Tichys Einblick
Teures Missvergnügen

Öffentlich-Rechtliche lassen fast 8,5 Milliarden Euro Rundfunkgebühren eintreiben

Zahlen muss jeder Haushalt, sofern er sich nicht mit zeitaufwändigen und nervenaufreibenden Unannehmlichkeiten bei Einsprüchen oder Zahlungsverweigerung belasten möchte; ob Rentner, Hartz-IV-Bezieher oder Geringverdiener – alle sind dran.

IMAGO / U. J. Alexander

Seit Anfang August 2021 zahlen wir an die Verwaltungsgemeinschaft Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio einen monatlichen Betrag von 18,36 Euro. Zuvor waren es 17,50 Euro pro Monat. 2020 lagen die Erträge bei 8,11 Milliarden Euro, 2019 bei 8,07 Milliarden. Im Jahr 2021 kam der „Beitragsservice“ auf ein Volumen von 8,42 Milliarden Euro. Die Erhöhung der sogenannten Rundfunkgebühren hat sich für die öffentlich-rechtlichen TV- und Radiostationen also gelohnt. Es waren immerhin 31 Millionen Euro mehr. Und eigentlich „nur“ ein Plus für die fünf Monate seit August 2021. Zu diesen „Einkünften“ zählen allerdings noch die Werbeeinnahmen der Sender.

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Zahlen muss jeder Haushalt, sofern er sich nicht mit zeitaufwändigen und nervenaufreibenden Unannehmlichkeiten bei Einsprüchen oder Zahlungsverweigerung belasten möchte; ob Rentner, Hartz-IV-Bezieher oder Geringverdiener – alle sind dran.

Wobei sich ein Hartz-IV-Bezieher von den Gebühren auf Antrag befreien lassen kann. Bei der Suche nach „GEZ-Befreiung Einkommensgrenze“ im Internet heißt es: „Personen, die Arbeitslosengeld II/ Hartz IV Leistungen nach dem SGB II beziehen, können sich von den GEZ Kosten befreien lassen. Eingeschlossen sind ebenfalls Empfänger von Sozialgeld sowie Bezieher von Leistungen für die angemessenen KdU gemäß § 22 SGB II. In gewissen Fällen können Sie sich deshalb von der Zahlung der GEZ-Beiträge befreien lassen. Das ist möglich, wenn Ihr Einkommen den sozialrechtlichen Regelsatz um maximal 17,50 Euro übersteigt.“

Und für Rentner lautet die Ansage: „Rentner beteiligen sich gemeinschaftlich und solidarisch an der Finanzierung des Rundfunkbeitrags. Wenn Sie Rente beziehen, sind Sie nicht automatisch von der Beitragspflicht befreit. Erhalten Sie zusätzlich zu Ihrer Rente eine Sozialleistung, können Sie eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht beantragen.“ Nur Schwerbehinderte mit einem amtlich attestierten Behinderungsgrad von mehr als 80 Prozent, die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen nicht ständig teilnehmen können, werden auf Antrag befreit.

Interessant sind die Finanzierungen des Rundfunkbeitrags über die Kommunen. Nach dem seit Januar 2013 bestehenden neuen „Rundfunkgebührenrecht“ werden selbst für Betriebsstätten wie Gartenbauämter, Spielplätze mit Aufenthaltsräumen, Schulen oder Seniorenbegegnungsstätten Gebühren erhoben, sofern es dort ein Radio, ein TV-Gerät gibt oder ein PC im Büro steht. Auch Friedhöfe mit Aufenthaltsraum sind in der neuen Regelung enthalten und werden entsprechend als „Betriebsstätte“ eingestuft. Seinerzeit beschwerte sich Bild: „Geht’s noch?! GEZ kassiert Friedhöfe und Kitas ab“.

Wissenswertes zu Betriebsstätten: „Eine Betriebsstätte ist jede ortsfeste Raumeinheit, die nicht ausschließlich zu privaten Zwecken bestimmt ist. Dies kann sein: Ein Produktionsstandort, ein Geschäft, ein Amt, ein Krankenhaus oder ein landwirtschaftlicher Betrieb“, lautet die Information zum Beitragsservice.

Immerhin wird kein Rundfunkbeitrag erhoben für „ein Büro in einer beitragspflichtigen privaten Wohnung, wenn diese bereits beim Beitragsservice angemeldet ist, eine Räumlichkeit, die ausschließlich gottesdienstlichen Zwecken gewidmet ist, eine Betriebsstätte, in der ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter tätig sind, eine reine Funktionsstätte ohne eingerichteten Arbeitsplatz, wie beispielsweise Trafohäuschen, Windräder, Fahrzeugdepots oder Marktstände, die nicht ortsfest sind“.

Das ist durchaus bemerkenswert: Trafohäuschen oder Windräder sind nicht gebührenpflichtig. Aber kann ja noch kommen, bei den vielen Windrädern, die im Land geplant sind. Hier wiehert noch nicht mal der Amtsschimmel.

Unter dem Stichwort „Beitragsservice Kommunen“ findet sich im Internet als PDF ein Leitfaden für Kommunen. Hier ist unter II.1 zu lesen: „Die Beitragspflicht im kommunalen Bereich bestimmt sich nach der Anzahl der Betriebsstätten und der dort sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sowie der Anzahl der betrieblich genutzten Kraftfahrzeuge und der Gästezimmer, die an Dritte vermietet werden.“

Unter II.2 wird es nochmal interessant im Hinblick auf die kommunal betrieblich genutzten Fahrzeuge, die ja in der Regel über ein Radio verfügen. Und dieses Radio ist die Geschäftsgrundlage. „Auch zu gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken des Inhabers genutzte Kraftfahrzeuge unterliegen der Beitragspflicht. Für jedes beitragspflichtige Kraftfahrzeug ist ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu zahlen. Auf den Umfang der Nutzung kommt es nach der gesetzlichen Regelung nicht an.“

Also jedes Müllfahrzeug, Friedhofskleinlaster, Feuerwehrauto usw. wird mit einem Drittel Rundfunkgebühr besteuert.

Der Bürger zahlt also zweimal: einmal direkt an die Verwaltungsgemeinschaft Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio und einmal über jene Steuern, die an die Kommunen gehen, die davon wiederum Gebühren für jede Betriebsstätte zahlen, in denen sich ein Radio, ein TV-Gerät oder PC befindet. Oder die Bürger zahlen den Beitragsservice indirekt noch einmal anteilig über die Kita-Gebühren.

Und was die Hartz-IV-Bezieher oder Empfänger von Sozialgeld betrifft: Ihre Gebühren übernehmen wiederum die Kommunen bzw. anteilig die Agentur für Arbeit, also wiederum die Steuerzahler.

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