Tichys Einblick
Streit um ÖRR-Bezeichnung

Twitter kennzeichnet die BBC als „staatlich finanziert“ – folgen ARD und ZDF?

Elon Musk verteidigt sich gegen den Vorwurf, die BBC mit der Twitter-Bezeichnung „staatlich finanziert“ falsch zu etikettieren. Es sei sinnvoll, auf Geldquellen aufmerksam zu machen. Die Debatte hat die sozialen Netzwerke in Deutschland erreicht – und Mitarbeitern des ÖRR schwant Übles.

IMAGO / ZUMA Wire

Twitter kennzeichnet die BBC als „government funded“ (staatlich finanziert) – und nicht nur in der englischsprachigen Welt sorgt das für Ärger. Dass die bekannteste Rundfunkanstalt der Erde sich bei Twitter beschwert hat, versteht sich selbst. „Die BBC ist unabhängig und ist es immer gewesen“, teilte der Sender am Sonntag mit. „Wir werden durch die Rundfunkgebühren von der britischen Öffentlichkeit finanziert.“

In einem offiziellen Schreiben betonte Twitter-Eigentümer Elon Musk, dass es sinnvoll sei, auf Eigentumsverhältnisse und Geldquellen aufmerksam zu machen. „Meiner Meinung nach sollten Medien selbstreflexiv sein und nicht fälschlicherweise behaupten, völlig unvoreingenommen zu sein. Alle Organisationen sind voreingenommen, manche natürlich mehr als andere“, so Musk weiter. Er persönlich halte die BBC für eine der wenigsten voreingenommenen Organisationen.

Gebühren sollen auf bis zu 25 Euro steigen
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: 20 Euro im Monat sind nicht genug
Auf Twitter selbst erweckte Musk jedoch einen anderen Eindruck. Im Gespräch mit einem User fragte er ironisch: „Wofür steht BBC nochmal? Ich vergesse immer wieder.“ In einem anderen Gesprächsfaden sagte Musk: „Wir müssen dem redaktionellen Einfluss mehr Kleinteiligkeit hinzufügen, da er sehr unterschiedlich ist. Ich glaube nicht, dass die BBC so voreingenommen ist wie einige andere staatlich finanzierte Medien, aber es ist dumm von der BBC, keinen Einfluss zu behaupten.“

Die Auseinandersetzung um die Bezeichnung der BBC entwickelte sich im deutschen Sprachraum bald zu einem Stellvertreterkampf. Denn was für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Großbritanniens gilt, könnte bald auch für die Sendeanstalten in Deutschland gelten, die gerne für sich selbst den Anspruch erheben, nach dem Vorbild der BBC aufgebaut worden zu sein.

Insofern war das Thema ein Anliegen des ÖRR und seiner Mitarbeiter. Rolf Büllmann, ehemaliger ARD-Korrespondent und heute für den Radiosender Bayern 2 tätig, schrieb: „Jetzt bezeichnet Twitter die BBC als ‚government funded‘. Öffentlich – rechtliche, beitragsfinanzierte Sender sind weder ‚von der Regierung finanziert‘ noch ‚staatliche Medien‘.“

Annette Dittert, ARD-Korrespondentin in London, wandte sich an Elon Musk und beharrte ebenfalls darauf, dass die BBC ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei, sie werde über ein Gebührensystem betrieben, was „völlig anders“ sei als eine staatliche Finanzierung.

Auch Journalisten, die nicht aus der öffentlich-rechtlichen Senderfamilie entstammten, kritisierten den Vorgang. „Noch haben Musks Minions nicht den ÖRR entdeckt. Nächste Woche dann ‚government funded media‘, wie jetzt schon BBC, und dann den ganzen Tag Staatsfunkdebatten mit Elon-Bros, gar keinen Bock“, erklärte Hendrik Wieduwilt, früher Pressesprecher im Bundesjustizministerium und ehemaliger ZDF-Moderator. Auch „Reporter ohne Grenzen“ kritisierten den Vorgang.

Bereits in den vergangenen Tagen und Wochen hatte Twitter damit begonnen, Accounts von Nachrichtenformaten zu kennzeichnen. So hatte auch der US-Sender NPR die Bezeichnung „government funded“ erhalten. Wegen des Streits mit Twitter hat NPR seit dem 5. April seinen Account nicht mehr bedient.

Anzeige