Tichys Einblick
Widerspruch im Widerspruch

UN-Migrationspakt: Kasperle-Theater im Bundestag

Migrationspakt: er gilt, er gilt nicht, er verpflichtet doch, aber nur andere - der Deutsche Bundestag wird von der GroKo endgültig zum Kasperle-Theater herabgewürdigt - und die Abgeordneten spielen mit. So viel Verachtung von Volk und Parlament ist mir nicht erinnerlich.

© John MacDougall/AFP/Getty Images
CDU/CSU und SPD haben sich auf einen Entschließungsantrag geeinigt zum UN-Migrationspakt geeinigt. Die GroKo-Fraktionen sollen ihn demnach noch heute, Dienstag, beschließen und der Bundestag am Donnerstag feststellen, dass der umstrittene UN-Migrationspakt „keine einklagbaren Rechte und Pflichten“ begründet und außerdem „keinerlei rechtsändernde oder rechtssetzende Wirkung“ habe. So heiße es in einem gemeinsamen Antrag von Union und SPD, der WELT vorliegt.
Ein Vertrag, der keiner ist?

Mit anderen Worten: Auf Betreiben Deutschlands verhandeln 190 Nationen, und anschließend beschließt Deutschland, dass das protokollierte Ergebnis UN-Migrationspakt keine Bedeutung hat. Das ist nun wirklich schon mehr als ein Witz. Denn in dem Antrag, der heute von den Koalitionsfraktionen angenommen und am Donnerstag im Plenum beschlossen werden soll, heißt es außerdem: „Der Deutsche Bundestag stellt vor diesem Hintergrund fest, dass der Bundestag rechtsändernde oder rechtssetzende Entscheidungen zur Migration trifft.“

Außerdem fordert der Bundestag die Bundesregierung auf „weiterhin sicherzustellen, dass durch den GCM (amtliche Abkürzung für den Migrationspakt!) die nationale Souveränität und das Recht Deutschlands, über seine Migrationspolitik selbst zu bestimmen, nicht beeinträchtigt werden.“ Dazu gehöre, „zu gewährleisten, dass durch den GCM keinerlei deutschen Regelungen eingeschränkt oder ausweitet werden.“ Aha. Noch einmal: Warum machen wir es denn, warum dann der UN-Migrationspakt?

Murks von Maas

Außerdem soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern „weiterhin klar und stringent zwischen legaler und illegaler Migration zu unterscheiden und dabei die Illegale Migration nach Deutschland und Europa auch mit nationalstaatlichen und europäischen Mitteln zu verhindern“. Der gute Rat kommt zu spät. Denn der UN-Migrationspakt ist kein „Flüchtlingspakt”. Für „Flüchtlinge” gibt es das ausufernde deutsche Asylrecht. Das, und der Zuzug von Bürgern der EU, ist „legale“ Migration. Sie berechtigt zum sofortigen Zuzug in den Sozialstaat einschließlich Unterhalt, Wohnen und Rente. „Illegale“ Migration bedeutet: Jeder, der beschließt, sein Heimatland zu verlassen und umzuziehen, kann nach Deutschland kommen.

Bislang ist dieser Unterschied im UN-Migrationspakt nicht gemacht. Was hat da das Auswärtige Amt eigentlich verhandelt? Jedenfalls waren auch andere Ministerien involviert. Anscheinend ist keinem etwas aufgefallen – dass dann wirklich Tür und Tor geöffnet werden. Wir haben wirklich eine tolle Regierung. Gratulation, Heiko Maas, Außenminister, für diese Leistung. Oder ist es Absicht?

Was wollen dieses Parlament und die Regierung?

Durch den raschen Zugang zum Arbeitsmarkt und den geschaffenen Rechtsansprüchen auf einen Aufenthaltstitel ist für illegal eingereiste und abbgelehnte Asylbewerber diese Grenze in den vergangenen Jahren weiter verwischt wurden; das aktuell vorgelegte „Einwanderungsgesetz“ benutzt das Asylrecht als Überholspur zu Einwanderung und schafft weitere Grenzöffnung für Arbeitssuchende. Deshalb verwundert nicht, dass in dem Antrag von Union und SPD der UN-Migrationspakt prinzipiell „begrüßt“ wird. Der Pakt solle „einen Beitrag leisten, Migration stärker zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen“. Und jetzt wird es wirklich kurios. Seitenlang erklären sie, dass der Pakt keinerlei Bindungswirkung habe – um im Anschluß das Nichts zu begrüßen, weil es so positive Wirkung haben wird.

Hier wird die Bevölkerung zweimal für dumm verkauft. Und das Parlament wird mitstimmen – und brav begrüßen. Die Opposition auch: Die Grünen werden noch mehr Einwanderung für sogenannte „Klimaflüchtlinge” fordern. Die LINKE wird internationale Solidarität einklagen, zu Lasten der Beschäftigten in Deutschland, denen die Jobs von Billiglöhner streitig gemacht wird (die LINKE will allerdings, dass über den UN-Migrationspakt selbst im Bundestag abgestimmt wird). Die FDP wird darauf hinweisen, dass die AfD gegen den Pakt ist, weswegen die FDP dafür stimmt. Großartig.

Da eine parlamentarische Befassung mit dem eigentlichen Migrationspakt nicht vorgesehen ist, haben sich die Koalitionsfraktionen entschlossen, wenigstens eine Debatte und Abstimmung über diesen Entschließungsantrag zu führen. Große Themen werden nur auf massiven Druck auf kleiner Flamme abgefertigt. Er soll ebenfalls auf dem CDU-Parteitag kommende Woche debattiert werden. Kritische Berichterstattung über Migration soll es – siehe Regeln UN-Migrationspakt – nicht geben. Tichys Einblick wird berichten.

Der UN-Migrationspakt soll am 11.12. im nordafrikanischen Marrakesch angenommen werden, die UN-Vollversammlung soll ihn im Januar förmlich in die Regelwerke der UNO aufnehmen. Die Bundesregierung hat sein Zustandekommen maßgeblich gestaltet. Aber der Bundestag wird beschließen, dass er in Deutschland keine Bindungswirkung hat. Welche Wirkung wird das alles auf die Bürger der Bundesrepublik entfalten?


Mehr zum Thema:
Roland Tichy (Herausgeber), Der UN-Migrationspakt und seine Auswirkungen. Tichys Einblick, 112 Seiten, 12,00 €.
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