Tichys Einblick
Nicht einmal viel Lärm um Nichts

Bei Maischberger: Karl Lauterbach wird selbst beim ÖRR zur Witzfigur

So also verlief der TV-Abend in einem Land, das offenbar keine Probleme hat, am Vorabend einer Parlamentswahl.

Screenprint ZDF / Maischberger

Eine Staatsfunk-Talkshow ohne Karl Lauterbach ist zwar grundsätzlich möglich, aber sinnlos. Das hat wohl auch Sandra Maischberger eingesehen, also saß Karl Lauterbach wieder da. Erster Eindruck: Er war beim Friseur, nachdem Hape Kerkeling in der letzten Maischberger-Sendung angemerkt hatte, bei den Haaren könnte Karl noch was machen.

Zweiter Eindruck: Ihn nimmt niemand mehr ernst. Inzwischen kommt Mitleid auf, wenn Maischberger ihn spöttisch zu seinen Fehlprognosen befragt, und ob er nicht vielleicht überlegen sollte, bevor er twittert. Nein, sagt Karl Lauterbach, „man liest ja ständig Studien, die sind ja häufig widersprüchlich“, daher die Missverständnisse. „Ich kommentiere, ordne ein, bis bessere Studien vorliegen und überlege in der Regel sehr genau, was ich twittere“. Seine Todesbotschaften zu Großbritannien wegen der EM? Da habe er sich lediglich auf „führende Epidemiologen“ berufen.

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Was ist mit Delta?, werden ängstliche Fans des Großen Corona-o-Logen wissen wollen. Ganz schlimm. Herdenimmunität unmöglich, da hilft auch das Impfen nicht mehr. Bei Delta atmet ein Infizierter „1.000 mal so viel Viren aus“: „Ich wäre so ansteckend, als wenn ich nicht geimpft wäre.“ Das einzig Positive: „Die Antigen-Schnelltests sind bei Delta zuverlässig (übrigens: anders als früher)“. Wir können hier nur einen Bruchteil der Weisheiten des Großen Meisters wiedergeben, nicht nur, weil er inzwischen schneller spricht als weiland Karl Lagerfeld, sondern wirrer als Annalena Baerbock. Aber seine Prognose für den Herbst haben wir notiert: Nicht so dramatisch wie gedacht, es kann aber sein, dass …

Den feixenden Gästen im Studio möchte man zurufen: Sie sind albern! Schließlich ist Karl Lauterbach von allem, was er sagt, tief überzeugt.

In der Journalistenrunde bei Maischberger wieder die Crème de la Crème: Cherno Jobatey, Ex-TV-Moderator, inzwischen „Editor-at-Large“ bei Focus Online – wir wissen auch nicht, was das genau bedeutet. Kristina Dunz, stellv. Leiterin Parlamentsbüro des SPD-nahen „RND“. Die wurde in Deutschland weltberühmt, weil sie Donald Trump einst fragte, warum er so große Angst vor der Pressevielfalt habe (Preis der Bundespressekonferenz), außerdem schrieb sie als Co-Autorin den Weltbestseller über Annegret Kramp-Karrenbauer: „Ich kann, ich will und ich werde“. Und Paul Ronzheimer, Vize bei „Bild“, der zwar keinen Preis der Bundespressekonferenz, aber, laut Wikipedia, viel „Aufmerksamkeit“ bekam, „weil er den iranischen Außenminister zur Todesstrafe gegen homosexuelle Menschen befragte“.

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Den Bahnstreik fanden alle drei nicht gut, die Impfmaßnahmen eigentlich schon, Dunz ist Astra-geimpft „für mich und für die Gesellschaft“, Ronzheimer wünscht sich statt der „Impfpflicht durch die Hintertür“ einen Parlamentsbeschluss dazu.

In Afghanistan könnte doch wenigstens eine Allianz der Willigen Luftschläge gegen die Taliban führen, findet Ronzheimer, und „Menschen nach Deutschland holen“ sollten wir auch. Haben wir 10.000 täglich missverstanden? Eigentlich auch egal. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass Debatten oder Gespräche bei unseren Entscheidungsträgern auf ähnlichem Niveau stattfinden.

Dann lud Maischberger Christian Lindner von der Lindnerpartei und Janina Wissler von der Linken zum Gespräch, „weil die beiden ungefähr ein Alter sind“. Die Trotzkistin will über Nacht friedlich geworden sein, um Parteivorsitzende werden zu können, fordert Enteignungen und Verstaatlichungen von Wohneigentum, weil schließlich auch die Immobilienkonzerne ihre Mieter täglich enteignen, indem sie Miete fordern.

Lindner, etwas sediert, empfahl dann Wohnungsbau gegen die Mietmisere mit einem 30%igen Sozialwohnungsanteil. Und als habe er die Hoffnung, Janina Wissler mit Vernunft beeindrucken zu können, verwies er darauf, dass staatliche Eingriffe in den eh schon regulierten Wohnungsmarkt nur noch mehr Bürokratie bedeuten würden.

Es gab dann sogar noch eine Übereinstimmung der Unvereinbaren: Steuersenkung für Leute, die bis zu 6.500 Euro im Monat verdienen. Und Lindner, auf Schmusekurs offenbar mit jedermann, will Google, Apple und Amazon an den Steuerkragen.

So also verlief der TV-Abend in einem Land, das offenbar keine Probleme hat, am Vorabend einer Parlamentswahl.


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