Tichys Einblick
Goldene Kamera 2017

Marietta Slomka: Vorsicht, Goldene Kamera!

Die 51. Verleihung des deutschen Film- und Fernsehpreis verhedderte sich hoffnungslos zwischen den Kategorien: eine Zuschauer und internationale Gäste beleidigende Mischung aus deutschem Betroffenheitstheater und WOK-WM-Kasperlparade.

Annette Frier and Matthias Matschke during the Goldene Kamera show on March 4, 2017 in Hamburg

© Getty Images

Schon wieder eine Panne bei einer Preisverleihung. Dieses Mal gewann zwar der bei der Oscarverleihung irrtümlich angesagte Film „La-la-Land“, dafür wurden die Kategorien vertauscht: Die Comedian Marietta Slomka wurde nicht etwa in der Kategorie „Beste Satire-Show“ ausgezeichnet, diesen Preis gewann – nicht verwechseln! – die heute-show.

Nein, Slomka bekam versehentlich die „Goldene Kamera“ in der Kategorie „Beste Information.“ Die Laudatio hielten übrigens Angela Merkel untergehakt von einem ihrer Selfie-Jungs, der heute im Management von Volkswagen sitzt … nein, Spaß, dazu wurde Wolf von Lojewski gezwungen, denn freiwillig kann er es bitte nicht getan haben.

Vielleicht war der Auftritt dieses integren Journalisten auch Grund für die Verwirrung, man darf eben einen Witz nicht zu hoch drehen. Hier hätte dieser heute-show-Ankerman Oliver Welke für Erhellung sorgen können. Seine Sendung ist vor heute plus und der Slomka-Emotion-Show der ZDF-Quotenbringer in der hauseigenen Satire-Sparte.

Haben Sie die Verleihung nicht gesehen? Kommen Sie nicht mehr mit? Zu Recht, denn für diesen ganzen Verwirrungsklamauk hätte die „Goldene Kamera“-Show höchstselbst ihren Satire-Show-Preis verdient.

Sie merken es schon, im vorangegangenen Text haben wir, um den Slomka-Preis hinreichend zu würdigen (QED), ein paar Fake-News versteckt. Wenn Sie sie gefunden haben, schicken Sie uns gerne eine Postkarte. Unter den Gewinnern verlosen wir dann die Goldene Kamera von Johannes Heesters (RIP), die wurde nämlich post mortem von der Witwe des Methusalem-Linksaktivisten aus Protest an Springer zurückgeben. Warum? Wegen angeblicher Fake News!

Jetzt stellen Sie sich einmal vor, man hätte, nur um Marietta zu ärgern, das Heesters-Ding heimlich aufpoliert und ihr untergeschoben – samt Widmung! … aber gut, wäre als Gag vielleicht zu subtil. Direkter machte es da Jan Böhmermann. Der saß erwartungsfroh im Publikum, ging zwar leer aus, wurde aber ausgerechnet in jenem betroffenheitsstriefenden Moment eingeblendet, als Caren Miosga aus der News-Ménage-à-trois mit Slomka und RTL-Kloeppel vergaß, zu erwähnen, dass man sich eigentlich tief im Innersten schämen würde, diesen Preis bekommen zu haben.

Es wurde also das zunächst ernste Gesicht Böhmermanns eingeblendet und auf die große Leinwand hinter den Preisträgern übertragen. Dann aber nicht schnell genug wieder ausgeblendet. Denn der mit Erdogan-Fatwa belegte Spaßvogel setzte zu einem wirklich preisverdächtig debilen Grinsen an, Sonderkategorie: TV-Tröte des Jahres. Das Publikum lachte herzlich. Miosga sprach irritiert weiter und Slomka im schwarzen Merkel-Hosenanzug blaffte, besonders betroffen, ins Auditorium, was es denn da zu lachen gäbe. Ne, so macht man sich keine Freunde.

Dabei fragt man sich sowieso schon vor den Fernsehbildschirmen in den deutschen Wohnzimmern, wer überhaupt noch Slomka-TV schaut. Ausgerechnet so eine zwangsgebührenfinanzierte Dramaqueen wird nun dafür ausgezeichnet, ein ehemals akzeptiertes Nachrichten-Großformat fast vollständig vernichtet zu haben. Hingerichtet allein mit der Kraft der Slomka-Emotionen.

Keine Fake-News: So eine Sendung wird doch mit Lust nur noch von einem wie Heiko Maas geschaut, als wäre es ein Streifen im Hotel-Pay-TV. Aber da ist dann schon wieder das Format durcheinander gekommen.

Alles andere zur Goldenen Kamera überlassen wir jetzt aber ausnahmsweise einmal Anja Rützel von Spiegel Online. Die schwächelte in ihrem wundervollen Spott zwar ausgerechnet da, wo man noch einen Schippe hätte drauflegen können:

Ermattet nimmt man danach hin, dass „heute journal“, „RTL aktuell“ und „Tagesthemen“ allesamt eine Goldene Kamera bekommen, und zwar, ganz genau genommen, eigentlich schlicht dafür, dass sie als Nachrichtensendung ihre Arbeit machen.

Aber Ehre wem Ehre gebührt, wunderbarer kann man doch so einen sich stundenlang dahin ziehenden Suizid deutscher Fernsehunterhaltung kaum nacherzählen: „Ein bißchen Schreck muss sein“.