Tichys Einblick
Erfolgreich auf der Retrowelle

ProSieben erreicht mit Comeback von TV Total die jüngeren Zuschauer

Die Retrowelle schwappt weiter. Mit 2,86 Millionen Zuschauern holte TV Total für ProSieben eine starke Quote. Die Show mit Sebastian Pufpaff punktete vor allem bei jungen Zuschauern. Auch inhaltlich zeigte TV Total, dass dieses Comeback sinnvoll ist.

picture alliance/dpa | Henning Kaiser

Logo, Titelmusik und Studio. Alles sieht bei TV Total heute so aus wie bei TV Total damals. Sogar in seinem Kleidungsstil orientiert sich Moderator Sebastian Pufpaff am Gründer der Show, Stefan Raab, der sie heute produziert. Für die Älteren wurde der Mittwochabend so zu einem Nostalgietrip. Doch auch für einen Zwölfjährigen bot sich eine Show, die für ihn ganz ohne Vorkenntnisse Sinn ergibt.

So punktet ProSieben denn vor allem bei den Jüngeren. Bei allen Zuschauern holte das ZDF am Mittwoch einen glanzvollen Tagessieg mit 18,3 Prozent Sehbeteiligung. ProSieben kam hier nur auf 3,9 Prozent. Bei den 14- bis 29-Jährigen wurde indes ProSieben mit 15,5 Prozent eindeutiger Tagessieger. Das ZDF kam in der Zielgruppe der Jungen nur auf 5,8 Prozent Sehbeteiligung – die ARD sogar nur auf 3,7 Prozent.

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Vom neuen Zugpferd TV Total profitierte sogar „Zervakis & Opdenhövel“. Das Infotainment-Vorzeigeprodukt band nach Pufpaff 1,01 Millionen Zuschauer an sich. Am alten Sendeplatz Montag war es gerade mal eine halbe Million. Der Zuwachs mag auch damit zusammenhängen, dass die Politikexperten von „Zervakis & Opdenhövel“ zu Beginn erstmal ausgiebig TV Total abfeierten.

Deren Redaktion konzentriert sich auf das, was TV Total einst stark gemacht hat: Skurille Clips anderer Sendungen, die mal einfach nur lustig sind – aber in den besseren Momenten Mechanismen aufzeigen, wie Fernsehen funktioniert oder disfunktioniert. Damit füllt TV Total eine Lücke, die nach dem vorläufigen Aus der Show vor sechs Jahren nicht mehr gefüllt wurde.

Zwar gibt es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Medienmagazine. Doch zum einen fühlen die sich in erster Linie dem selbstgestellten Haltungsauftrag verpflichtet und tragen so zum Einheitsbrei rot-grüner Positionen bei, die ARD und ZDF bis zum Überdruss bieten. Und zum anderen würden sie sich kaum trauen, den Wahnsinn darzustellen, den Florian Silbereisen in einer Anmoderation seiner Show bietet. Der gleiche Clip zeigt aber auch, dass das Team von TV Total noch an seiner Gag-Sicherheit arbeiten muss. Mancher Schuss krepiert noch im Rohr. Etwa wenn die Redaktion Silbereisens Moderation den Bildern von Goebbels Sportpalast-Rede unterlegt. Andere Schüsse sitzen. Etwa wenn die gleiche Moderation zu einem Ausschnitt der Mignons eingespielt wird.

Zum Konzept gehört zwar, dass Sebastian Pufpaff den Stil Raabs imitiert – vielleicht sogar parodiert. Doch auf Dauer passen dessen Klamotten Pufpaff nicht. Der kommt eigentlich aus der Welt des Kabaretts, wo es genügt, die Merkel-Raute zu machen, um Studienräten in hochsubventionierten Kleinkunsttheatern das warme Gefühl zu geben, nur sie würden solch tiefgründigen Humor verstehen.

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In dieser Welt pflegte Pufpaff einen Sprachstil, der nach einer Mischung aus Klaus Kinski und einem Schlaganfall-Patienten klang. Jetzt versucht er den Marktschreier-Stil Raabs zu imitieren. Doch mit diesem Stil parodiert Pufpaff bestenfalls Raab, erreichen wird er ihn nicht. Auch sein Versuch – wie einst Raab –, eine andere Show zu stürmen, scheiterte eher kläglich. In diesem Fall war es „Wetten, dass..?“.

Dafür kann Pufpaff etwas, worin Raab immer schlecht war: Pointen verkaufen. Konzentriert er sich darauf und auf die Clips, dürfte TV Total weiter erfolgreich bleiben. Vor allem ist es eine gute Entscheidung, die Sendung nur einmal die Woche zu bringen. In den ersten Jahren sendete auch Raab in diesem Turnus. Es waren die guten Jahre von TV Total. Dann wollte ProSieben seine Erfolgskuh melken und die Show lief werktäglich – was der inhaltlichen Qualität nicht gut tat. Dafür gab es einfach nicht genug lustige Clips als Vorlagen.

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