Tichys Einblick
Antisemitismus in Deutschland

Thorsten Kraft: „Stellen Sie die Sicherheit her, die nicht nur uns jüdischen Mitbürgern zusteht“

Warum sollen jüdische Gemeinden die Kosten für den Schutz von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen übernehmen? Die Bundesregierung hat die Warnzeichen überhört. Ein jüdischer Bürger fordert endlich Taten.

© Carsten Koall/Getty Images

Wenn Frau Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) davon spricht, dass Halle ein Alarmzeichen ist, erklärt sie in Wahrheit einen Offenbarungseid deutscher Politik. Denn es ist eher ein Anzeichen dafür, dass sie sowie alle anderen in der Bundesregierung sämtliche Warnzeichen – und derer gab es viele – überhört haben.
Während Sie in hoffnungsloser Hysterie einem utopischen 2 Grad-Ziel zur Klimarettung hinterherhecheln, sorgt Ihre brandgefährliche Innen- und Außenpolitik für ein toxisches gesellschaftliches Klima. Es wäre an der Zeit, dass Sie sich hier um eine Abkühlung bemühen – denn hier können Sie tatsächlich etwas erreichen und bewirken – in dem Sie die eigenen Brände löschen, die Ihre CDU mit den Granden der SPD gelegt haben, löschen und die Brandstifter in Ihren Reihen zurückpfeifen.

Darüberhinaus frage ich mich, warum jüdische Gemeinden teilweise bis zu 100% der Kosten für den Objekt- und Personenschutz vor Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen übernehmen sollen, in einem Land, das von sich behauptet, alles dafür zu tun, dass wir jüdischen Bürger uns sicher, frei und erwünscht fühlen. Reicht es denn nicht, dass wir Steuern dafür aufbringen, dass dieser Staat für unser aller Sicherheit sorgt?

Zum Anschlag in Halle
Nach dem Anschlag von Halle: Deutsche, Juden und Israel
Mich erinnert das ein wenig an die mittelalterliche Praxis, dem sogenannten Judenregal, einer Sondersteuer für Juden, bei dem sogenannte Schutzjuden gegen Bezahlung von Gebühren unter den Schutz des Kaisers gestellt wurden oder der vergleichbaren Praxis im osmanischen Reich, als Juden vor der spanischen Inquisition ins multikulturelle islamische Imperium flohen, das Juden, wie auch anderen religiösen Minderheiten, Religionsfreiheit erlaubte – allerdings unter besonderen Steuerleistungen.

In einem Land, in dem die Regierung dafür sorgt, dass ein mehr an Personen ins Land einreist, die daran glauben, dass „der Jude an allem bösen dieser Welt schuld ist“, ein Glaube, der hierzulande schon immer existierte, man sich jedoch bis vor wenigen Jahren eher selten traute, das offen zu sagen, ist diese Praxis ein Unding.
Alarmsignale hätten gehört werden müssen, als in Berlin, Dortmund und Essen hunderte Extremisten mit Bannern durch die Straßen schwadronierten, auf dem offen „Israel ist unser Unglück“ zu lesen war oder „Jude, Jude feige Sau, komm‘ heraus und kämpfe“ gebrüllt wurde. Auch schwingen mir noch deutlich die arabisch-sprachigen Rufe nach „Juden ins Gas“ im Ohr, zwar von Arabern auf den Al-Quds-Tagen unbestraft geäußert, aber eine von vielen Rechtsextremen geteilte „Meinung“.

Stellen Sie endlich die Sicherheit her, die nicht nur uns jüdischen Mitbürgern zusteht, und entbinden Sie jüdische Bürger von dieser Sondersteuer. Denn wäre an diesem Tag dort ein Polizeiwagen gestanden – wovon der Bürger übrigens ausgeht, dass es so wäre – hätte der Amokläufer nicht in aller Seelenruhe dort zwei Menschen ermordet. Diese so abgestellten Polizeikräfte dienen also ohnehin der Sicherheit sämtlicher Bürger dieses Landes, auch wenn man sie wohl primär vor jüdische Einrichtungen stellen muss.

Wo bleibt Ihr dazugehöriges Klimapaket? Lassen Sie endlich Taten folgen.


Zuerst hier erschienen


Thorsten Kraft, M.S./Ph.D. Computer Science, studierte nach seinem Wehrdienst bei den Israel Defence Forces Informationssicherheit in Tel Aviv und Berkeley. Er arbeitete zunächst als IT Security Spezialist bei namhaften Telekommunikationsunternehmen in den Bereichen Kommunikation und Internet. Im weiteren Verlauf seiner Karriere verantwortete er für den Branchenverband eco e.V. den Bereich Cyber Defence und projektierte mehrere nationale und europäische Projekte im Bereich der Cyber Crime-Abwehr. Seit 2015 ist er beratend im Bereich kritische Infrastrukturen tätig. – ALLE – Allianz Liberaler und Libertärer Europäer

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