Tichys Einblick
Bayerischer Abend

Bei Maischberger: Wärmepumpe vorerst ausgebremst

Für Hubert Aiwanger ist die Wärmepumpe eine Milchmädchenrechnung. Das Gebäudeenergiegesetz könnte die Ampel sprengen. Und Graichen ist der „Oberexperte“ in Sachen „Klimaschutz“. Von Fabian Kramer

ARD Screenprint

Es ist ein bayerischer Abend bei Maischberger. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und die Grünen-Fraktionschefin im Bayerischen Landtag Katharina Schulze sind zum politischen Schlagabtausch geladen. Bevor die politischen Differenzen erörtert werden, geht es herzlich zu. Aiwanger und Schulze duzen sich und dürfen – beziehungsweise sollen – sich Komplimente machen. Das bekommen beide auch gemeistert.

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Wo auf der menschlichen Ebene Sympathie vorherrscht, wird auf der politischen Ebene der Zwist offenbar. Der Chef der Freien Wähler hält das Heizungsgesetz für einen Fehlschlag der Grünen. Selbst die Koalitionspartner SPD und FDP gingen inzwischen auf Distanz zu den Grünen. Für Schulze hingegen ist die FDP der Buhmann des innerkoalitionären Streits. Schließlich haben die Freidemokraten die erste Lesung im Bundestag vorerst verhindert. Man spürt die Bitterkeit Schulzes gegenüber der FDP. So viel Widerstand sind die Grünen sichtlich nicht gewohnt.

„Das Gebäudeenergiegesetz war von Anfang an Murks“, bekräftigt Aiwanger seine Kritik. Wirtschaftsminister Habeck sei möglicherweise durch ideologische Berater wie Ex-Staatssekretär Patrick Graichen schlecht beraten worden. Auf 100.000 Euro beziffert Aiwanger die Kosten für Wärmepumpe und daraus resultierende Sanierungen. Da dürfte es so manchem Hausbesitzer kalt den Rücken herunter laufen. Doch für Schulze stehen diese Kosten in keinem Vergleich zu den Kosten der fossilen Energieträger. „Wir Grüne möchten nicht, dass die Bürger in einer Kostenfalle landen.“

Klingt ein bisschen nach subtiler Drohkulisse, und soll dem Bürger Angst machen. Allerdings scheint die Drohung nicht richtig verfangen zu haben. „So viele Ölheizungen sind noch nie verkauft worden“, weiß Aiwanger aus persönlichen Gesprächen mit Installateuren. Statt Endzeitstimmung zu verbreiten, solle man erstmal in Ruhe dämmen, gibt Aiwanger zu bedenken. Weil die von den Grünen betriebene Hektik zu volkswirtschaftlichen Kosten führe, müsse man Tempo rausnehmen, meint Aiwanger weiter.

Die böse fossile Lobby

Die Grünenpolitikerin ist ob der vielen Entgegnungen in die Ecke getrieben. „Ich würde lieber über gute Lösungen debattieren als über die fossile Lobby“, giftet sie in Richtung Aiwanger. Die Grünen greifen in letzter Zeit häufiger auf das Schreckgespenst der fossilen Lobby zurück, wenn ihnen die Argumente ausgehen. Sie widerspricht Aiwangers Argumentation, dass erst saniert werden müsse, bevor die Wärmepumpe komme. „Wir müssen die Dinge parallel machen“, sagt Schulze. Für Schulze ist die Wärmepumpe das Nonplusultra. Mit „Erneuerbaren“ betrieben, versteht sich.

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Davon habe Bayern zu wenig, weil sich Aiwanger den Stromtrassen und dem Windkraftausbau verweigere, meint Schulze. Allerdings ist ein erheblicher Teil des Stromes für die Wärmepumpe aus Gas und Kohle. „Auch die Wärmepumpe in Norddeutschland läuft mit Gas und Kohle, wenn der Wind nicht weht“, entgegnet Aiwanger der Kritik. Auch in 10 Jahren geht der Minister noch von fossilen Anteilen am Strommix aus. Damit geht er auf Schulzes Drohkulisse des steigenden CO2-Preises ein. Dieser macht dann auch Strom teurer. Aktuell sei Strom mit 30 Cent pro Kilowattstunde im Vergleich zu 10 Cent pro Kilowattstunde für fossile Energien sogar teurer, erklärt Aiwanger. Also von wegen günstige Wärmepumpe. Die Wärmepumpe rechne sich schlecht, sei eine Milchmädchenrechnung, meint Aiwanger. Die Grünen prallten weiter hart mit der Realität aufeinander. Von den hochfliegenden Zielen als Volkspartei muss Abstand genommen werden. Wenn das neue Gebäudeenergiegesetz kommen sollte, dürfte es zu noch mehr Widerstand kommen.
Der Zauber der Ampel ist verflogen 

Die Klimagemeinde wie immer in der Überzahl
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Als politische Beobachter dürfen dieses Mal der Komiker Guido Cantz, die Welt-Journalistin Dagmar Rosenfeld und Gregor Peter Schmitz vom „Stern“ ihre Einschätzungen teilen. Wirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen bekommen von Cantz ihr Fett weg. „Das Bundeswirtschaftsministerium ist ein kleines Familienunternehmen“, spielt der Komiker gekonnt auf die Causa Graichen an. Der Grünen-Filz und die Bereicherung des Graichen-Clans missfallen ihm. „Bei den Grünen spricht man von Krötenwanderung“, ulkt Cantz hämisch. Cantz würde auch eine Demission von Habeck als Minister begrüßen.

Die Chefredakteurin der Welt am Sonntag Rosenfeld sieht die Sache entspannter. Habeck könne bleiben, meint sie bezogen auf Rücktrittsforderungen. Aus ihrer Sicht trage die Ampel eine Gesamtschuld. Der andere Journalist, Stern-Chefredakteur Schmitz, nimmt den Minister noch mehr in Schutz. „Es geht schlicht um den Klimaschutz“, sagt Schmitz. Aus seiner Sicht werde Habeck im Stich gelassen. Dem geneigten Zuseher kommen die Tränen, bei so viel grünem Opfermythos.

Auch Patrick Graichen und dessen Familienangehörige zu beschäftigen, sei alternativlos gewesen, findet Schmitz. Graichen sei schließlich in Sachen „Klimaschutz“ der „Oberexperte“. Experte in Sachen Begünstigung seiner Lieben ist Graichen nebenbei halt auch noch. Man sollte stets das Nützliche mit dem Nützlichen verbinden. Wieder einmal viel grüner Haltungsjournalismus und nur zarte Ansätze von Kritik. Mal schauen, ob weitere Enthüllungen aus Habecks Haus den Minister doch noch aus dem Amt kegeln.


Fabian Kramer wird in einem Hotel im Schwarzwald zum Koch ausgeblidet. Füt Tichys Einblick rezensiert er die Dienstagsausgabe von Sandra Maischbergers Talkshow und betätigt sich als freier Autor.

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