Tichys Einblick
Schulbücher aus der islamischen Welt

Kinder des Koran: Was muslimische Schüler lernen

Antisemitismus, mangelnde Vorstellungen von Gleichberechtigung, ein anderes Verständnis von Demokratie und Religionsfreiheit – manche Muslime geben nichts auf die liberalen Werte des Westens. Doch woher kommt das? Eine mögliche Antwort: weil junge Muslime es so lernen.

Buchvorstellung „Kinder des Islam“ in Berlin. Von links nach rechts: Susanne Lin-Klitzing, Sevim Dagdelen, Linda Teuteberg, Constantin Schreiber, Aline Abboud. Foto: Rainer Bieling

Rainer Bieling

Was lernen Schüler in der islamischen Welt? Sie lernen Lehrsätze wie diesen: „Es ist eine große Anmaßung, wenn manche neben Allah ein anderes Pendant anbeten, andere Elemente mit Gott zusammen anbeten, obwohl sie keinen Grund dafür haben. Wahrlich wird Gott sie schwer bestrafen. Solche Menschen werden nie Erfolg haben, sondern sie werden in die Hölle gehen, wo sie Leid und Qual erleiden werden.“ (Schulbuch „Auslegung des Heiligen Koran“, 2011 herausgegeben vom Bildungsministerium der Islamischen Republik Afghanistan.)

Oder Leitsätze wie diese: „Für das palästinensische Volk stellen Kulturgüter ein Hauptelement in seinem Überlebenskampf und seinem Kampf um den Verbleib in seiner Heimat neben dem Besatzer seines Landes und des Landes seiner Vorfahren dar. Sie wurden sogar selbst zum Gegenstand des andauernden Kampfes mit dem Besatzer seines Landes, der seine Kinder vertrieb, seine Schätze plünderte, seine Identität verzerrte und für sich selbst eine künstliche Entität aufbaute, die ihre Identität und ihre Daseinsberechtigung aus Mythen und Illusionen schöpfte.“ (Schulbuch „Arabische Sprache“, Lektion 5 „Unsere Kulturgüter“, 2017 herausgegeben vom Bildungsministerium des Staates Palästina, benutzt von Lehrern des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, UNRWA, auch im Libanon und in Syrien.)

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Das erfahren Leser in Deutschland im neuen Werk von Constantin Schreiber: „Kinder des Koran. Was muslimische Schüler lernen“. Bereits in seinem Buch „Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird“, hat sich der Autor mit den parallelen Vorstellungswelten von Muslimen beschäftigt. Nun also, zwei Jahre später, analysiert er die Schulbücher aus fünf islamischen Ländern: aus Afghanistan, dem Iran, Ägypten, den beiden Autonomiegebieten der palästinensischen Behörde und der Türkei. Die ägyptischen und die palästinensischen Schulbücher hat er selbst gelesen; denn der Fernsehjournalist, der bereits als Korrespondent aus Beirut und Dubai berichtet hat, spricht fließend Arabisch. Die Schulbücher aus den übrigen islamischen Ländern ließ er für dieses Projekt übersetzen.

Das Ergebnis ist wenig überraschend für jeden, der Augen hat zu sehen und Ohren zu hören. Die Schulbücher aus den fünf in Betracht gezogenen islamischen Ländern dienen der Abrichtung von Schülern zu eben jenen „Kindern des Islam“, von denen der Buchtitel spricht: gläubigen Nachbetern einer islamisch legitimierten Herrschaft, die zu Gefolgschaft in der Gemeinschaft erzieht und nicht zur Mündigkeit freier Menschen und Bürger, die selbst bestimmen, ob und mit wem sie Gemeinschaft suchen.

Zur Präsentation des Buches hatte der Verlag zwei Politikerinnen aus zwei Oppositionsparteien eingeladen, Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Die Linke, und Linda Teuteberg, seit kurzem Generalsekretärin der FDP; ferner als Expertin für den Bildungsauftrag von Schulbüchern Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, und als Gesprächsleiterin die ZDF-Moderatorin von „heute Xpress“, Aline Abboud.

Dass eine Fernsehmoderatorin das Buch eines Kollegen vorstellt und sich eine Bildungsexpertin zu Schulbüchern äußert, leuchtet sofort ein. Aber warum Politikerinnen? Nun, ein Teil der „Kinder des Koran“ ist seit 2015 in Deutschland. „Was muslimische Schüler lernen“ geht die Bürger in Deutschland seither etwas an; denn was die Kinder und Teenager in ihren islamischen Heimatländern gelernt haben, das haben sie im Kopf mitgebracht wie das Smartphone in der Tasche, mit dem sich das importierte Weltbild täglich auffrischen lässt.

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Was die Bürger davon halten, in ihrer überwiegenden Mehrheit jedenfalls, wenn islamisch konditioniertes Denken und Glauben unkonditioniert nach Deutschland einwandert, belegen Umfragen aller Couleur: herzlich wenig. Und was halten die beiden Oppositionspolitikerinnen von solcherart importiertem Denken? Erstaunlich wenig. Erstaunlich, weil die Opposition zur Regierungspolitik von 2015 ja darin bestand, noch mehr im Lande willkommen zu heißen, als es die Regierung und ihre willigen Helfer in Kirchen und NGOs ein halbes Jahr lang ohnehin taten.

Nun war die FDP damals nicht im Bundestag, und die Linkspartei hätte sich in der Frage, Gaspedal oder Bremse treten, fast entzweit. Linda Teuteberg jedenfalls lässt eine FDP erkennen, die ideologische Indoktrinierung von Kindern und deren lebenslange Prägung durch falsche Vorbilder und abwertende Zuschreibungen zu benennen weiß. Dank ihrer Herkunft aus Brandenburg ist die Indoktrination der Kinder der DDR bei ihr in lebhafter Erinnerung.

Auch Sevim Dagdelen findet zu alledem klare Worte. Sie lässt eine Linkspartei erkennen, die noch in bestem Marxschen Sinne denken kann: Die Gedanken der Herrschenden in den islamischen Ländern finden sich in den Schulbüchern wieder – als politische Religion, die Herrschaft legitimiert und Unterwerfung propagiert. Dank ihrer Herkunft ist ihr noch in lebhafter Erinnerung, dass keines der türkisch-muslimischen Schulmädchen in ihrer Klasse in Duisburg ein Kopftuch trug und nicht nur sie selbstverständlich nicht, als Tochter kurdisch-alevitischer Eltern.

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Kein Wunder, dass Sevim Dagdelen zum politischen Islam deutlichere Worte findet als Linda Teuteberg, die als Generalsekretärin eher Generalistin als Spezialistin ist und mit einem anmaßenden Islam nicht schon als Kind konfrontiert war. Für den Bürger beruhigend, dass die FDP-Politikerin dennoch ein waches Auge hat. Beruhigend auch, wie klar und scharf Die-Linke-Politikerin Dagdelen die Verstaatlichung der Religion in den islamischen Ländern zu benennen weiß und die gezielte Vergiftung der Kinder mit islamistischem und nationalistischem Denken.

Mit welchen „Giftzwergen“ es deutsche Lehrerinnen in ihren Willkommensklassen zu tun haben, lässt sich dem Buch von Constantin Schreiber entnehmen, das zu einem großen Teil Quellen und Originaltexte aus den Schulbüchern der Herkunftsländer zitiert. „Was muslimische Schüler lernen“ ist vor allem für jene Bürger in Deutschland erhellend, die zwischen „geschenkten Menschen“ und einem Danaergeschenk zu unterscheiden wissen.


Dr. Rainer Bieling war Redaktionsdirektor des Informations- und Hintergrunddienstes Der Hauptstadtbrief. Dort finden Sie seine Texte und Editorials aus den Jahren 2011 bis 2018 im Archiv.


Constantin Schreiber, Kinder des Koran. Was muslimische Schüler lernen. Econ Verlag, 298 Seiten, 18,- €.


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