Tichys Einblick
Außer Quoten nichts zu erwarten

Vor dem Duell von Illner, Kloeppel, Maischberger und Strunz

Allein die Einschaltquoten der vier TV-Anstalten, das eigentliche Duell zwischen den zwei Privaten und zwei Staatsfinanzierten können als Ergebnis interessant werden. Aber nicht mal das ist sicher. In der Diskurs-freien Zone Deutschland.

© Tristar Media/Getty Images

Den Wettbewerb um die dämlichste Deutung eines Umfrage-Ergebnisses am Duell-Tag gewinnt heute die Welt: „Merkels Vorsprung auf Schulz sinkt deutlich” – wie bitte? Den einen Punkt, der die SPD auf 24 Prozent hebt – bei Union unverändert 36, kann das Blatt nicht meinen. Also die fiktive und völlig irrelevante Frage nach der nicht möglichen direkten Kanzlerwahl:

„Könnte der Bundeskanzler direkt gewählt werden, würden sich 50 Prozent für Merkel entscheiden, 25 Prozent für Schulz. Damit scheint der Vorsprung zwar noch komfortabel, jedoch hat die Kanzlerin im Vergelich zur Vorwoche deutlich verloren. Vor sieben Tagen kam Merkel in der ‚Emnid’-Umfrage noch auf 51 Prozent, Schulz auf 22 Prozent. Waren es vergangene Woche noch 29 Prozentpunkte Vorsprung, sind es in der aktuellen Umfrage lediglich 25 Punkte. 16 Prozent würden keinen der beiden wählen, der Rest machte keine Angabe.”

Helds Ausblick 17-2017
Das Zögern der Wähler
Wo sich ein Wahlkampf buchstäblich mit keiner wichtigen Frage befasst, wird noch das Nichts interpretiert. Es ist leicht vorherzusagen, dass sich daran heute Abend beim sogenannten Duell nichts ändert. Vor allem wird ja erst danach online und Morgen gedruckt in den Medien entschieden, wer „gewonnen” hat. Es ist keine Übertreibung, das ganze Geschehen eine drittklassige Seifenoper zu nennen.

Auf fast 50 Prozent ist die Zahl der Wahlberechtigten gestiegen, die sich für noch unentschieden erklären, ob, und wenn ja, wen sie wählen. Was ja bedeutet, dass die Hälfte der Wahlbevölkerung in all den Umfragergebnissen für die verschiedenen Parteien nicht repräsentiert ist. Oder so ausgedrückt: Ob es völlig anders kommt, als die Zahlen sagen, weiß niemand. Auch nicht nach dem Duell. Dass die Demoskopie dieser Frage nicht nachgeht, obwohl sie viel spannender ist als die gewohnte Abfragerei, deute ich so, dass es um die Ergründung der Motive der Wahlberechtigten gar nicht geht, sondern um Politik mit Umfragergebnissen. Vom österreichischen Experten Peter Hajek habe ich diesen schönen Spruch (dort „Sager“ genannt) aufgeschnappt:

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Bei den allermeisten Medien jedenfalls ist leider Verlass darauf, dass sie den Versuch, mit der unkritischen Veröffentlichung bis bis falschen Deutung solcher Ziffern auch in Zukunft Wahlen beeinflussen zu wollen, nicht aufhören werden. Billiger lassen sich Schlagzeilen kaum machen, da für die Umfragen ja nur ganz wenige Medien zahlen, die anderen plappern ja kostenfrei nur nach. Worauf der Begriff „Meinungsführer-Medien” sich noch schrumpfen lässt, ist wohl noch lange nicht ausgereizt.

„Die Königsdisziplin im Wahlkampf” nennt Angela Ulrich vom „ARD-Hauptstadtstudio” dieses sogenannte Duell. Frau Ulrich, ich nehme zu Ihren Gunsten an, Sie meinen die Einschaltquoten der vier TV-Anstalten und das eigentliche Duell zwischen den zwei Privaten und zwei Staatsfinanzierten. Da allein kann das Ergebnis interessant werden. Aber nicht mal das ist sicher. In der Diskurs-freien Zone Deutschland.