Tichys Einblick
Wegschauen hilft nicht

Wer kandidiert da für die FDP?

Wer die Entwicklungen im Fall Kilic in den letzten Tagen in den sozialen Medien verfolgt hat, konnte dort zunächst wieder viele Beispiele dafür finden, wie schwer es geworden ist, Fakten und Fiktion voneinander zu trennen, wenn Reizthemen wie der Islam involviert sind.

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Vor wenigen Tagen kommentierte ein FDP-Politiker auf Tichys Einblick den Fall der muslimischen und kopftuchtragenden Politikerin Aygül Kilic, die von ihrem Ortsverband Neumünster nominiert wurde, in der bald stattfindenden Kommunalwahl für die FDP anzutreten. Eine der offensichtlichen Fragen, die Gerhard Papke für seine Partei aus dem Fall ableitete, lautete: „Wird es in der FDP jetzt zur neuen Normalität, Kandidaten zu präsentieren, die sich demonstrativ als Vertreter des traditionellen Islam zeigen?“

Beliebig gleich liberal?
Die FDP und das Kopftuch
Vor einer Antwort hat sich die FDP – sowohl auf kommunaler wie auch auf Bundesebene – bisher gedrückt. Wer die Entwicklungen im Fall Kilic seitdem auf Twitter verfolgt hat, konnte dort zunächst wieder viele Beispiele dafür finden, wie schwer es geworden ist, Fakten und Fiktion voneinander zu trennen, wenn Reizthemen wie der Islam involviert sind. Eine kopftuchtragende Kandidatin einer deutschen liberalen Partei musste daher fast zwangsläufig Reaktionen hervorrufen, von denen sich einige mittlerweile als inkorrekt und mitunter auch als Rohrkrepierer erwiesen haben.

So wurde Frau Kilic auf Grund ihrer Teilnahme an einer interkulturellen Veranstaltung schnell – um nicht zu sagen vorschnell – eine Nähe zur DITIB und zu den Grauen Wölfen unterstellt. Jedoch stellte sich dann heraus, dass die betreffende Veranstaltung von der örtlichen Kirche organisiert und von diversen auch deutschen Vereinen unterstützt worden ist:

Abgesehen vom fehlenden oder zumindest nicht nachgewiesenen Wahrheitsgehalt sind derartige Schnellschüsse, mit denen man zwar schön polemisieren und Empörung schüren kann, jedoch besonders deswegen unklug, weil sie Gelegenheit bieten, von der eigentlich im Raum stehenden wichtigen Frage der Vereinbarkeit von Kopftuch und liberaler Partei abzulenken und stattdessen die Falschbehauptungen zu thematisieren.

Neuerliche – und dieses Mal faktenbasierte – Bewegung kommt in den Fall Kilic nun durch die ausführliche Recherche eines Twitter-Nutzers, der sich die Mühe gemacht hat, den öffentlich sichtbaren Teil von Frau Kilics Facebook-Seite zu durchleuchten. Im Zuge dessen hat er eine Vielzahl von Frau Kilic geteilten Bildern und Texten zum Vorschein gebracht, die durch ihre Sympathie zu AKP-Politikern und ihre hetzerische und hasserfüllte Haltung gegenüber Israel und den Juden auffallen:

Zu der Recherche gehört auch eine umfangreiche Sammlung an Links, die die entsprechenden Bildausschnitte belegen:

Das persönliche Fazit des betreffenden Nutzers liest sich dementsprechend auch wie ein kleines Manifest dafür, die Werturteile über unsere Mitmenschen auf Basis dessen zu treffen, was wir tatsächlich über sie wissen, anstatt dessen, was wir auf Grund ihres Aussehen oder ihrer Kleidung über sie zu wissen glauben: „Ich persönlich hege große Zweifel an der Authentizität von Aygül Kilics „liberaler“ Haltung, besonders das Favorisieren der AK-Parti zeugt für mich für eine autoritäre Präferenz der Politik. Ich lehne sie politisch ab, aber aufgrund ihrer Inhalte, nicht aufgrund eines Kopftuchs.“

Damit müssen die von Gerhard Papke bereits aufgeworfenen Fragen an die FDP nicht nur wiederholt, sondern sogar verschärft werden: Wenn die FDP eine Politikerin tolerieren will, die in ihrer politischen Funktion ein religiöses Kleidungsstück trägt, dessen Verhältnis zur Selbstbestimmung der Frau zumindest umstritten ist, will die Partei dann auch noch eine Politikerin tolerieren, die sich so ziemlich aller antisemitischen und antiisraelischen Klischees und Lügen bedient?

Man darf gespannt abwarten, ob nun innerhalb der FDP etwas ins Rollen gebracht wird und Wolfgang Kubicki seine Verteidigung der Kandidatin Kilic vielleicht nochmal überdenken muss. Der Ortsverband der FDP am Hackeschen Markt ist jedenfalls bereits vorgeprescht und spricht von einer bereits länger bekannten islamistischen Unterwanderung eines Ortsverbands.