Tichys Einblick
Stimmungsumschwung in der Bevölkerung?

Massenzuwanderung beunruhigt nun doch die Politik

Der Flüchtlingsgipfel von Nancy Faeser hat die Lage weder gebessert noch beruhigt: Statt hohler Sprüche fordern Kommunalpolitiker mehr Geld für die Versorgung. Die Frage bleibt aber: Hilft Geld allein?

IMAGO / Metodi Popow

Ausgelassen ließ sich Nancy Faeser am Freitag bei „Mainz wie es singt und lacht“ abbilden; mit Federn in Schwarz-Rot-Gold. Die Nationalfarben als Faschingskostüm – kann man machen im woken Deutschland, das sich selbst zum Spott macht. Doch die Lage wird allmählich ernst: Über 6500 Abgeschobene kehren unbehelligt nach Deutschland zurück – jedenfalls wie die Bundespolizei meldet. Dabei waren 2022 gerade knapp 12.000 Personen abgeschoben worden – jeder Zweite kehrt nach dem langwierigen Verfahren zurück. Insgesamt 250.000 Personen müssten eigentlich abgeschoben werden – die Einwohnerschaft einer mittleren Großstadt. Zwischen Ankündigung und Realität klafft eine immer größere Lücke.

Die Unruhe wächst, entsprechende Berichte gibt es mittlerweile aus vielen ländlichen Regionen. Dorthin werden offenkundig viele neue Flüchtlinge geschickt, weil man in Großstädten zunehmend den Protest fürchtet. Gleichzeitig klettert die unkontrollierte Zuwanderung auf einen neuen Rekordwert und übersteigt mittlerweile die hohen Zahlen von Merkels Flüchtlingspolitik.

Der Versuch Nancy Faesers in der vergangenen Woche, mit Harmoniephrasen – „Seite an Seite“ – und der Verkündigung von vier neuen Arbeitskreisen die dramatische Zuwanderungswirklichkeit in den Kommunen zu übertünchen, ist grandios gescheitert.

Landkreistagspräsident Reinhard Sager sprach unmittelbar nach Faesers salbungsvollen Worten. Der Druck durch die wachsenden Migrantenzahlen auf die Kommunen und Landkreise werde von Tag zu Tag und Woche zu Woche größer, sagte er sicht- und hörbar emotionalisiert. Wie groß der Streit zwischen der Bundesregierung und zumindest den unionsgeführten Landesregierungen und Kommunen ist, machte dann ein kleiner Eklat im Publikum deutlich. „Heuchelei“, rief der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, und verließ protestierend den Saal.

Dass man die Augen nicht länger verschließen kann, kommt offensichtlich mittlerweile sogar in Berlin an.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnt angesichts der auf dem Flüchtlingsgipfel ausgebliebenen Hilfszusagen an die Kommunen vor den Folgen für die Migrations- und Zuwanderungspolitik der Bundesregierung. „Wenn die Kommunen nicht sehr schnell deutlich besser ausgestattet werden, dann wird der Widerstand mancher in der Bevölkerung zunehmen und politisch der AfD wieder starken Zulauf bringen“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt. „Das Resultat wäre eine gescheiterte Integration und eine noch stärkere Zunahme der sozialen Polarisierung in unserem Land.“

Fratzscher mahnte, die Politik müsse nun „dringend handeln und die Kommunen sowohl logistisch stärker unterstützen als auch finanziell besser ausstatten“. Er sehe in erster Linie die Länder in der Pflicht. „Der Bund hat immer wieder die größte Last geschultert“, sagte der DIW-Chef.

„Nun müssen die Länder ihre Blockadehaltung aufgeben und sich finanziell stärker beteiligen, zumal viele finanziell gut dastehen und einige im letzten Jahr gar Überschüsse gemacht haben.“ Der Chef der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, fürchtet ebenfalls einen Stimmungsumschwung gegen Flüchtlinge. Er erinnerte an die jüngsten Proteste gegen den Bau eines Containerdorfs für bis zu 400 Flüchtlinge in dem Dorf Upahl in Mecklenburg-Vorpommern.

Hier gingen die Bürger bereits auf die Straße. „Auch andernorts wird es demnächst Unruhen in der Bevölkerung geben“, sagte Teggatz dem Handelsblatt. „Spätestens, wenn Sporthallen und Bürgerhäuser für die Unterbringung von Migranten genutzt werden müssen und dadurch das Vereinsleben in den Kommunen beeinträchtigt ist, werden meine Kolleginnen und Kollegen eine Menge zu tun bekommen.“

Die Strategie zielt darauf ab, den Kommunen mehr Mittel für Unterbringung, Schule, Integration und Versorgung zur Verfügung zu stellen. Es ist wie so häufig bei der Ampel: Steigende Staatsverschuldung soll die Probleme lösen.

Aber mit Geld ist eben nicht alles lösbar – etwa die Überforderung der Gesellschaft durch eine wachsende Anzahl von Migranten, die nicht bereit sind, die kulturellen Eigenarten oder wenigstens den Frieden in ihrem Gastland zu respektieren. Immer neue Auseinandersetzungen mit migrantischen Tätern werden berichtet, wobei auch hier versucht wird, die Täterherkunft zu verschleiern und die eigentlichen Problemursachen wegzureden.

Dabei isoliert sich Deutschland auch innerhalb der EU immer weiter. Italien versucht sich abzuschotten, wie es Griechenland längst versucht; osteuropäische Staaten fordern EU-Mittel für den Bau von Grenzzäunen, in den Niederlanden scheint ein Wechsel in der Regierung zu der zuwanderungskritischen Partei anzustehen, und die skandinavischen Ländern haben längst einen Politikwechsel hin zu mehr Abschottung vollzogen. Ungarn hat angekündigt, gerne Transit-Züge nach Deutschland zu organisieren, die allerdings auch Österreich durchqueren müssten, das mittlerweile auch auf Abschottung setzt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hingegen blockiert bislang jede Politikänderung. Ihr Signal lautet unmissverständlich: Sollen sie doch kommen, möglichst viele.

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