe für Melonis Europapolitik benennt, die in Zuwendungen von dreistelligen Milliardenbeträgen, für die Deutschland in der Hauptsache gerade steht, zu suchen sind, dass sie dort schon gar nicht mehr wissen, wohin mit den vielen Euros aus Brüssel.

Doch dann greift das ZDF so tief in die verschwörungstheoretische Grabbelkiste, wie es der Sender nicht einmal bei Terra X wagen würde, zeigt Bilder von der Villa Adlon, während der Sprecher raunt: „Das Treffen in Potsdam ist ein Warnsignal. Die Deportationspläne von Staatsbürgern oder Europäern wurde dort diskutiert im Beisein von AfD-Politikern.“ Man möchte das ZDF fragen, ob nun die Deportationspläne von Staatsbürgern, womit wahrscheinlich deutsche Staatsbürger gemeint sind, oder von Europäern, also nach dem, was das ZDF zuvor berichtete, von Meloni oder Le Pen, stammen? Denn eindeutig spricht das ZDF über die „Deportationspläne von Staatsbürgern oder Europäern“, also von Deportationsplänen, die von Staatsbürgern oder Europäern ersonnen oder geschmiedet und mit AfD-Politikern beraten worden sind. Wer deportiert werden soll, vergisst das ZDF dann zu berichten. Ist auch nicht so wichtig, wichtig ist das Wort in Verbindung mit der AfD.

Okay, da sie trotz Bildungsauftrag weder mit der Bildung noch mit der deutschen Sprache beim ZDF etwas am Hut haben, wird das ZDF wohl irgendwie gemeint haben, dass Staatsbürger oder Europäer deportiert werden sollen. Wieso Staatsbürger? Es bleibt mysteriös. Und wird noch mysteriöser: wieso Europäer? Weshalb soll beispielsweise der Niederländer, der sich in der Börde angesiedelt hat, deportiert werden? Und überhaupt wohin? Man merkt die Zwickmühle, in der das ZDF steckt.

Unbedingt sollen der Volkszorn am Lodern und die Aufmärsche in Gang gehalten werden. Deshalb benötigt man das Wort „Deportation“, bei dem zu Recht der Holocaust assoziiert wird; zu Unrecht wird das Wort bemüht allerdings, wenn das ZDF dadurch den Holocaust verharmlost. Natürlich weiß man beim ZDF, dass Correctiv einige Kernaussagen nicht belegen konnte, weshalb Correctiv eilig und heimlich zu löschen begann.

Doch das ZDF wollte sich das Wort für seine Propaganda nicht entgehen lassen und dabei rechtlich nicht angreifbar sein. TE richtete folgende Presseanfrage an das ZDF, um Klarheit zu gewinnen:

„Das ZDF heute-Journal hat berichtet, bei dem Treffen in Potsdam sei über ‚Deportationspläne von Staatsbürgern oder Europäern‘ diskutiert worden – obwohl inzwischen erwiesen ist, dass bei dem Treffen in Potsdam nicht über Pläne zur ‚Deportation‘ gesprochen wurde. Auch das Medienportal Correctiv spricht nicht mehr von ‚Deportation‘.
1) Welche Belege hat das ZDF, auf die es seine Behauptung stützt, bei dem Treffen seien ‚Deportationspläne von Staatsbürgern oder Europäern‘ diskutiert worden?
2) Wenn das ZDF keine Belege hat, stellt sich die Frage: Ist das ZDF bereit, im Dienste ‚einer guten Sache‘ inhaltliche Falschbehauptungen in die Welt zu setzen bzw. aufrechtzuerhalten?“

Beim ZDF wollte oder konnte man die gewiss einfachen Fragen nicht verstehen – und bemühte einen rhetorischen Anti-Rechts-Aufmarsch voller Nebelkerzen:

„In dem ‚heute journal‘-Beitrag ‚Die AfD und Europas Rechte‘ ging es um einen Termin von Marine Le Pen mit Alice Weidel. Auf die Zusammenkunft in Potsdam unter Beteiligung von AfD-Politikern wurde in dem Bericht insofern Bezug genommen, als dass Marine Le Pen diese Aussagen über dieses Treffen zum Anlass genommen hat, die Fraktionsgemeinschaft mit der AfD im EU-Parlament infrage zu stellen. In dem Beitrag wurde auch gesagt, dass Frau Weidel von linker Hetzkampagne spricht. Der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah ergänzt diese Sichtweise der Parteivorsitzenden durch seine O-Ton-Aussagen in dem Bericht.“

Die Antwort des ZDF würde dann stimmen, wenn der Sender die Zuschauer der heute-Sendung zumindest so informiert hätte: „Das Treffen in Potsdam ist deshalb für Marine Le Pen ein Warnsignal, weil sie aus Medienberichten erfuhr, dass bei diesem Treffen vermeintlich über Pläne zur Deportation von deutschen Bürgern mit Migrationshintergrund und Asylbewerber im Beisein von AfD-Politikern diskutiert wurde.“ Danach hätte man aber Marine Le Pen fragen müssen.

Zwar konnte oder wollte Correctiv nicht über Pläne zur Deportation schreiben, weil Correctiv diese Pläne nicht belegen konnte, auch nicht, dass über „Deportation“ gesprochen wurde, doch dann hätte das ZDF unfair zwar, aber über den Eindruck berichtet, den die Berichterstattung auf Marine Le Pen gemacht haben soll – allerdings hätte das ZDF dann auch mit Marine Le Pen und nicht nur über sie reden sollen, dann hätte das ZDF mit Marine Le Pen und mit Alice Weidel sprechen müssen, wenn es in dem Beitrag „um einen Termin von Marine Le Pen mit Alice Weidel“ gegangen wäre. Und wenn der Bericht des ZDF wirklich dieses Thema gehabt hätte, weshalb heißt es dann: „Das Treffen in Potsdam ist ein Warnsignal“ und nicht „Das Treffen in Potsdam ist ein Warnsignal für Marine Le Pen“?

Greenpeace-Recherchen
Wie entstand der Verschwörungsplot von Correctiv?
Platzgründe können dafür nicht der Grund gewesen sein, denn der spekulierende Politikwissenschaftler am Ende war durchaus verzichtbar. Auch wenn es sehr menschlich vom ZDF war, Jörg Meuthen etwas die Langeweile zu vertreiben, hatte er mit seiner Aussage, dass Marine Le Pen Frankreichs Präsidentin werden möchte, auf der ganzen weiten Welt nur sich selbst und das ZDF überraschen können. Was soll denn jemand, der dreimal als Kandidat für die Wahl des Präsidenten der Republik Frankreich angetreten ist, sonst wollen?

Alles in allem, ließe sich der Beitrag auch unter den Teppich kehren, also unter Thema verfehlt abheften. Wenn sich nicht zweifelsfrei nachweisen ließe, dass eben das Treffen nicht das Thema des Beitrages war. Das Thema des Beitrages bestand darin, das Wort Deportation in Verbindung mit der AfD und mit Alice Weidel ins Unterbewusstsein gutgläubiger Zuschauer zu bringen. Belege dafür, dass beim Treffen von Potsdam im Beisein von AfD-Politikern über Pläne zur Deportation von Bürgern gesprochen wurde, besitzt das ZDF nicht, zumindest konnte auf Nachfrage das ZDF keinerlei Belege oder Beweise vorlegen. Das dürfte dann an zentraler Stelle und als Hauptthese für die Stützung der Aussage nichts weiter als eine falsche Tatsachenbehauptung sein. Mit anderen Worten eine Lüge. Im Übrigen können auch Insinuationen schon als Lüge gelten.

Warum aber sendet das ZDF ausgerechnet am 27. Februar 2024 in seinen Nachrichten diese dünne Geschichte? Der 27. Februar ist der Tag, an dem die Correctiv-Mär vor Gericht eine entscheidende Niederlage erlitt. So wie die Proteste der Bauern durch die Aufmärsche, so musste nun auch das Scheitern der Räuberpistole, mit denen diese Aufmärsche initiiert worden sind, weggesendet werden. Dass an diese reißerische Geschichte des ZDF sich ein Beitrag anschloss, der die Grünen als Opfer zeigt und mit Neumitgliedern und nun ja, natürlich wieder mit so einer Art „Demo gegen Rechts“ endet, verwundert nicht. Noch Fragen?

Aber ja, eine einzige: Wie lange will sich der ZDF-Fernsehrat noch Hetze und Desinformation im ZDF anschauen? In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im Herbst die Wähler den Parteien auch diese Frage stellen, weshalb sie so viel Geld für einen Sender ausgeben müssen, der weder den Informations-, noch den Bildungs-, noch den Kulturauftrag erfüllt, der nicht objektiv berichtet und nicht belegte Behauptungen als Tatsachen sendet.

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