Tichys Einblick
Spanien

Zuwanderung: Behörden sprechen von „koordiniertem Angriff“ auf spanische Küsten

Die überwiegende Mehrheit der Zuwanderer will nicht in Spanien bleiben, sondern gleich weiter ziehen nach Germany. Was schlägt die geschäftsführende Bundeskanzlerin vor? Alternative Einnahmequellen für Schlepper und Schleuser entwickeln.

At the harbour of Malaga, South of Spain, a Spanish rescued boat, with migrants onboard. On 11 November 2017 in Malaga, Spain. On saturday night, the Port authority from Malaga, with the help of the Red Cross, provide a first help to more than 160 migrants, who had just been rescued in the Mediterranean sea by three vessels from the Spanish Maritine. This is one oh the highest record of arrival in the city of Malaga. All the migrants were in good condition, only a few of them were brought to the hospital.

© Guillaume Pinon/NurPhoto via Getty Images

So richtig aufmerksam auf die neue Ausweichroute der Zuwanderung über das Mittelmeer wurde die Presse erst, als im August zwölf Zuwanderer an der Südküste Spaniens mit Jet-Skiern inmitten badender Urlauber anlandeten. Seit die afrikanische Masseneinwanderung über Libyen nach Europa erschwert wurde, weichen organisierte Schlepperbanden nach Algerien aus um von dort aus Spanien zu erreichen.

Aber auch der Vorrat an Schrottbooten in Algeriens Häfen mag endlich sein. Ergo werden die Zuwanderer vor der spanischen Küste in Schlauchboote umsteigen müssen, damit die Schlepper umkehren und neue Fracht aufnehmen können. Nur eine Frage der Zeit also, wann die ersten NGO-Rettungsschiffe auf den Plan gerufen werden. Auch Schlepper sparen lieber Benzin und scheuen das Risiko. Nach bewährtem libyschem Modell würden die NGO’s dann ihre Passagiere außerhalb der algerischen Hoheitsgewässer aufnehmen.

Am Wochenende nun eine weitere Eskalation der Bewegungen der Zuwanderung: Offensichtlich heißt ein neues Konzept der Schlepper jetzt „Masseninvasion“, die Überquerung des Mittelmeeres gleichzeitig mit hundert Booten Richtung Spaniens Südostküsten.

Zwar gab es schon länger Anzeichen für diese Ersatzroute der Zuwanderung, dennoch zeigten sich die spanischen Behörden überrascht, sprachen sogar von einem „koordinierten Angriff auf unsere Küsten“, wie WELT.de berichtete. Allein in der Region Murcia im Südosten Spaniens seien binnen 48 Stunden mehr als 500 Menschen in fast 50 Booten angekommen. Der Stadthalter der Regierung in Murcia spricht von einer „schweren humanitären Krise“.

Screenprint: WeLT.de

Nach wie vor allerdings zählt diese Route der Zuwanderung 2017 noch nicht zu den am häufigsten gewählten. Das bleibt die Fahrt über Libyen und das Mittelmeer nach Italien. Über diesen Weg sind in diesem Jahr mehr als 100.000 Zuwanderer nach Europa gekommen. Die Route über die Türkei nach Griechenland nutzten rund 20.000 Zuwanderer. Aber Spanien scheint rasant schnell aufzuholen.

Zweifellos ist Angela Merkels desaströse Zuwanderungspolitik auch hier erste Ursache und zeigt Wirkung: Die überwiegende Mehrheit der Ankommenden will nicht in Spanien bleiben, sondern gleich weiter ziehen nach Germany. Und was schlägt die Bundeskanzlerin vor? Sie möchte alternative Einnahmequellen für Schlepper und Schleuser entwickeln. Europa soll dort aktiv werden, wo sich das Drehkreuz für den Transport von Migranten aus Westafrika in Richtung Algerien, Libyen und Europa befindet. Deutschland und die Europäische Union investieren jetzt allein im Staat Niger gigantische 750 Millionen Euro. Aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich die Schleuser eine neue „Sammelstelle“ organisiert haben. Dort müssten dann von der EU auch wieder Millionen von Euro Schmiergeld bezahlt werden, um die jeweiligen afrikanischen Regierungen oder Despoten dazu zu bewegen, diesem höchst lukrativen Menschenhandel Einhalt zu gebieten.

So kostenintensiv, so sinnlos erscheinen diese Maßnahmen. Erschwert noch von den erwartbaren Beschwerden der Hilfsorganisationen: Mitarbeiter berichten, Polizei und Militär im Niger hätten im Rahmen der sogenannten Migrationspartnerschaft mit der EU die Jagd auf Menschenschmuggler an den Grenzen zu Libyen und Algerien intensiviert. „Die Schlepper hätten aus Angst vor Entdeckung deshalb schon mehrfach Geflüchtete in der Wüste ausgesetzt, die dann verdurstet seien.“

Der ehemalige spanische Ministerpräsident José María Aznar hatte das Problem offensichtlich schon früher kommen sehen. So schloss er 2003 ein Abkommen mit Marokko, dass die Durchreise von Transit-Zuwanderern eindämmen helfen sollte und näherte sich früher als alle anderen europäischer Regierungschefs wieder dem damals vorübergehend rehabilitierten Machthaber in Tripolis an. Aznar gehörte zu den wenigen, die sich 2011 gegen eine Intervention einer internationalen Militärkoalition in Libyen aussprachen. „Gaddafi sei „ein extravaganter Freund“, aber doch „ein Freund“, der „die Bemühungen der westlichen Welt gegen den Terrorismus“ unterstütze, sagte der Spanier im April jenes Jahres bei einem Vortrag an der Columbia-Universität in New York.“

Bis heute werden ihm wirtschaftliche Interessen unterstellt, sogar eigennützige. Der Versuch der Verhinderung massenhafter afrikanischer Migration nach Europa hingegen wurde Aznar von niemandem unterstellt.