Tichys Einblick
Beunruhigend

Tagesthemen über den Zustand in Flüchtlingslagern in Libyen

Das Fazit des Tagesthemen-Beitrages: „Viele warten über Wochen und Monate und sind notfalls auch bereit, zurück in ihre Heimat zu gehen - selbst wenn ihnen dort Schikanen oder gar Verfolgung drohen.

Screenprint: ARD/Tagesthemen

Ingo Zamperoni moderiert in Tagesthemen: „Noch im Sommer 2017 haben 93 Prozent derer, die in Libyen in ein Boot gestiegen waren es nach Europa geschafft.“ Nur 5 Prozent der Flüchtenden seien von libyschen Kräften abgefangen worden. „Ein Jahr später,“ so Zamperoni, „schaffen es nur noch 22 Prozent.“ 72 Prozent seien nach Libyen zurückgebracht worden.

Die Tagesthemen fragen nun: „Was wird aus denen, die während der Flucht aufgegriffen werden?“ Zamparoni kann dazu einen neueren Film vorweisen: Seinem Korrespondenten Daniel Hechter sei es gelungen, in einem libyschen Flüchtlingslager zu drehen. Der Beitrag beginnt.

Nichts ist klar
Gespräch mit dem UNHCR: Wie ist die Lage Libyen?
„Hinter diesen Gittern ist für Menschlichkeit kein Platz mehr“, startet Hechter. Weiter: „600 Flüchtlinge sind hier eingepfercht, leben, schlafen Haut an Haut.“ Im dazugehörenden Online Auftritt heißt es düster prosaisch: „Mit großen Augen schauen die Menschen durch das engmaschige, schwarze Metallgitter. Tiefe Traurigkeit, ja Verzweiflung spricht aus ihren Gesichtern. Viele wirken hager, ihre Kleidung ist abgetragen. Feuchte, löchrige T-Shirts und Hosen hängen im Gitter zum Trocknen.“

Ja, das alles ist schrecklich. „Tristesse und Hoffnungslosigkeit in einer früheren Polizeistation“, so der O-Ton. Aber hier braucht es eben auch den Mut, aus der westlichen Komfortzone heraus festzustellen, dass die gezeigten Geschehnisse eben doch nicht deckungsgleich sind mit den Horrorszenarien vergewaltigter, entrechteter, gefolterer und erschlagener Menschen, wie sie gemeinhin mit solchen Lagern leitmedial assoziiert werden oder werden sollen. Nein, in diesem vorgeführten Lager weisen sogar Decken bzw. weiße Lebensmittelsäcke mit blauem Aufdruck des UNHCR daraufhin, dass die Menschen, die vor dem Ertrinken gerettet wurden, aber eben nicht nach Europa, sondern zunächst zurück nach Libyen, hier nicht unmittelbar um ihr Leben bangen müssen.

Aber neben der Gefahr, die der selbstverständlich immer noch rechtsunsichere Raum und die allgemeine Bedrohungslage für sie parat hält, droht, so der Beitrag, eine weitere ernste Gefahr: Tuberkulose breitet sich aus. Es kann nicht geklärt werden, wie viele der Menschen schon infiziert nach Libyen kamen, klar ist hier jedenfalls: auf engem Raum wird die Infektion weitergegeben.

Dokumentation
Selbstauskunft des UNHCR über sich in Libyen
Erinnerungen werden wach daran, dass in den Jahren 2015 und Anfang 2016, als die Massenzuwanderung nach Deutschland zu chaotischen Zuständen auch in deutschen Lagern führte, das damals eine große Zahl von Zuwanderern um die verpflichtende TBC-Untersuchung herum kamen und ohne eine solche ärztliche Beschau gleich dezentral überall in Deutschland untergebracht wurden. Der Familiennachzug ist sogar gleich ganz befreit von der verpflichtenden Untersuchung so er dezentral untergebracht wird, was allerdings nach wie vor für die allermeisten der Familiennachzügler gilt.

Weiter auf Tagesthemen.de: „Das Lager ist eine Brutstätte für Infektionen. Permanent husten und röcheln Menschen. „Viele meiner Freunde sind hier schon an Tuberkulose gestorben“, erzählt Abdirahman Said Al.“

Nun stellt sich die berechtigte Frage, wie lange Menschen hier eigentlich in der Regel warten müssen, bis sie eines diesr Schlepper-Schlauchboote nach Europa besteigen dürfen und unter welchen Umständen dieses Warten passiert. Es muss davon ausgegangen werden, dass diese „Wartezonen“ in wesentlich schlechterem Zustand sind, als die noch irgendwie vom UNHCR notdürftig versorgten offiziellen Lagern von denen hier eines dem ARD-Korrespondenten vorgeführt wurde. Die Notwendigkeit einer strengen Untersuchung der in Europa Ankommenden bleibt also unerlässlich. Ist vielleicht sogar dringlicher, denn je. Aber was passiert nun, wenn sich die Neuankömmlinge durch halb Europa bewegen um nach Deutschland oder Schweden zu kommen?

Grob fahrlässig
Risiko Familiennachzug: Keine Gesundheitskontrolle
Wird in den größten Ankunftsländern Italien und Spanien lückenlos geröntgt? Oder überlässt man das lieber den Zielländern? Denn wenn tatsächlich Tuberkulose festgestellt werden sollte, dann könnte man diese lebensbedrohlich Erkrankten nicht weiterreisen lassen, sondern müsse sie vor Ort medizinisch und zeitlich umfangreich und vor allem kostenintensiv stationär behandeln.

Die Welt schrieb 2016: „Die Ärzte sollen alle rausfischen, deren Lungenbild auffällige Flecken zeigt. Oder bei denen andere Anzeichen der Infektion auffallen wie blutiger Husten, Fieber und Schweiß. Und zwar vor oder „unverzüglich nach ihrer Aufnahme“ in Flüchtlingsunterkünfte.“ 

Die Zuwanderer im vorgeführten Lager berichten davon, dass es auch eine medizinische Betreuung gab. Auch das also ein Indiz dafür, dass es durchaus Bemühungen gibt, die Zustände in den Lagern zu verbessern. Nun allerdings, so die Befragten weiter, seien die zwei Ärzte nicht mehr gekommen, die sonst da waren. Sie hätten sich beide mit Tuberkulose infiziert.

Der neue libysche Innenminister Fathi Ali Bashagha, so ARD, erteilte dem Fernsehteam nach wochenlangen Gesprächen die Dreherlaubnis. Bashagha gelobt gegenüber ARD Besserung in den Lagern. Er sei erst seit wenigen Wochen im Amt, würde aber jetzt „aufräumen“. Was immer er damit gemeint haben könnte. Er sagt: „Ganz sicher bin ich darüber nicht glücklich. Die Behörde für illegale Einwanderung muss reformiert und vollständig umgebaut werden.“

Sie bleibt lebenslang
Tuberkulose: eine Spurensuche in Heidelberg
Tuberkulose ist die eine Sache: Im Frauentrakt des Lagers grassiert gerade Krätze. Auch in Deutschland ist die Zahl der Fälle in den letzten zwei Jahren schon um ein Drittel gestiegen. WELT titelt: „Krätze in Deutschland auf dem Vormarsch.“  Gehen die hier ankommenden Zuwanderer mit in diese Erhebung? Unbekannt, es gibt keine Statistiken dazu nach Ethnie, Herkunft oder Einheimischer. Fakt und Aufgabe bleibt davon umbenommen: Es muss nicht nur bei Tuberkulose, sondern in viele Richtungen erstuntersucht werden, wenn Zuwanderer nach Deutschland kommen. Übrigens nicht als Stigmatisierung, sondern zum Schutz der Einheimischen ebenso wie zum Wohle der erkrankten Zuwanderer. Eine verpflichtende wie lückenlose medizinische Erstuntersuchung kann so durchaus Anwürfe gegen Zuwanderer den Wind aus den Segeln nehmen.

Das Fazit des Tagesthemen-Beitrages geht dann so: „Viele warten über Wochen und Monate und sind notfalls auch bereit, zurück in ihre Heimat zu gehen – selbst wenn ihnen dort Schikanen oder gar Verfolgung drohen. Auch Tekha Zemoy ist alles lieber, als in dem Lager weiter auszuharren: „Ich will zurück in meine Heimat. Auch wenn Eritrea in einem schlimmen Zustand ist, hier ist es noch schlimmer.““