Tichys Einblick
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Das neue Topflappen-Schutzgesetz

Da die Leute sich freiwillig einfach nicht vernünftig verhalten, geht es nicht anders als mit einer gesetzlichen Pflicht: wie bei dem Anschnallgurt im Auto und dem Motorradhelm, wie bei Corona und dem Klimaschutz – nun also ein Topflappen-Schutzgesetz.

IMAGO / Steinach

Die Ampelregierung hat ihr zentrales Anliegen durch den Bundestag gebracht: das „Topflappenschutzgesetz“. „Jedes Jahr verbrennen sich hunderte Menschen am Herd die Finger und überlasten damit unser Gesundheitssystem“, stellt Gesundheitsminister Karl Lauterbach nüchtern fest. „Darum haben wir jetzt die gesetzliche Pflicht eingeführt, in Küchen eine Finger- und Handbedeckung zu tragen.“ Der grüne Gesundheitsexperte Janosch Dahmen springt ihm bei: „Gerne hätten wir auf dieses Gesetz verzichtet. Aber da die Leute sich freiwillig einfach nicht vernünftig verhalten, konnten wir gar nicht anders. Wie bei der Anschnallpflicht, bei dem Motorradhelm, wie bei Corona und dem Klimaschutz: Es geht bei dieser uneinsichtigen Bevölkerung leider nur mit staatlichen Gesetzen und Strafen.“

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Das neue Gesetz regelt, welche Topflappen zum Einsatz kommen: „Stoff-Topflappen“ dürfen von Kindern bis zum 12. Lebensjahr in ihren Puppenhausküchen benutzt werden. „Medizinische Topflappen“, die sich in Krankenhauskantinen bewährt haben, sollen in normalen Küchen getragen werden. „Stahlkoch-Industrie-FDP2-Topflappen“ müssen in allen Bistros der Deutschen Bundesbahn angezogen werden. In Flugzeugküchen braucht es keinerlei Topflappen, da man sich in 10.000 Metern Höhe mit eisigen Minus-Außentemperaturen bei Verbrennungen schnell durch das Öffnen des Fensters abkühlen kann. Näheres regeln die jeweiligen Länder-Gesetzgebungen, die zum Beispiel in der Weihnachtsbäckerei mit besonders hohen Inzidenzen im Saarland entsprechende Ausführungsbestimmungen erlassen können.

Die knifflige Frage, ob Topflappen bereits von Kindern unter 5 Jahren getragen werden können, hat die Bundesregierung der Stiko, dem Ethikrat und der deutschen Hebammengewerkschaft zur Klärung übergeben.

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Christian Lindner ist rundum zufrieden mit dem Ergebnis: „Während die Grünen für alle Topflappen die Regenbogenfarben vorschreiben wollten, haben wir Liberalen dafür gesorgt, dass jeder die Farben seiner Topflappen selber bestimmen darf.“ Er fügte triumphierend hinzu: „Wir von der FDP erfüllen die Erwartungen, die an uns gestellt werden; wir bringen die Ampel auf den Kurs der Freiheit.“ Marco Buschmann ergänzte: „Ohne uns von der FDP wäre das Topflappenschutzgesetz viel rigider ausgefallen. Und außerdem können wir mit Wolfgang Kubicki das feigenblattliberale Nein zum Topflappenschutzgesetz aufweisen.“

Spannend wird es sein, wie die Umsetzung des neuen Gesetzes gewährleistet werden kann. Microsoft bietet für eine Summe des Stillschweigens eine wegweisende „Topflappenschutzgesetz-Durchsetzungssoftware“ an, mit der über das Smart-Phone automatisch alle Verstöße an das Ordnungsamt gemeldet werden. „Deutschland wird immer besser in der Digitalisierung“, freut sich Bill Gates in der Tagesschau mit einem 9-minütigen Digitalisierungs-Redebeitrag am Tag der Deutschen Einheit.

Nancy Faeser schlägt vor, die Bundeswehr miteinzubeziehen: „Gerade die Spähpanzer vom Typ Luchs können gut für Aufklärungsarbeiten eingesetzt werden.“ Doch sie stellt klar: „Das A und O wird die Mithilfe aller Bürger sein. Achten sie darauf, ob die Mitbewohner in ihrem Haushalt sich an die Topflappen-Regeln halten. Es geht hier um den Schutz und die Gesundheit ihrer Nächsten. Wir werden pro 1.000 Einwohner eine Topflappenschutzmeldestelle einrichten, damit alle Beobachtungen unbürokratisch und bürgernah bearbeitet werden können; das muss uns die Sicherheit im Staat wert sein.“

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Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier freut sich: „Wir im freien Westen wissen, dass die Solidarität und die Gesundheitsgerechtigkeit nicht nur am Hindukusch, sondern auch an jeder Herdplatte verteidigt werden müssen. Jede Küche ist ein Kampfplatz für den Frieden!“

Die CDU/CSU, die noch im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt hatte, hat im Bundesrat Vernunft angenommen und das Gesetz durchgewunken. Widerstand kam ausgerechnet von der AfD, an der sich schon viele die Finger verbrannt haben. Karl Lauterbach war erbost über diese Wissenschaftsfeindlichkeit. „Das ist mal wieder eine staatsgefährdende Delegitimierung des Gesundheitsschutzes von Seiten der Schwefelbuben!“ Der Gesundheitsminister hat alle Gegner des Gesetzes eingeladen, mit ihm zusammen eine Intensivstation zu besuchen, auf der Verbrennungsopfer behandelt werden.

Eine unbedeutende Minderheit auf Telegram, die mindestens den Reichsbürgern, Wladimir Putin oder Idi Amin nahesteht, droht mit Demonstrationen gegen das neue Gesetz. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich stark: „Friedlich seine Meinung zu äußern, das ist eines der wichtigsten Rechte unserer Demokratie. Wenn aber Kundgebungen von Extremisten, Querdenkern, Topflappenschutzgesetzgegnern und Verfassungsfeinden gekapert werden, nehmen wir das nicht hin. Denn unsere Demokratie ist wehrhaft.“

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