Tichys Einblick
Über 50.000 Tonnen CO2-Ausstoß bei Anreise

Klimakonferenz 2022: Absurditäten, Tabus und Lügen

Die Klimakonferenz spiegelt den Irrsinn in der Welt wider: Die Deutschen präsentieren stolz ihre Klimapolitik, die für manche die „dümmste Energiepolitik der Erde“ ist. Die afrikanischen Staaten machen die reichen Länder für ihr Elend verantwortlich. Und die Länder mit dem höchsten CO2-Ausstoß zeigen sich vornehm zurückhaltend.

IMAGO / NTB

Die 27. Umweltkonferenz im ägyptischen Scharm El-Scheich hat mehr als 35.000 Teilnehmer aus etwa 200 Staaten angelockt. Auch für viele der 3350 Journalisten sind diese zweiwöchigen UN-Konferenzen der Höhepunkt des jeweiligen Jahres. So gigantisch der Aufwand ist, so gering sind die Erwartungen konkreter Ergebnisse – obwohl 110 Staats- und Regierungschefs erwartet werden.

Allerdings spiegelt die COP 27 („Conference of the Parties“) in manchen Facetten auch den gegenwärtigen Irrsinn in der Welt wider. Stolz präsentieren beispielsweise die Deutschen ihre Klimapolitik, die manche als die „dümmste Energiepolitik der Erde“ („Wall Street Journal“) bezeichnen; allerdings sind alle freundlich zu den Deutschen mit den kühnen Visionen und den großen Spendierhosen.

Manche afrikanische Staaten mit ziemlich korrupten Strukturen und aberwitzigen Geburtenraten fordern Milliarden von den reichen Ländern, die für das wachsende Elend in ihren Ländern verantwortlich seien. Mit vornehmer Zurückhaltung in der Klimapolitik präsentieren sich die Staaten im ägyptischen Badeort mit dem höchsten CO2-Ausstoß wie China, Indien oder Russland.

Splitter einer Mammut-Veranstaltung: Teilnehmer und Journalisten

Mit mehr als 35.000 Teilnehmern wird die COP 27 nach Glasgow 2021 die zweitgrößte COP-Veranstaltung der Geschichte. Erstaunlich ist die Verteilung der Delegationen: 1073 Vertreter schicken die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), aus Brasilien reisen 574 Delegierte an. Die Abordnung der Demokratischen Republik Kongo umfasst 459 Personen, gefolgt von denen aus Kenia (386), Kanada (377), Simbabwe (264), Senegal (245), Uganda (241), der Republik Kongo (237) und dem Irak (235).

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Es ist wirklich nur eine Marginalie, dass die Anreise der Delegierten einen CO2-Austoß von (geschätzt) deutlich mehr als 50.000 Tonnen verursacht. Die Frage ist eher, warum im digitalen Zeitalter ein solch gigantisches Treffen über zwei Wochen notwendig ist. Tatsache ist, dass in vielen Ländern und in vielen Nichtregierungsorganisationen dem COP-Gipfel in stets hochattraktiven Schauplätzen entgegengefiebert wird.

Für viele Medienvertreter sind die Klimakonferenzen höchst aufwühlend. 2011 beim COP 17 im südafrikanischen Durban habe ich eine weinende Wissenschafts-Korrespondentin trösten müssen, weil sie befürchtete, die Abschlusserklärung, um die es bei solchen Konferenzen immer geht, würde die drohende Klima-Katastrophe für die Erde nicht verhindern. (Derzeit bangt die Bundesregierung mangels Konsens, ob es überhaupt eine Abschlusserklärung geben wird). Bei den als historisch gerühmten Gipfeln in Kyoto 1997 und Paris 2015 knallten in manchen Medien-Boxen des Pressezentrums die Champagner-Korken angesichts der damaligen Beschlüsse.

Selten wird der Wandel von Journalisten zu Aktivisten deutlicher als bei Klimakonferenzen. Inzwischen verordnen sich die „Klima-Journalisten“ in verschiedenen Ländern, so auch in Deutschland, eine eigene „Klima-Charta“, die nichts anderes bedeutet als das politische Engagement der Journalisten, eine radikale Klimapolitik zu legitimieren.

ARD-Sendungen zum Klima rund um die Uhr

Kaum ein Thema scheint den Redaktionen der öffentlich-rechtlichen Sender wichtiger zu sein als die angeblich drohende Klima-Katastrophe. Insbesondere aber in den Wochen eines COP-Gipfels sind die Programme prall gefüllt mit der Thematik – im Unterschied zu den meisten anderen Ländern in der Welt, wo die Erderwärmung nicht diese überragende Rolle spielt. Zweifel an der Richtigkeit einer möglichst radikalen Klimapolitik werden so gut wie nie geäußert. Wenn im Radio etwas diskutiert wird, dann lediglich, wie stark in das Leben der Menschen, in die Wirtschaft und die Gesellschaft eingegriffen werden muss, um die Welt zu retten. Dabei nimmt man es mit der Wahrheit zuweilen nicht immer genau: So wird die Flut-Katastrophe im Ahrtal 2021 immer wieder als eine Auswirkung der Klimaerwärmung dargestellt – dabei widersprechen zahlreiche Wissenschaftler ganz entschieden dieser Interpretation.

Die Beiträge vieler ARD-Radiosender wirken in COP-Wochen vollends wie Propaganda-Sendungen der Grünen. ARD-„Wissenschaftsjournalisten“ vor Ort und in den Zentralen überschlagen sich in dramatischen Darstellungen über die Zukunft des Globus. Fraglich ist auch, warum denn die öffentlich-rechtlichen Sender mit (geschätzt) zwei Dutzend Mitarbeitern anwesend sein müssen.

Die Rolle Deutschlands

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat kurz vor dem COP-27-Gipfel gefordert, dass Deutschland sehr viel mehr tun müsse, um dem Klimawandel zu begegnen. Die Deutschen müssten über ihren „eigenen individuellen Betroffenheitsschatten springen“, beispielsweise ihren Widerstand gegen Windräder aufgeben. Der Grünen-Politiker gibt zu, dass Deutschlands direkter Beitrag zum Klimaschutz nur marginal sein kann, schließlich ist das Land nur für zwei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deutschland habe aber eine „Vorbildfunktion“, das reiche Industrie-Land müsse zeigen, wie Klimaschutz erfolgreich umgesetzt werden kann.

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Habeck weiß natürlich, dass Deutschland selbst weit hinter seinen selbst gesteckten Klima-Zielen hinterherhinkt; oder dass es keinen Staat gibt, der sich das Land mit den höchsten Strompreisen weltweit als Vorbild nimmt. Habeck spricht auch kaum davon, was die angestrebte Transformation Deutschlands durch den Ausstieg aus der Kohle- und Atomkraft (bisher Träger von etwa 40 Prozent der Energie) konkret bedeuten würde. Um beispielsweise die Regierungs-Ziele 2030 zu erreichen, müssten jedes Jahr 1000 bis 1500 Windräder neu errichtet werden. Das Wall Street Journal hat die deutsche Energiepolitik als eine Kamikaze-Aktion beschrieben, mit der das Land seinen Status als Industrienation aufs Spiel setze.

Kanzler Olaf Scholz hat den armen Ländern aber neue Milliarden Euro versprochen – was einen milden Blick weltweit auf Berlin garantiert.

Selbstbewusste Afrikaner

Afrikanische Staaten beschuldigen – etwas vereinfacht formuliert – die Industrienationen, mit der von ihnen verursachten Klimaerwärmung die armen Ländern in Katastrophen zu stürzen. Deshalb müssten die reichen Länder Hunderte von Milliarden Euro als Entschädigung – beispielsweise für die Schäden durch Stürme, Überflutung oder Dürren – zahlen.

Das Thema Geburtenrate steht nicht auf der Agenda des COP-Gipfels; dabei wird sich die Zahl der Menschen in Afrika bei anhaltend vielen Geburten von derzeit etwa 1,3 Milliarden bis zur Jahrhundertmitte etwa verdoppeln. Natürlich mit gigantischen Folgen für den Energiebedarf und den CO2-Ausstoß. Auch die verheerende Korruption in vielen armen Ländern spielt keine Rolle – und damit auch nicht die Frage, ob die Riesensummen des reichen Nordens tatsächlich dem Klimaschutz und der Bekämpfung von Armut zugutekämen. Die COP-Gipfel sind für die Schwellen- und Entwicklungsländer aber schon deshalb sehr wichtig, weil sie hier öffentlichkeitswirksam und effizient massiv um Hilfsgelder feilschen können. Experten beziffern die notwendigen Summen für die armen Länder, um mit dem Klimawandel fertig zu werden, auf bis zu 2,4 Billionen Euro im Jahr.

Projekt Klimaerwärmung stoppen

Das eigentliche Anliegen der COP-Gipfel, die menschengemachte Klimaerwärmung zu begrenzen, kommt nur sehr mühsam voran. Die Beschlüsse in Paris 2015 („Paris Agreement“ mit dem Ziel einer Begrenzung der Erwärmung um 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit) und die Präzisierung 2021 in Glasgow zeigen derzeit wenig Wirkung.

Trotz aller Versprechungen haben die meisten Regierungen ihre nationalen Pläne zum Klimaschutz 2022 – Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas, Umbau von Verkehr und Landwirtschaft, nicht ausreichend nachgeschärft. Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die drohende Rezession in vielen Teilen der Welt haben die Ausgangslage dramatisch verändert – selbst Berlin ist bei den angestrebten Zielen deutlich kleinlauter geworden. Laut den jüngsten Angaben des UN-Klimasekretariats liegt bereits jetzt die Erwärmung bei 1,2 Grad.

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