Tichys Einblick
Vom "Team Vorsicht" zum "Team Gaudi"?

Bei Maischberger: Söder will Oktoberfest ohne Corona-Maßnahmen feiern

Er war „Team Vorsicht“, jetzt plädiert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei Maischberger dafür, die Corona-Maßnahmen zu beenden, zumindest fürs Oktoberfest in drei Wochen: „Man soll selber entscheiden.“

Screenprint ARD / maischberger

Der Bundestag stimmt an diesem Donnerstag über das Infektionsschutzgesetz ab. Kommt der Entwurf durch, erhalten die Länder viel Handlungsspielraum in der Frage, ob sie die Möglichkeiten des Gesetzes auch einsetzen wollen. Das setzt die Union in die Lage, zum ersten Mal seit der Wahlniederlage von Armin Laschet bundesweit ein Thema gestalten zu müssen. Eine gemeinsame Linie hat die Partei unter dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz noch nicht entwickelt.

Nun prescht der Vorsitzende der Schwesternpartei CSU vor: Markus Söder sprach sich in der Talkshow Maischberger dafür aus, die Corona-Maßnahmen zu beenden: „Die Gefährdungslage ist anders.“ Noch vor einem Jahr sei es um die Delta-Variante gegangen, die habe sich bis in die Krankenhäuser hinein ausgewirkt. Das sei bei Omikron nicht mehr so stark der Fall.

Der bayerische Ministerpräsident gilt als Politiker, der seine Meinung schnell der aktuellen Stimmung anpasst. Auf diesen Ruf spielt Moderatorin Sandra Maischberger öfters an: etwa beim Thema Energieversorgung. Da hatte sich Söder einst für die Abschaltung der Atomkraftwerke starkgemacht und redet heute dem Weiterbetrieb die Rede. Zudem fordert er finanzielle Unterstützungen für die mittelständische Wirtschaft. Oder eben in der Corona-Politik. Da hatte sich Söder einst als „Team Vorsicht“ verkauft. Ob er jetzt „Team Gaudi“ sei, will Maischberger wissen. Nein, „Team Angemessen“ – auf die Frage war er offensichtlich vorbereitet.

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„Wir sind in einer anderen Phase der Pandemie. Diese ganze Diskussion über Absperren, Zusperren, die hat jetzt echt ein Ende“, sagt Söder. Heute. Es gehe schließlich um Grundrechtseinschränkungen. Solche Aussagen werden die ärgern, die Söders Meinung teilen. Also seine jetzige Meinung. Denn die Maßnahmen-Gegner werfen ihm vor, dass er beim Absperren, Zusperren und Grundrechte-Einschränken meist vorangegangen ist.

Bei Maischberger präsentiert sich Söder jetzt als Paulus der Öffnung. Nach seiner Wandlung vom Saulus stellt er Grundsätzliches in Frage: zum Beispiel, ob die „strengen Quarantäne-Regeln noch angemessen“ seien? Derzeit müssten Leute zu Hause bleiben, obwohl sie keinerlei Symptome zeigten, argumentiert er. Das müsse sich anders lösen lassen, findet Söder und schlägt Masken vor. Wie genau das aussehen soll, erklärt er nicht in der Show.

Söder setzt den weiteren Umgang mit Corona in einen Zusammenhang mit der Energiekrise: „Angesichts dieser Krise, die viel stärker werden wird als Corona, erleben wir ständig Diskussionen, was wir verbieten sollen.“ Energiespartipps à la weniger Duschen hält er für übertrieben. Wie zuverlässig Söder politisch ist, sei mal dahingestellt. Aber ein guter Indikator dafür, welcher Trend gerade so beliebt ist, dass man ihm hinterherlaufen sollte, ist Söder allemal.

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