Tichys Einblick
Propaganda ist kein Journalismus

Neue Studie über ARD und ZDF – Die Einseitigen

Deutschlands öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten haben ein weit überwiegend linkes Publikum. Das zeigt eine Untersuchung der Universität Oxford. Durch ihre Einseitigkeit verschärfen ARD und ZDF genau jene Spaltung der Gesellschaft, die sie eigentlich verhindern sollen.

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„Dazu muss die Vielfalt
der in der Gesellschaft bestehenden Meinungen
im Gesamtprogramm überparteilich, möglichst breit
und vollständig dargestellt werden.“
(ZDF, Programmgrundsätze)

Fangen wir mit etwas Aktuellem an.

Am Samstag demonstrieren 15.000 Leute in Frankfurt am Main gegen die die IAA, also gegen die Internationale Automobil-Ausstellung. Die „Tagesschau“ der ARD um 20.15 Uhr berichtet. Zu Wort kommen ausschließlich junge (manch einer wird vielleicht auch sagen: naive) Idealisten und erkennbare Antikapitalisten – sowie Anton Hofreiter. Das ist einer von zwei gleichberechtigten Vorsitzenden der Fraktion von Bündnis‘90/Grünen im Deutschen Bundestag. Seine Botschaft: Elektro-Autos MÜSSEN billiger werden.

Aha, denkt sich der aufmerksame Zuschauer: Da will ein grüner Spitzenpolitiker in Europas mit Abstand größter Marktwirtschaft also die Preise für Autos machen. Damit öffnet sich doch ein ganzes Universum für berechtigte, nahe liegende und interessante Nachfragen. Aber: falsch gedacht. Keine Nachfrage.

An eben demselben Samstag hat die IAA in Frankfurt übrigens mehr als 60.000 Besucher – viermal so viele, wie vor der Messe demonstrieren. Von denen kommt in der „Tagesschau“ niemand zu Wort – ebenso wenig wie irgendein Bürger, der zur Automobilindustrie oder zur Klimapolitik oder sonstwie eine andere Meinung vertreten würde als Anton Hofreiter.

Man nehme es mir nicht übel: Das ist kein Journalismus, das ist keine Information, das ist Propaganda.

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Deutschland leistet sich den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt.

Grob acht Milliarden Euro streichen ARD und ZDF jährlich ein (davon gehen ein paar Krumen auch ans Deutschlandradio, aber das sind nur Peanuts). Zum Vergleich: Die immer noch weltweit hoch angesehene britische BBC bekommt umgerechnet nur etwa fünf Milliarden pro Jahr. Mit also auch international und nach großzügigsten Maßstäben unfassbar viel Geld sollen die deutschen Anstalten ihren Auftrag erfüllen, wie er im Rundfunkstaatsvertrag niedergeschrieben ist. Unter anderem steht da, dass ARD und ZDF der Meinungsvielfalt verpflichtet sind (Präambel). Außerdem haben die Anstalten die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 2).

Die Kritik daran, dass ARD und ZDF ihren Auftrag mindestens teilweise glatt verfehlen und politisch bzw. weltanschaulich auftragswidrig einseitig sind, ist nicht neu. Schon Helmut Kohl sprach statt vom Rundfunk gerne vom „öffentlich-rechtlichen Rotfunk“. Und in jüngerer Zeit machten viele Klagen die Runde, dass die einst völlig zurecht stolze und angesehene „Tagesschau“ unter ihrem Ex-Chef Kai Gniffke zu einer Art gesamtdeutscher Neuauflage der „Aktuellen Kamera“ degeneriert ist. (Wobei sich parteiische Deformierung des Journalismus heutzutage offenbar lohnt: Gniffke ist mittlerweile zum SWR-Intendanten befördert worden.)

Das alles könnte man als frustriertes Gemaule von Außenseitern am Rand der Gesellschaft abtun – wenn denn ansonsten eine solide Mehrheit dieser Gesellschaft von ARD und ZDF erreicht würde. Möglichst die Breite der Bevölkerung anzusprechen, ist ja ausdrücklich eines der Kernziele der Anstalten. So beschreibt die ARD selbst ihren Auftrag auf ihrer eigenen Internetseite so:

„Um möglichst viele Menschen täglich zu erreichen, richten sich unsere Angebote an unterschiedliche Alters- und Zielgruppen.“

Aber genau das gelingt nicht.

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Die ernüchternden Zahlen dazu hat gerade das renommierte Reuters Institute der Universität Oxford geliefert. Die Wissenschaftler untersuchten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in acht europäischen Ländern. Zwei Ergebnisse sind besonders dramatisch:

Erstens: Nur neun Prozent des Publikums von ARD und ZDF sind jünger als 25. Man erinnert sich unwillkürlich an ein Bonmot, das der frühere RTL-Boss Helmut Thoma prägte: „Bei ARD und ZDF sitzt man auch deshalb in der ersten Reihe, weil allmählich die Sehkraft nachlässt.“

Zweitens: Noch gravierender ist, was die Forscher über die politische Ausrichtung des Publikums herausfanden. Hier unterscheiden sich ARD und ZDF von den öffentlich-rechtlichen Sendern in allen anderen untersuchten europäischen Ländern. In Finnland etwa, in Großbritannien oder in Spanien haben die staatlich finanzierten Anstalten ein Publikum, das sich etwa gleichmäßig rechts, links oder in der politischen Mitte sieht.

Fast alle Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ordnen sich selbst im politischen Koordinatensystem links von der Mitte ein.

Man weiß seit langem, dass eine übergroße Mehrheit der bei ARD und ZDF tätigen Journalisten (wie eine übergroße Mehrheit überhaupt aller Journalisten) politisch stark linke – heute genauer: grüne – Präferenzen haben. Das gilt nach vielen Befragungen und Studien über viele Jahre als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis.

Daraus wird oft der Vorwurf abgeleitet, dass eine linke Mehrheit bei den berichtenden Journalisten auch eine linke Tendenz in der Berichterstattung nach sich ziehen würde. Bisher wurde diesem Vorwurf unter anderem das – aussagenlogisch durchaus zutreffende – Argument entgegengehalten, dass das keine zwingende Schlussfolgerung sei.

Nun ist aber bekannt, dass Menschen sich weit überwiegend lieber für Medien entscheiden, die zu ihren eigenen politischen Überzeugungen passen. Genau dieser Umstand wird dafür benutzt, bestimmte Medien (auch „Tichys Einblick“) als „rechts“ zu brandmarken: weil sie ein angeblich mehrheitlich „rechtes“ Publikum haben. Darüber gibt es bisher keine methodisch satisfaktionsfähigen Studien.

Was es jetzt aber gibt, ist eine methodisch untadelige Studie, die belegt, dass sich fast das komplette Publikum von ARD und ZDF selbst für politisch links hält. Und das lässt nun absolut den Schluss zu, dass ARD und ZDF ein tendenziell linkes Weltbild zeichnen – und genau deshalb ein fast ausschließlich linkes Publikum (oder eines, das sich so zu bezeichnen gelernt hat) erreichen.

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Das ist ein doppeltes Problem: für ARD und ZDF – und für Deutschland insgesamt.

Für ARD und ZDF bedeutet der Befund aus Oxford, dass man seinen gesetzlichen Auftrag verfehlt – und damit auch die Rechtfertigung für die vielen Säcke Geld verspielt, die man dem Zwangsgebührenzahler jeden Monat abknöpft.

Die Damen und Herren Reschke, Restle & Co. bilden zusammen mit ihrem Publikum ein Ghetto – ein linkes Ghetto, aus dem man nicht mehr heraus sendet und in das man auch niemanden von draußen hineinlassen will. Ein verblüffend offenes Beispiel für diese gewollte hermetische Medienblase ist dieser Twitter-Dialog:

Im Prinzip müssten die Landesmedienanstalten verfügen, dass bei den meisten politischen Formaten von ARD und ZDF rechts oben „Dauerwerbesendung“ eingeblendet wird – denn nichts Anderes sind sie: Dauerwerbesendungen für eine bestimmte – linke – Weltanschauung bzw. politische Präferenz.

Die Präsidenten von Ungarn, Orbán, und von Brasilien, Bolsonaro, kommen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen quasi automatisch nur zusammen mit dem Etikett „rechtspopulistisch“ vor – ganz so, als wäre das ein Namenszusatz. Das wäre sogar akzeptabel, wenn gleichzeitig Venezuelas Machthaber Maduro immer und verlässlich als „Sozialist“ bezeichnet würde. Ist natürlich nicht so, Sie können ja mal darauf achten.

Für Deutschland ist das ein Problem, weil die selbstgerechte und uneinsichtige politische Einseitigkeit die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens als Informationsquelle ruiniert.

„Für wie vertrauenswürdig halten Sie die Nachrichten von ARD und ZDF“, wurde das Publikum in der Oxford-Studie befragt. Man konnte auf einer Skala von eins bis zehn antworten. Wer sich selbst dem linken politischen Spektrum oder der Mitte zuordnete, gab ARD und ZDF im Schnitt einen Wert von immerhin noch 7,1. Aber alle Bürger rechts von der Mitte vergaben durchschnittlich nur noch eine 5,0.

Das heißt, dass die von allen Bürgern bezahlten öffentlich-rechtlichen Anstalten nur noch eine Minderheit der Bürger erreicht. Durch ihre selbstverschuldete Einseitigkeit verschärfen ARD und ZDF so genau jene Spaltung der Gesellschaft, die sie eigentlich verhindern sollen.


Alexander Fritsch lebt als freier Publizist in Berlin. Von 2011 bis 2015 war er Vorsitzender des Journalistenverbandes Berlin-Brandenburg (JVBB) und Mitglied des DJV-Gesamtvorstands.

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