Tichys Einblick
Lümmelalarm und Show-Marathons

Das Fernsehprogramm an Silvester und Neujahr ist etwas für Sportfans und Film-Historiker

Serien-Marathons und Wiederholungen bestimmen das Fernsehprogramm über den Jahreswechsel. Darunter finden sich auch krude Filme – vor allem im Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender.

IMAGO / VWPics
Was ist ein Lümmel? Die Jüngeren stellt diese Frage vor eine Aufgabe, zu deren Lösung einiges historisches Wissen erforderlich ist. Oder Kenntnisse der dritten Programme. Was eigentlich das Gleiche ist. Denn in den Dritten sind die Lümmel zuhause. WDR und Co zeigen jene über 50 Jahre alte Filmreihe „Die Lümmel von der ersten Bank“, die 1967 mit „Zur Hölle mit den Paukern“ startete, immer und immer und immer wieder.

An Silvester läuft der Auftakt der Reihe auf Bayern Drei. Eine der Fortsetzungen, „Hurra, die Schule brennt“ zeigen WDR und Bayern Drei. Die Reihe versuchte seinerzeit, den Trend der rebellischen Jugend filmisch und humoristisch aufzugreifen. Die „Lümmel“ spielen ihren „Paukern“ Streiche: Mal wird ein Fehlalarm ausgelöst oder eine Schulstunde nach zwei Minuten vorzeitig abgebrochen, weil die Lümmel ein Klingelgeräusch von einem Tonband abgespielt haben. Worauf die Lehrer natürlich alle reinfallen. Das klingt vielleicht ein wenig unlustig, verkrampft und aus der Zeit gefallen – ist aber in Wirklichkeit sehr unlustig, sehr verkrampft und komplett aus der Zeit gefallen.

Mit diesen drei Attributen lässt sich so einiges an Programm beschreiben, das die Öffentlich-Rechtlichen über den Jahreswechsel auf ihre Zuschauer loslassen. Meister dieser Disziplin ist ZDF neo. Der Sender mit dem irreführenden Namen zeigt am Neujahrstag „Piratensender Powerplay“, „Die Supernasen“ und „Zwei Nasen tanken Super“ mit Mike Krüger und Thomas Gottschalk. Echte historische Perlen, die Zuschauern lange verborgen blieben. Seit dem Tag der Deutschen Einheit hat ZDF Neo sie nicht mehr ins Programm geholt – allerdings nicht dem ursprünglichen von 1990, sondern dem von 2021. Sodass der Mainzer Spartensender gerade mal 89 Tage Schamfrist verstreichen ließ, bevor er sein Programm wieder mit diesem deutschen Kinoschrott voll haut.

Mit Schrott sind die Öffentlich-Rechtlichen über den Jahreswechsel ordentlich gefüllt. Eine kleine Auswahl: „Ludwig auf Freiersfüßen“ (WDR), „Die Fledermaus“ mit Peter Alexander (Bayern Drei), „Du und ich und Klein-Paris“ (RBB), „Oma zockt sie alle ab“ (ARD), „Heintje – Ein Herz geht auf Reisen“ (Bayern Drei), „Frühling auf Immenhof“ oder „Charleys Tante“ mit Heinz Rühmann (beide Hessen Drei).

Außerdem setzen die Sender, auch die privaten, auf Marathon-Übertragungen von Shows und Filmen: ZDF neo geht an Silvester mit „Bares für Rares“ und „Nicht nachmachen!“ in Dauerschleife – an Neujahr mit der Schwarzwaldklinik. Deutlich näher an der Gegenwart ist da 3Sat. Der internationale Sender zeigt wieder über den gesamten letzten Tag des Jahres Konzerte – im Abendprogramm sind Pink, die Rolling Stones und Coldplay zu hören.

RTL füllt Silvester mit einem Marathon der „Die Ultimative Chart-Show“, Sat 1 mit einem Marathon der Shows „111“ und „Let the music play“ und Pro7 mit einem Marathon der Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“. RTL Zwei zeigt über zehn Stunden „Die Reimanns“ und fast zehn Stunden mit den drei Filmen der Nackten Kanone. Vox toppt das mit über 24 Stunden „100 Songs, die die Welt bewegten“.

Wenigstens für Sportfans bietet der Jahreswechsel ein attraktives Programm. Das ZDF zeigt nachmittags das traditionelle Neujahrsspringen aus Garmisch-Partenkirchen. In der Nacht zuvor überträgt Pro7 Maxx die Halbfinale der College-Meisterschaft im Football. Sport 1 stimmt die Fans an Silvester mit Archivmaterial auf die Darts-WM ein – um dann am Neujahrstag das Viertelfinale der aktuellen Weltmeisterschaft zu zeigen. Zudem gibt es an Silvester mehrere Wintersport-Wettbewerbe auf den Sport-Spartensendern Eurosport 1 und ZDF zu sehen.

Immerhin: Der Abend des Neujahrstages bietet einige Premieren im frei empfänglichen Fernsehen. Sat1 zeigt „Der König der Löwen“ und Pro7 bringt „Terminator: Dark Fate“. Und ganz was Neues: Die ARD präsentiert einen Tatort, der nicht im Nazi-Milieu spielt, sondern auf einer Firmen-Weihnachtsfeier – womit allerdings wenigstens das ARD-Klischee erfüllt werden dürfte, dass der Unternehmer der Mörder war, wie in der Mehrheit der Tatorte.

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