Tichys Einblick
Achtung Glosse!

Blond gefärbte Haare sind der neueste „Rassismus“

Tressie McMillan Cottom ist Soziologin und gekommen, um die Welt zu retten. Schritt eins: Frauen dürfen sich die Haare nicht mehr blond färben. Denn das sei rassistisch.

Elle Woods (Reese Witherspoon) in Natürlich Blond, USA 2001

IMAGO/United Archives

An Feiertagen kramen TV-Sender gerne die gut 20 Jahre alte Komödie „Natürlich blond“ aus und hieven die Geschichte um Elle Woods ins Programm. Die junge Blondine wird von ihrem Verlobten verlassen, weil sie in seinem versnobten Umfeld als nicht vorzeigbar gilt. Sie kämpft um ihn, wechselt an seine Elite-Uni, um ihm (einem unterdurchschnittlich intelligenten Sohn aus der amerikanischen Oberschicht) zu beweisen, dass sie seiner durchaus würdig ist – findet aber an Elite-Uni dann den Mann, der würdig genug für sie ist, weil er Elle Woods (Reese Witherspoon) genau so liebt, wie sie ist.

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Daran ist alles falsch. So etwas konnte man in Zeiten der Spaßgesellschaft noch drehen, aber im Zeitalter des woken Bewusstseins hat der Spaß längst aufgehört. Stattdessen fängt das Zerfleddern an. Und da ließe sich einiges an „Natürlich blond“ finden. Schon der Vorname der Hauptfigur: Elle. Das französische Pronomen für Frauen. Der Soziologe… Entschuldigung, neuer Versuch: Der, die, das Soziolog:in* sieht darin eine Gleichsetzung mit dem Attribut blond und dem Begriff Weiblichkeit, was wiederum hoch problematisch ist. Nur würde der/die/das Soziolog:in* das anders ausdrücken: Wenn Weiblichkeit als blond gelesen wird, verstetigen patriarchalisch, kapitalistische Kräfte normativ ein Frauenideal, das rassistisch und kolonialistisch motiviert ist.

So ähnlich sieht das Tressie McMillan Cottom. Tatsächlich. Die Amerikanerin hat sich gegen einen Beruf entschieden, mit dem sie der Gesellschaft kaum helfen könnte wie Ärztin, Architektin oder Landwirtin. Stattdessen wurde sie Professorin der Soziologie – um die Welt zu retten, die Menschheit und ihr eigenes Bankkonto. Wer jetzt unnützen Berufen nachgeht wie Handwerker, Lehrer oder Polizist, dem sei kurz erklärt, was ein Soziologe ist: Der, die, das hängt zwölf Jahre an der Uni rum, kifft wie ein Weltmeister und ist danach in der Lage zu erkennen, was an Ärztinnen, Polizisten, Landwirtinnen und so weiter rassistisch ist. Weil die Antwort darauf „alles“ lautet, ist Soziolog:in* zu sein eine Lebensaufgabe.

Die Reihe all dessen, was rassistisch ist, hat Tressie McMillan Cottom nun um „sich die Haare blond färben“ länger gemacht. Rassistisch ist das Färben vor allem dann, wenn man eine Frau ist: Denn die Haarfarbe blond zu tragen steht für die weiße Hautfarbe. Diese wiederum stehe für Kolonialisierung, Unterdrückung und Geschirr, das nicht in die Spülmaschine eingeräumt wird. Wer sich diese Haarfarbe künstlich aneigne, sei besonders problematisch, weil das ein Bekenntnis zur weißen Unterdrückung und zu versifftem Geschirr ist.

Achtung Glosse!
Bisher galt es als kulturelle Aneignung und damit rassistisch, wenn sich Menschen äußerliche Merkmale anderer Kulturen zulegen. Wenn weiße Europäer Rastas oder Dreads tragen, werden Konzerte abgesagt und woke Wutbürger:innen* weinen sich in den Schlaf. Mit dem Tragen solcher Merkmale würden sich die Erben der Kolonialisierer als Teil der Opfer ausgeben, so die Argumentation, ohne dabei das Leid von 300.000 Jahren Unterdrückung durchgemacht zu haben, das Tressie McMillan Cottom allein schon beim Frühstücksei empfindet – das rassistischer Weise weiß ist. Mit der künstlichen Blondierung würden sich die Frauen statt als Opfer als Täter identifizieren – was auch wieder nicht recht ist.

Um Rassismus zu bekämpfen, müssen also demnach alle Menschen feststellen, wie Vertreter ihrer Hautfarbe schon immer waren, und dann müssen sie alle genau daran festhalten. Zugegeben: Das klingt jetzt nicht ausschließlich logisch. Aber die Logik zu überwinden, ist ohnehin das Geschäftsmodell der Soziologie. Schließlich sollen die zwölf Jahre Dauerkiffen ja nicht umsonst gewesen sein. Die Biologie – der Erz- und Erbfeind der Soziologie –, also die Biologie jedenfalls sagt: Die Veranlagung der dominanten dunkleren Haarfarbe setzt sich gegenüber der rezessiven helleren Haarfarbe durch. Deswegen würde Naturblond auf Dauer aussterben und sei auch schon dabei. Aber dass blonde Haare den schwarzen Haaren genetisch unterlegen sind, würden Soziolog:innen* niemals zugeben. Am Ende müssten sie doch nochmal richtig arbeiten gehen.

Tressie Mc Millan Cottom hat eine Million Reaktionen auf ihr Blondinen-Bashing erhalten. Die meisten ablehnend. Wie sehr die Menschen ihre Thesen ablehnen, dokumentiert jedoch, wie sehr die Menschheit Tressie McMillan Cottom unterdrückt. Zumindest sieht das Tressie McMillan Cottom so. Und dann melden sich auch noch Frauen, die behaupten, es sei Privatsache, wie sie ihr Haar tragen wollen. Ja, wo kommen wir denn da hin: Eine Frau entscheidet, wie sie aus dem Haus geht! Das ist neoliberaler, rassistischer, sexistischer und kolonialistischer Neoliberassexikolonianismusismus.

Die Welt muss antikoloniastisch und politisch korrekt geführt werden – am besten von einem Komitee, das besetzt ist mit Tressie McMillan Cottom und anderen Unterdrückten. Sie entscheiden dann darüber, wer welche Haarfarbe trägt, dass Geschirr in die Spülmaschine gehört und Gentechnologie verboten – aber erst, nachdem die endlich ein schwarzes Frühstücksei erfunden hat.

Wie bitte? Was mit rot gefärbten Haaren sei? Da fragen Sie doch bitte erst Tressie McMillan Cottom. Das ist uns zu heikel.

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