Tichys Einblick
Parteienerosion

Unerwünschte Nachrichten sollen nicht überbracht werden

Interessant an dem kleinen Vorgang ist, dass auch Mitglieder der Flügel oder Gruppen innerhalb der Union Meinungsverschiedenheiten nicht mehr miteinander austragen, sondern über Twitter oder andere Medien.

© Sean Gallup/Getty Images

In welchem Zustand die Union sich befindet, zeigt eine kleine Geschichte der Nachrichten. Da gibt TE eine Pressemeldung wieder, bewertet sie nicht, aber stellt sie in den offenkundigen Zusammenhang. Zwei CDU-Obere im Norden erwägen für den Osten, in dem sie nicht tätig sind, Koalitionen mit der Linkspartei. Und das gibt Reaktionen Union-weit: die aufsehenerregendste darunter vom Sprecher und zwei Stellvertretern des Konservativen Aufbruchs Mittelfranken, die sagen, nicht mit der Linken, sondern der AfD, wenn die CDU im Osten anders keine Mehrheit bilden kann.

Nun sind Nachrichten der klassische journalistische Fall: sagen, was ist. Nicht für die stellvertretende Landessprecherin des Konservativen Aufbruchs in der CSU und nicht für zwei twitternde CDU-Anhänger. Die Sprecherin will, dass TE den Beitrag vom Netz nimmt, weil sich die Mittelfranken nicht mit der Landesebene abgesprochen hätten. Das muss der Konservative Aufbruch bitte unter sich klären und nicht über TE.

Der eine CDU-Anhänger gehört zu denen, die Überbringer von (unerwünschten) Nachrichten bestrafen wollen und auch gleich noch falscher Nachrichten bezichtigen, deren Wiederholung sie nicht wahrer machen würde. Er twittert, TE würde die Erklärung des Aufbruchs Mittelfranken „bejubeln”. Mit Verweis auf den Abgrenzungsbeschluss der Unionsparteien von der Linken von 1992 (!), sagt er, „falsche Behauptungen werden auch durch Wiederholung nicht wahrer!” Da verwechselt er TE mit einer Unions-Gliederung. Eine Leserin retweetet: „Wo sehen Sie ein Jubeln bei dem Bericht?” Sie kriegt keine Antwort.

Hier unsere Antwort: Erstens bejubelt TE keine Partei, keine Koalition, keine Regierung, keine Politiker usw., weil wir uns mit niemandem gemein machen, getreu dem klassischen Motto von Hajo Friedrichs. Zweitens tut TE mit dem Bericht, was Journalismus soll: Sagen, was ist.

Der zweite Twitterer, Mitglied der Union der Mitte, also einer Gegen-Formation des Konservativen Aufbruchs, wiederholt die Unterstellung, TE würde über die Erklärung der Mittelfranken für die AfD-Koalitions-Option der CDU „frohlocken”. Er fängt sich nicht nur den Retweet »Wo sehen Sie ein Frohlocken in diesem Bericht?« ein, sondern auch diesen: »Die „freiheitliche“ Union, die in puncto Bevormundungs- und Verbotsfetischismus den Grünen kaum noch nachsteht…? Brauch ich nicht, will ich nicht, wähl ich nicht, kann weg.« – „Frohlocken” wollte nicht einmal der Engel Aloysius im Himmel. Bei TE gibt es Nachrichten und Meinungen, ohne Jubel und Frohlocken.

Interessant an dem ganzen ist, dass auch Mitglieder derselben Partei oder Gruppe Meinungsverschiedenheiten nicht mehr miteinander austragen, sondern über die Öffntlichkeit. Innerparteiliche Diskussion und Meinungsbildung, einst eine der Säulen des Parteienlebens, ist in die Medien ausgelagert (wie im Parlamentarismus heute). Ein Indiz mehr für den bevorstehenden Bankrott des aus den Fugen geratenen deutschen Parteiensystems, das an seiner eigenen Machtversessenheit und Machtvergessenheit (Richard von Weizsäcker) scheitern wird. Nachrichten von der Überwindung des Parteiensystems wird TE nicht nur übermitteln, sondern kommentieren.

Aber man sollte sich die Absender der linken Union anschauen: Ein Bürgermeister des Weinortes Eltville, der das dortige Weinfest besucht und ein PR-Mitarbeiter von BursonMarsteller. Da weiß man wenigstens, woher sich der Koofmich die Kohle für den nächsten Auftrag erhofft.