Tichys Einblick
Geld schafft keine Probleme weg

Hart aber Fair – eine Sendung über Waschlappen

Bei Hart aber Fair geht es wieder um Gas und Energiepreise. Dieses Mal mit dem Titel: „Kostenfalle Energie: Wie sollen wir das schaffen?“ Gekämpft wird mit sanften Bandagen, außer von der Linken-Fraktionsvorsitzenden: Die versucht sich im Niederbrüllen.

Screenprint ARD / Hart aber Fair

Kretschmanns Waschlappen eröffnet diese Ausgabe von Hart aber Fair. Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP, nennt ihn „herablassend für die Bürger, die eh schon sparen“. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, fürchtet einen massiven Wohlstandsverlust durch Energiepreise und meint, „das können wir nicht wegbuchen durch Waschlappen“.

Kretschmanns Waschlappen als Krisensymbol

Renate Rönnau, eingeladene Rentnerin, findet die Aussagen „nicht so gut“. Udo Sieverding ist Energie-Experte der Verbraucherzentrale NRW und will sich nicht festlegen: Die Leute suchen nach Spartipps, aber Tipps zum Sparen an der Körperhygiene kommen bei der breiten Masse nicht immer so gut an. Einer dieser Personen in der Runde – Rönnau – sieht man nach, dass sie sich vor Millionen Zuschauern nicht exponieren will. Sie ist eine nüchterne Person. Doch die Leidenschaftslosigkeit, mit der führende Köpfe diskutieren, über Verarmung, über Wohlstandsverlust, ist erschreckend. Da ist es fast erfrischend, wenn Amira Mohamed Ali aufbrausend wird. „Ja!“, will man ihr zurufen. „Ja, es wird bitter und kalt! Lasst uns leidenschaftlich und auch hart darüber diskutieren! Lasst uns was unternehmen! Nur eben alles das nicht, was Du vorschlägst!“

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Vielleicht ist es zu viel verlangt, in einer der größten Krisen der Nachkriegsgeschichte kontroverse Diskussionen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu erwarten. Vielleicht setzt der Autor die Messlatte auch zu hoch an: Politische Gladiatorenkämpfe wären bei Plasbergs Hart aber Fair dann doch fehl am Platz. Und doch. Wie schon seit Wochen dreht sich die Diskussion im Kreis: „Wir brauchen mehr Entlastungen“, sagen Ali, Sieverding und Hüther.

Renate Rönnau, die selbst nur von 1.200 € Rente lebt, erzählt davon, dass 90-jährige Senioren, die sie ehrenamtlich betreut, unter Existenzangst leben müssen. „Wir haben doch viel entlastet und nach der Sommerpause entlasten wir mehr, ganz dolle versprochen“ vermittelt Dürr von der Regierungsfraktion FDP. Das Wohngeld soll zum Beispiel erhöht werden. Bis zum 1. Januar, ist das Ziel der Ampel, so Dürr. Und wenn die parlamentarische Sommerpause vorbei ist, wolle man über Atomkraft und Laufzeitverlängerungen diskutieren. Doch das sind grundsätzliche Diskussionen, warum nicht jetzt? Warum warten, bis kühle Winde und Herbststürme ein Heizen erfordern?

Bitte keine echten Lösungen!

Rönnau als Stimme des Volkes sagt: Sie kenne sich mit Atomkraft nicht so aus, aber ihr Bauchgefühl sage ihr, es könnte eine Lösung sein. Mehr wird zu dem Thema nicht gesagt, Mohamed Ali, die immerhin Linken-Fraktionsvorsitzende ist, schweigt. Denn warum heute Probleme angehen, die auch noch bis zur Heizsaison Zeit haben? So bleibt Deutschland stecken im Angstsumpf: Kraftwerke werden abgeschaltet, obwohl Kraftwerke fehlen. Lieber doch wieder über Entlastungen der Bürger reden. Geld ist ja da, immer, für alles, für alle. Hüther, habilitierter Ökonom, fürchtet eine Unterminierung der Preissignale durch Entlastungen. Und er hat recht: Gas ist keins da, also steigt der Gaspreis. Auch Preisdeckel und Zuteilungen helfen da nichts, wie die Linke schon in der DDR feststellen musste. Trotzdem will diese Generation der Linken es wieder versuchen. Oder zumindest die Fraktionsvorsitzende, die laut und aufbrausend wird. Sie verlangt nach einer Übergewinnsteuer. Aber Kraftwerke? Einfach weiter laufen lassen? Das auszusprechen, traut sie sich nicht. Es bleibt bei der Geldverteildebatte, statt an das Problem heranzugehen. Der Waschlappen ist mittlerweile der Wappenvogel der deutschen Politik und steht gleichermaßen für Untauglichkeit wie Feigheit der Akteure.

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Warum das eine schlechte Idee ist, schafft keiner der Ökonomen oder Verbraucherzentralenfunktionäre zu erklären. Nur die Rentnerin wieder, die sagt: „Ich habe weder studiert noch einen Titel. […] Ich kann es drehen und wenden wie ich will: Der Bürger zahlt immer die Zeche. Wie mit einem Füllhorn werden Heizkostenzuschüsse ausgezahlt. Wir Zahlen am Ende aber immer und das ist nicht in Ordnung.“ Sie formulierte versteckt die eine große Erkenntnis der Sendung: Deutschland hat zwanzig Jahre lang all seine Probleme mit Geld überkleistert. Und nun sieht man sich mit einer Situation konfrontiert, deren Symptome man nicht verdecken kann, indem die Politik einem beliebigen Land zwischen Gibraltar und Bosporus Geld zuwirft. Auch dieses Mal will man den Problemen mit Geld beikommen. Mehr Hilfen für die Bürger, die zwischen Inflation, Gaspreisen und Abgabenlast erdrückt werden. Ein einzelner Schwimmflügel für den Ertrinkenden, und selbst in diesem Flügel fehlt die Luft. Und die Bürger müssen Gas sparen, wie schon letzte Woche. Irgendwie. Auch die, die gar nicht mehr können. Und um mehr Gas kümmern wir uns nach der parlamentarischen Sommerpause. Oder so.
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