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DJV kritisiert Pulitzer-Preis für Floyd-Video

Der Deutsche Journalistenverband hat aus aktuellem Anlass Voyeurismus im Fernsehen kritisiert. Da dürfe man keine unterschiedlichen Maßstäbe anlegen.

IMAGO/Zuma Wire

Berlin. Der Deutsche Journalistenverband hat Voyeurismus im Fernsehen scharf kritisiert. Nach dem Kollaps von Christian Eriksen beim EM-Spiel Dänemark gegen Finnland am Samstag übte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Frank Überall, heftige Kritik an der Berichterstattung des ZDF: „Ich finde es unerträglich, dass bei der Live-Übertragung im Fernsehen lange Zeit die Reanimation des Fußballers gezeigt wurde. Das ist unverantwortlich und widerspricht der journalistischen Ethik“, erklärte er: „Journalismus darf nicht derart voyeuristisch sein.“ Er nannte den Vorgang eine „eklatante Fehlentscheidung“.

Überall schob nach: “Das gleiche gilt für die Entscheidung der Jury des Pulitzer-Preises“. In der letzten Woche war der 17jährigen Darnella Frazer der Pulitzer-Preis für das weltweit gezeigte Video verliehen worden, das zeigte, wie dem US-Amerikaner George Floyd von einem Polizisten die Luft abgedrückt wurde. „Es ist ebenso unerträglich minutenlang den Todeskampf eines Menschen im Zuge eines Polizeieinsatzes zu zeigen. Alle deutschen Medien, die dieses Gaffer-Video gezeigt haben, haben eklatant gegen die journalistische Ethik verstoßen“.

Hätte sich im Übrigen der Vorgang in Deutschland ereignet, hätte sich Darnella Frazer eines Verstoßes gegen Paragraph 201a Strafgesetzbuch schuldig gemacht. Der Bundestag hatte 2020 das Gesetz für härtere Strafen gegen Gaffer-Aufnahmen gebilligt. Wer „die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt“, der macht sich einer Straftat schuldig und kann seither mit bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Das gelte auch, so der DJV-Vorsitzende, für Medien, die solche Videos oder Bilder anderen zugänglich machen. „Da dürfen wir keine unterschiedlichen Maßstäbe anlegen“.


Claudia Pritt

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