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Darum geht's an Ostern

Auferstehung: Comeback für die Ewigkeit

Keiner sollte sagen, dass er es nicht hätte kommen sehen können. Jesus hatte den Pharisäern als Zeichen versprochen, dass er wie Jona im Bauch des Wals eine Zeitlang unter der Erde bleiben werde. Dass er am dritten Tag ins Leben zurückgeworfen werden würde, um wie Jona seine Rettungsmission zu erfüllen.

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Auch die Jünger hatten die Botschaft gehört. Allein: Es fehlt ihnen der Glaube. Wie den meisten Menschen unserer Tage. Selbst unter den Deutschen, die sich als Christen bezeichnen, glaubt nur eine Minderheit an die leibliche Auferstehung von Jesus. Dabei gehörte es zur Grundüberzeugung der Urchristen, dass mit diesem Faktum ihr Glaube stand oder fiel. Nicht die subjektiven Qualen von Jesus gaben dem Ereignis auf Golgatha seine Bedeutung. Wenn am Kreuz ein bloßer Mensch gestorben wäre, wie an zahllosen anderen Kreuzen im ersten Jahrhundert, dann wäre keine erlösende Wirkung damit verbunden gewesen. Der unerhörte Anspruch, dass es sich bei dem Gekreuzigten um Gott handelte, bedurfte eines unumstößlichen Beweises: der Auferstehung.

Mythen über auferstandene Götter waren damals nichts Ungewöhnliches. Vom Kaiser Augustus wurde behauptet, er sei nach seinem Tod in den Himmel aufgefahren. Dass seine Leiche noch in seinem Grab lag, bezweifelte allerdings niemand, genauso wenig wie es irgendeinen Anhaltspunkt für die tatsächliche Existenz, den Tod, die Auferstehung der ägyptischen Gottheit Osiris gab.

Die Jünger behaupteten aber, Jesus sei nachweislich aus dem Tod zurückgekommen und habe sich vor Hunderten von Menschen mehrfach gezeigt. Sie selbst lieferten dann ein starkes Indiz dafür, dass sie nicht einer Lüge aufgesessen waren, indem sie mit ihrem Leben und Sterben dafür einstanden. Kein Einziger der Menschen aus dem Jüngerkreis würde jemals von der Auferstehungsgeschichte abrücken, nicht einmal unter schwerer Folter.

Die frühen Christen gaben ihrem Auferstehungsglauben auch dadurch Ausdruck, dass sie statt dem letzten künftig den ersten Wochentag als «Tag des Herrn» feierten, als neuen Sabbat, vor allem für die Juden unter den Christen ein unerhörter Schritt.

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In der Hälfte seiner Briefe geht der Apostel Paulus ausführlich auf die Auferstehung ein und insistiert ein ums andere Mal: Ohne die Auferstehung ist der christliche Glaube wertlos, weil der Kreuzestod von Jesus wirkungslos gewesen wäre. In seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth bestürmt Paulus die dortigen Christen geradezu, sich nicht von Auferstehungs-Skeptikern irremachen zu lassen:

«Wäre Christus nicht auferstanden, so hätte unsere ganze Predigt keinen Sinn, und euer Glaube hätte keine Grundlage. Mit Recht könnte man uns dann vorwerfen, wir seien Lügner.»

Mit seinem Brief packt Paulus die kleingläubigen Korinther an den Schultern, schüttelt sie kräftig durch und bläut ihnen ein: «Wenn Christus nicht von den Toten auferweckt wurde, ist euer Glaube nichts als Selbstbetrug, und ihr seid von eurer Schuld nicht frei. Ebenso wären auch alle verloren, die im Glauben an Christus gestorben sind. Wenn der Glaube an Christus uns nur für dieses Leben Hoffnung gibt, sind wir die bedauernswertesten unter allen Menschen!»

Wenige Jahre später wird Paulus für diese Überzeugung seinen Kopf auf einen Henkerblock legen. Es kann gar kein Zweifel bestehen: Paulus ist entweder völlig wahnsinnig, wogegen seine imposante Lebensleistung spricht, oder er ist sich zu hundert Prozent sicher, dass Jesus höchst lebendig das Grab verlassen hat.

Seitdem entscheidet sich an der Auferstehungsfrage der Glaube. Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann ist er nicht der von Gott verheißene Christus gewesen. Man kann es nicht unmissverständlich genug formulieren: Ein Glaube, der sich nicht auf Jesus als Auferstandenen gründet, ist nicht christlich. Oder, um es mit dem Philosophen Robert Spaemann positiv zu formulieren: «Christlicher Glaube ist Glaube an die Auferstehung Jesu.»

Die Auferstehung ist die enge Pforte der Vernunft, vor der Intellektuelle so hilflos stehen wie ein Kamel vor einer Nadelöffnung. Wer sich dagegen sträubt, sich von Gott sanft hindurchziehen zu lassen, bleibt außen vor. Dabei ist der Glaube an die Auferstehung, auch wenn er völlig kontraintuitiv ist, ganz und gar nicht grundlos. Die folgenden Fakten sind nämlich unstrittig:

Jesus starb vor Augenzeugen.

Er wurde begraben.

Das Grab war wenige Tage später leer, die Leiche spurlos verschwunden.

Die Nachfolger von Jesus berichteten, er sei auferstanden. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und machte aus einer winzigen jüdischen Sekte die größte Religionsgemeinschaft aller Zeiten.

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Der Theologe Jürgen Moltmann kommt zu dem Schluss: «Ohne das, was die Frauen und die Jünger nach dem Tod Jesu mit Jesus erlebten, wüssten wir nichts von Jesus und gäbe es das Christentum nicht. Also muss der christliche Glaube seinen Ursprung in dem Ereignis haben, das die Jünger und die Frauen die ‹Auferstehung Jesu von den Toten› nannten.»

An Gegenpropaganda mangelte es von Anfang an nicht. Kaiphas und seine Unterstützer nahmen sogar Bestechungsgeld in die Hand, um eine alternative Version der Ereignisse in Umlauf zu bringen, die bis heute noch verbreitete «Betrugstheorie». Danach hatten die Jünger, unbemerkt von den schlafenden Soldaten, den schweren Grabstein weggerollt, die Leiche gestohlen und versteckt. Wofür die Hohepriester-Clique freilich keine Erklärung hatte, waren die zurückgelassenen Grabtücher. Warum hätten die Jünger den Leichnam von Jesus umständlich auswickeln sollen, bevor sie ihn raubten?

Moderneren Ursprungs ist die Spekulation, Jesus habe die Kreuzigung überlebt. Wie das passieren konnte, dazu gibt es mehrere Erklärungsversuche. Ziemlich aktuell ist die Mutmaßung, der Lanzenstich des Soldaten hätte Jesus das Leben gerettet. Das Wundwasser sei abgeflossen, was den Erstickungstod verhindert habe. Jesus sei in Ohnmacht gefallen. Bei der Bestattung hätten Josef von Arimathäa und Nikodemus den Herzschlag von Jesus gespürt, den Schwerverwundeten gesundgepflegt und schließlich in Sicherheit gebracht. Jesus habe dann irgendwo außerhalb von Jerusalem weitergelebt.

Von einer bizarren Alternativtheorie zur Auferstehung berichtet der Kirchenvater Tertullian in seiner um das Jahr 200 entstandenen Schrift «Über die Schauspiele». Offenbar gab es die Mutmaßung, schuld sei der Gärtner gewesen. Er habe den Leichnam prophylaktisch beiseitegeschafft, um zu verhindern, dass die zu erwartenden Grabbesucher sein angebautes Gemüse kaputttrampeln.

Und schließlich ist da noch die These, das Grab sei gar nicht leer gewesen und die Jünger hätten sich die Jesus-Erscheinungen nur eingebildet.

Keine dieser Theorien überzeugt.

Die Autoren der Evangelistenberichte gehen fest von einer Auferstehung aus und beschreiben deren Wirkung detailliert. Paulus listet kaum mehr als zwanzig Jahre nach dem Ereignis die vielen Zeugen auf, die den auferstandenen Jesus gesehen haben. Überhaupt machen seine Briefe deutlich: Die Auferstehungsbotschaft war der entscheidende Grund für Menschen, sich zum Christentum zu bekehren. Es gab damals viele schillernde religiöse Figuren. Aber keiner kehrte aus dem Reich der Toten zurück. Weder Honi, der Kreiszieher, noch Johannes, der Täufer, noch ein anderer echter oder falscher Prophet.

Auszug aus: Markus Spieker, Jesus. Eine Weltgeschichte. Fontis Verlag, Hardcover mit Lesebändchen, 1004 Seiten, 30,00 €


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