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WerteUnion vor der Spaltung? Alexander Mitsch gibt Vorsitz auf

Alexander Mitsch gibt nach vier Jahren seinen Vorsitz der WerteUnion auf. Droht nun der Vereinigung die Spaltung? Einige möchten eine neue Richtung oder sogar eine Partei gründen.

picture alliance/dpa | Uwe Anspach

Nach vier Jahren gibt Alexander Mitsch (CDU) seinen Vorsitz der WerteUnion (WU) auf. Mitsch hatte die Vereinigung, die keine anerkannte Parteigliederung der Unionspartei ist, mit gegründet. Gestern gab er in einem Brief an den Bundesvorstand seine Beweggründe bekannt:

„Nach dem jahrelangen, verheerenden Linkskurs der CDU mit dem Aufgeben wesentlicher christdemokratischer Positionen unter dem Vorsitz und der Kanzlerschaft von Frau Merkel hat sich die Partei in den letzten Monaten in einem beängstigenden Tempo weiter von ihren ursprünglichen Positionen entfernt. Das andauernde Versagen bei der Begrenzung und Steuerung der Einwanderung, die Annäherung an „Die Linke“, die zu geringe Gewichtung der Freiheitsrechte in der Coronakrise und die heutige mehrheitliche Zustimmung zur europäischen Schuldenunion machen es mir aktuell unmöglich, mich mit Überzeugung für die CDU in ihrer jetzigen Ausrichtung zu engagieren. Durch die Entscheidung der CDU-Funktionäre gegen Friedrich Merz als Parteivorsitzenden und den nicht erkennbaren Willen des neuen Vorsitzenden zu einer Kurskorrektur, sehe ich kaum noch Chancen auf eine dringend notwendige Politikwende.“

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Außerdem befürchtet Mitsch, dass die möglichen Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) mit Bündnis 90/Die Grünen eine Koalition auf Bundesebene eingehen würden, wodurch wirtschaftsliberale und konservative Postionen weiter aufgegeben werden müssten – „Spätestens dann wäre eine Mitgliedschaft in der CDU für mich nicht nicht mehr tragbar“. Aus diesen Gründen könne Mitsch nicht mehr mit Überzeugung für die Politik der Unionspartei eintreten und stelle sich nicht mehr als Kandidat für den Bundesvorstand auf. Am 29. Mai wählt die Bundesversammlung Mitschs Nachfolger.

Gegenüber TE teilte Alexander Mitsch mit, dass er vorerst CDU-Mitglied bleibe. In seiner Entscheidung über den Verbleib in der Partei ziehe er die Entwicklung der Partei bis einschließlich zur Bundestagswahl mit ein. Er möchte sich zukünftig parteiübergreifend auf Sachthemen fokussieren und Inhalte voranbringen. In dem Brief heißt es, dass er seinen baldigen Freiraum nutzen werde, „um den nächsten Schritt zu gehen“ und sich „organisiert, aber überparteilich für eine Politikwende in Deutschland zu engagieren“. Auch werde er sich „für dynamische Strukturen in der Politik einsetzten, etwa durch Amtszeitbegrenzungen, mehr Bürgerbeteiligung an Entscheidungen und eine Stärkung der Meinungsfreiheit.“

Droht der WerteUnion die Spaltung?

Alexander Mitsch hat als Gründer und Vorsitzender der WerteUnion immer an der Bindung zur CDU/CSU festgehalten. Gegenüber TE sagte er, dass er es für notwendig halte, dass die WerteUnion innerhalb der Unionspartei wirkt. Mit seinem Aufgeben des Vorsitzes könnte er möglicherweise dazu beigetragen haben, dass die WerteUnion innerhalb der CDU einen neuen Kurs einschlägt. Denn seit dem letzten Bundesparteitag der CDU, auf dem Armin Laschet als Parteivorsitzender geworden war, kamen in der WerteUnion große Zweifel am bisherigen Kurs auf. In der Vereinigung hoffte man stark auf Friedrich Merz als konservative Kraft und somit auf einen Kurswechsel der Partei. Die Enttäuschung danach war groß. Die Vereinigung mit mehr als 4.000 Mitgliedern trägt seitdem den Gedanken einer Abspaltung von der Unionspartei mit sich. Es wurde bereits erwogen, eine eigene Partei zu gründen und Gespräche mit politischen Netzwerken geführt.

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Doch es scheint in der WerteUnio Uneinigkeit darüber zu herrschen, in welche Richtung es letztendlich gehen soll. Ein Mitglied der WerteUnion teilte mit, dass wohl eine Mehrheit der Mitglieder an der Unionspartei festhalten möchte. Allerdings gäbe es vereinzelt Tendenzen, sich von der CDU abzukoppeln und darunter wiederum solche, die für eine Zusammenarbeit mit der AfD eintreten. Mögliche Nachfolger seien Mitgliedern zufolge Felix Schönherr (JU), Juliane Ried (CSU) und der Ökonom Max Otte (CDU). Juliane Ried sei die aussichtsreichste Kandidatin, welche die WerteUnion an der Union gekoppelt lassen würde. Felix Schönherr war bis vor kurzem noch Bundespressesprecher der WerteUnion. Gegenüber t-online teilte Schönherr im Januar mit, dass die WerteUnion angeblich 2021 zu einer Partei oder Kampagnenplattform namens „Freiheit2021“, unabhängig von CDU/CSU, entwickelt werden soll.

„Freiheit2023“ ist auch eine Kampagne für die Vorsitzwahl, denn mit dieser Idee gab Felix Schönherr seine Kandidatur bereits im Januar bekannt und wollte Mitsch vom Vorsitz verdrängen. Schönherr und seine Idee „Freiheit2023“ haben keine Berührungsängste, mit der AfD zu kooperieren. Damit ist wohl ein Großteil der WerteUnion nicht einverstanden, denn ein Mitglied teilte mit, dass es bereits einen Vorstandsbeschluss gegen Felix Schönherr gegeben habe, und er seitdem nicht mehr Pressesprecher sei. Die Mehrheit der Mitglieder würde Schönherrs Idee nicht unterstützen. Dennoch gäbe es vereinzelt eindeutig Nähe zur AfD und zwar sowohl zum konservativen als auch rechtsradikalen Flügel. Welche Richtung sich innerhalb der WerteUnion durchsetzen werde, sei derzeit überhaupt nicht abzuschätzen. Mitschs Ankündigung, seinen Vorsitz aufzugeben, mündet nun zweifellos in einem Richtungskampf in der WerteUnion.


Ergänzung: Gegenüber TE äußerte sich Felix Schönherr, dass er sich immer noch als Pressesprecher der WerteUnion sehen würde, obwohl der Vorstand gegen Schönherr einen Beschluss verfasst hat, dass er nicht mehr für die WerteUnion sprechen dürfte. Er wurde von seinen Aufgaben entbunden. Felix Schönherr teilte TE mit, dass er diesen Beschluss aufgrund der Satzung nicht für „rechtlich bindend“ halte und er „keine Veranlassung“ sehe, sich daran zu halten. „Ich bin nach wie vor der Bundespressesprecher der WerteUnion“, behauptet Schönherr entgegen des Bundesvorstandes.

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