Tichys Einblick
Lörrach:

Wohngesellschaft kündigt Mietern für Flüchtlinge

Klingt absurd, hat sich aber im badischen Lörrach so zugetragen: Bis Jahresende müssen Mieter für ukrainische Flüchtlinge Platz machen. Die Medien, die darüber berichten, kritisieren nicht das Vorgehen, sondern die Kritik daran.

Lörracher Mieter müssen ihre Wohnungen für Flüchtlinge räumen – angesichts des brüchigen sozialen Friedens in Deutschland kann man eine solche Meldung im ersten Moment nur für eine Falschnachricht halten. Und doch: Die Sache stimmt. Sowohl die Badische Zeitung wie auch Der Westen und die Junge Freiheit haben bei der verantwortlichen Wohnungsbaugesellschaft nachgefragt. Auch ein Schreiben, das die Sache belegen soll und im Internet als Kopie kursiert, ist echt.

Schwer zu glauben, aber wahr: In einem Brief vom 15. Februar an die Einwohner der Wölblinstraße 21 bis 29 informiert die städtische Wohnbau Lörrach darüber, dass ihr Mietverhältnis bald gekündigt würde. Zitat:

„Wie Sie wissen, hat Deutschland einen erheblichen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine und anderen Weltregionen zu verzeichnen. Auch die Stadt Lörrach und der Landkreis sind zur Unterbringung von Flüchtlingen verpflichtet. Neben den geplanten Flüchtlingsheimen wurde intensiv nach weiteren Standorten gesucht. Wegen der besonderen Eignung werden wir unsere Liegenschaft Wölblinstraße 21 bis 29 in Lörrach für diesen Zweck zur Verfügung stellen. Für Sie bedeutet das, dass wir in Kürze das mit Ihnen vereinbarte Mietverhältnis kündigen werden.“

Bereits am 27. Februar gibt es daher eine Bewohnerversammlung, zu deren Teilnahme „dringend“ gebeten wird. Schon „in Kürze“ würden die ersten Wohnungen frei und Flüchtlinge einziehen. Geplant sei, dass bereits bis zum Ende des Jahres die gesamte Anlage als Flüchtlingsheim genutzt würde. Laut Westen sollen die Unterkünfte Ukrainern zur Verfügung gestellt werden. Den bisherigen Mietern wolle man „modernere und bezahlbare“ Wohnraumangebote vorschlagen. Auch beim Umzug wolle man helfen und persönliche Gespräche führen, um individuelle Lösungen zu finden.

In Lörrach sind die Grünen stärkste Kraft, die Mehrheit des Gemeinderates steht links der Mitte. Bürgermeister ist Jörg Lutz, der der SPD nahesteht. Badisches Idyll – solange man nicht selbst von den Entscheidungen betroffen ist. Wie weit man von der Realität der normalen Familien in Deutschland entfernt ist, die neben Mietkündigungen von Inflation, Preissteigerung und Energiekrise aufgefressen werden, bemerkt die Kommunalverwaltung nicht.

Kaum verwunderlich, dass in dieser sensiblen Situation die Reaktionen in den sozialen Medien hochschlagen. Dort hatte sich der Brief der Wohnungsgesellschaft in Sekundenschnelle verbreitet.

Prompt folgt die typische mediale Einordnung. Nicht das dreiste Vorgehen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, sondern die Reaktionen darauf seien der Skandal. T-online machte kurzerhand den „rechten Shitstorm“ zum Hauptthema und fragte, ob dieser „berechtigt“ sei. Schießlich helfe die Wohnungsbaugesellschaft ja nach dem Rauswurf und die Anlagen stünden sowieso „am Ende ihres Lebenszyklus“. Alles halb so wild, wenn man einen Brief bekommt, der einen aus den eigenen vier Wänden ohne eigenes Verschulden befördert.

In ähnlicher Weise ordnete die Badische Zeitung den Unmut als „Shitstorm aus dem rechten Spektrum“ ein. Dem bleibt nur hinzuzufügen: Offenbar muss man aus dem „rechten Spektrum“ stammen, um die Sorgen und Nöte von Mieten zu verstehen. Das linke Spektrum hat sich von dieser Solidarität nämlich schon längst verabschiedet, wenn sich Medien nicht mehr als Advokaten der Geprellten, sondern als Verteidiger politisch fragwürdiger Methoden aufschwingen.

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