Tichys Einblick
Die Nachrichtenpolitik der Tagesschau

Gute Demos, schlechte Demos im Staatsfernsehen

Die Tagesschau wird immer offener zum Instrument der Meinungsmache für die Bundesregierung. Die Redaktion berichtet nur über das, was in die Erzählungen der Ampel passt. Etwa, wenn es um Demonstrationen geht.

Screenprint: ARD / Tagesschau 29.01.24

Es war einmal ein Bundespräsident, der die wichtigste Meldung in der Acht-Uhr-Ausgabe der Tagesschau bekam: Frank-Walter Steinmeier (SPD) ruft dazu auf, ein „Bündnis für Demokratie“ zu bilden. Alle Kräfte, die gegen die AfD stehen, sollen sich darin bündeln. Auf einer Rede spricht der Präsident von „Rattenfängern“. Das Staatsoberhaupt sammelt sein Volk im Bündnis der Guten – der Rest sind Ratten und Rattenfänger. Damit folgt Steinmeier einer deutschen Tradtion. Schon die Nazis entmentschlichten und grenzten ihre Feinde als Ratten aus – we remember.

Die Tagesschau orientiert sich in ihrer Montags-Ausgabe an der Steinmeierschen Teilung in Bündnis und andere. Die erste Meldung fällt Verdi und dem für Freitag geplanten Streik im Nahverkehr zu. Später bekennt sich Yasmin Fahimi (SPD) zu Steinmeiers Bündnis. Sie ist Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes DGB, zu dem Verdi gehört. Die zweite Meldung gehört der Insolvenz der KaDeWe-Kaufhäuser. Der Beitrag endet mit dem Hinweis, wie einkömmlich die deutschen Kaufhäuser seien. Alles stabil im Ampelland, das muss der Tagesschau-Zuschauer letztlich wissen.

Der fünfte Beitrag widmet sich US-Präsident Joe Biden, der Vergeltung für Anriffe auf amerikanische Soldaten ankündigt. Die Verstrickung der Vereinten Nationen in den Terror gegen Israel kommt in der Ausgabe der Tagesschau gar nicht vor. Im vierten Beitrag bespricht die Tagesschau eine Klage gegen den chinesischen Immobilienkonzern Evergrande, der offenbar überschuldet ist. Dabei beklagt die Redaktion, dass im chinesischen Fernsehen nicht über das Thema berichtet werde. Staatsfernsehen, das Regierungskritik unterdrückt? Wie ekelhaft. Also in China.

Der sechste Beitrag handelt von den Bauernprotesten. In Frankreich. Die große Kundgebung in Hamburg kommt am Anfang mit einem Halbsatz vor: Nicht nur in Deutschland seien die Landwirte unzufrieden … Am Schluss gibt es einzelne Bilder aus Hamburg – versehen mit dem redaktionellen Hinweis, dass der Höhepunkt der Proteste in Deutschland schon überschritten sei. Also auch hier wieder: alles stabil im Ampelland. Ja, einzelne Bauern sind unzufrieden, vielleicht, lautet die Botschaft des Staatsfernsehen. Aber in Frankreich – da gehe es den Bauern viel schlechter und seien sie viel, viel unzufriedener. Geht es uns da nicht richtig gut in Ampelland?

Der siebte und letzte Beitrag vor dem Wetter gehört der „Letzten Generation“. Die Klima-Extremisten wollen sich nicht mehr auf die Straße kleben. In Hamburg demonstrieren tausende Bauern für einen relativierenden Halbsatz und ein paar Rausschmeißer-Bilder. Die Klima-Extremisten müssen nur nichts mehr tun, um im Staatsfernsehen einen eigenen Beitrag zu erhalten. Die Tagesschau macht Unterschiede.

Wie die zustandekommen, ist nicht schwer zu erklären. Die Bauern würden derzeit wohl kaum in Steinmeiers Bündnis zum Machterhalt der SPD eintreten wollen. Wann die Klima-Extremisten dort aufschlagen, ist nur eine Frage der Zeit. Die müssen zwar erstmal ihr schlechtes Image loswerden, weil die Bürger sie nicht als Mahner, sondern als Nötiger wahrnehmen. Doch beim Imagewandel hilft die Tagesschau der Letzten Generation mit ihrer Hofberichterstattung, sodass bald alle zusammen am Bündnistisch sitzen können – und im Ampelland wieder alles in Ordnung ist. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

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