Tichys Einblick
Hart aber Fair

Fünf Köpfe, ein Gefühl: Angst. Vor dem Klima, vor der Ampel, vor dieser Talkshow

Die Klima-Angst geht weiter um in Deutschland. Und sie wird weiter kräftig geschürt. Als Hart aber Fair beginnt, hat der Zuschauer vor allem Angst, dass er mal wieder 75 Minuten Lebenszeit nutzlos verschwenden könnte. Von Michael Plog

Screenprint ARD / Hart aber Fair

Die Angst ist berechtigt, denn Louis Klamroth hat seine Gäste mal wieder nach Haltung handverlesen. Fünfmal Klima-Angst, fünf Apologeten des nahen Weltuntergangs, der Erderhitzung. Auch wenn die Daten der jüngsten Jahrzehnte tatsächlich eine Abkühlung des Weltklimas bestätigen und keine Erderwärmung. Egal.

Bestseller-Autor Frank Schätzing, dessen apokalyptische Romane ihn offenbar ausreichend zum Klima-Experten qualifizieren, schwingt sich gleich zu Beginn der Sendung zu einer medizinischen Diagnose auf, die er mit Stolz in der Stimme vorträgt: „Der Komapatient Deutschland ist nach Jahren des Dahindämmerns wieder ansprechbar und erkennt seine Umgebung.“ Das Publikum ist offenbar noch nicht wach genug für so viel Lyrik. Der erwartete Applaus bleibt aus, das literarische Bonmot verpufft. Vielleicht sind die Gäste noch im Koma? Schätzing und das propere Panik-Panel werden alles dafür tun, dass sie darin verbleiben.

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Es ist eine Mischung aus Floskeln, Phrasen und Polemik, aus Nichtwissen und Engstirnigkeit, die diesen Abend tragen soll. Ein Abend wie so viele im deutschen Fernsehen, und man möchte eigentlich gleich abschalten. Aber gut, dieser Text muss ja auch irgendwie geschrieben werden. Doch würde es irgendwer bemerken, wenn der Autor die Sendung gar nicht gesehen hätte? Alles ist so dermaßen erwartbar, dass schon um 20.30 Uhr eine völlig ungewohnte Müdigkeit den Raum vor dem TV-Gerät erfasst. Und da hat die Sendung noch nicht einmal begonnen.

Fünf Leute ringen also wieder einmal darum, WIE man die Klimaziele umsetzen könnte, nicht darum, OB dies überhaupt sinnvoll ist, ob die Klimamodelle wirklich wichtiger sein dürfen als die Klimafakten. „Man muss der Ampel ein Lob dafür machen, dass sie jetzt in aller Eile versucht, die Versäumnisse nachzuholen“, sagt Schätzing, doch in all der Eile sei es „noch nicht ganz bis ins Letzte durchdacht. Die Menschen werden nicht mitgenommen.“

Das kann man wohl sagen.

Auch Journalist Robin Alexander attestiert der Regierung, „dass das kein gutes politisches Handwerk war“. Bei der jüngsten Debatte um die Zwangsmodernisierung von Gebäuden habe die Ampel „genau falsch herum kommuniziert“. Sie hätte die Fördertöpfe zuerst präsentieren müssen und dann die Zwangsmaßnahmen. Es geht also auch ihm nur um das WIE. Dass die Klimamodelle des IPCC (Weltklimarat) so programmiert sind, dass sie immer dieselbe Panik-Prognose ausspucken, egal, welche Zahlen man zur Berechnung eingibt, das hat Alexander offensichtlich noch nicht recherchiert. Oder im Koma wieder vergessen.

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FDP-Vizefraktionschef Johannes Vogel vergleicht das jüngste, finanzenfressende Häuslemodernisierungszwangsmodell der Regierung, dieses Arsenal der Enteignungsbomben für private Haushalte allen Ernstes mit einer roten Ampel. Da sage ja schließlich auch keiner, das sei ein Verbot, „sondern da bleib ich halt stehen“. Die Diagnose ist beängstigend: Dieser Mann ist tatsächlich stehengeblieben. Selbst Monika Hohlmeier, als Tochter des Grünen-Hassers Franz Josef Strauß eigentlich in der schwarzen Wolle gefärbt, wirkt ausgeblichen. Bei den Klimaschutzzielen, sagt sie, „da sind wir uns miteinander einig“. Sie stört sich nurmehr daran, dass die Regierenden „mit der Art und Weise nicht die Menschen mitgenommen haben, sondern die Menschen abgeschreckt haben“. Ihr Vater kann leider von dort, wo er jetzt ist, keine Debatten-Nachhilfe mehr für die Tochter buchen. Man spürt förmlich seinen Schmerz. FJS dürfte sich im Grabe umdrehen.

Immerhin, der FDP-Vogel am anderen Ende des Debattiertresens kritisiert, dass bei dem Zwangsumstieg auf neue Heizsysteme ab 2025 „faktisch ein Verschrottungsgebot drin ist“. Fernwärmesysteme etwa, die mit umweltfreundlichem Biogas laufen, würden ebenfalls verboten. Bundestagsvizepräsientin Katrin Göring-Eckardt beruhigt ihn: „Ist ja nur ein Entwurf.“ Und Schätzing bringt die Runde wieder auf Linie: „Wir müssen uns in Erinnerung rufen, worum es hier eigentlich geht“, mahnt er, nämlich dass „wir nicht über zwei Grad Erderwärmung kommen. Denn wenn uns das passiert, dann laufen wir Gefahr, dass unsere Lebenswelt kollabiert.“

Kollabiert. Er hat es wirklich gesagt.

Klamroths Sidekick Brigitte Büscher weiß, was die Zuschauer wollen. Antworten nämlich. Vor allem zur Bezahlbarkeit. Die Politik verlange gerade zu viel von den Menschen. Dämmung, Luft-/Wärmepumpe, neue Fenster, das kostet für den Mann in ihrem Film „locker 80.000 Euro“. Ergebnis: Er kauft lieber schnell eine neue Ölheizung, so lange es noch erlaubt ist. Denn „Man kann gar nicht genug verdienen, um das auszugleichen“, sagt der Mann im Film.

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Doch die Studio-Runde ist in einem ganz anderen Film. Robin Alexander rutscht eine Formulierung raus, die stutzig macht: „Wenn Sie mit einer Öl- oder Gasheizung in die nun programmierte Teuerung laufen, dann …“ Ach, eine „programmierte Teuerung“? Soso. Es erinnert an die längst gefallenen Einkaufspreise für Erdgas, die laut jüngster Aussage der Bundesnetzagentur wohl erst in ein paar Monaten an die Kunden weitergegeben werden dürften. Seltsam, Teuerung geht immer ganz schnell. Entlastung dauert. Interessante Programmierung.

Vor diesem Hintergrund verpuffen Aussagen wie die von Göring-Eckardt als das, was sie sind: heiße Luft. Sie verspricht, die steigenden Kosten würden keinesfalls auf Mieter umgelegt werden: „Nein, das kann und soll nicht passieren.“ Und sie schiebt gleich noch eine Politphrase hinterher: „Dass Wohnen und vor allem auch Wärme kein Luxus werden darf, das muss ganz klar sein.“ Wer soll das bitte glauben in Zeiten, da Wärme längst als Luxusgut empfunden wird.

Um die Ziele der Grünen zu erreichen, müssten sich die Menschen einschränken. „Ich nenne es lieber Ordnungspolitik, statt über Verbote zu reden“, sagt Göring-Eckardt. Klamroth nickt: „Ein anderes Wort für Verbote, ja.“ Die übrigen Panik-Phrasen der Frau im grünen Blazer seien an dieser Stelle ausgespart. „Wassermangel“, „Verwüstungen“, „zusätzliche Krankheiten“ – man hat das alles einfach schon zu oft gehört. Wenn Göring-Eckardt zu Gast ist, kann es per se keine konstruktive Sendung werden. Dann spielen Fakten keine Rolle, nur Ideologie. Selbst Robin Alexander verbucht ihre Ausführungen unter „Weltuntergangsrethorik“.

Ein neues Bonmot der grünen Apokalypse-Apologetin sei noch erwähnt: Solar, sagt Göring-Eckardt, sei „in den letzten zehn Jahren 100 Prozent günstiger geworden“. Wow!

21:15 Uhr: Hart aber vorbei, endlich. Starte Suchmaschine: „Solarpanels gratis, Sofortversand“ – hmm … Egal, wir recherchieren weiter. Wir tun es für Sie, für die Menschen da draußen.

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