Tichys Einblick
BIS ZU 10.170 EURO RÜCKWIRKEND

Staatsdiener werden gepampert – der Rest muss schauen, wo er bleibt

Nachzahlungen für Beamte wegen der Inflation und steigenden Mieten bis über 10.500 Euro. Manch einer schämt sich deswegen – aber nur „ein bisschen“.

Steigende Energiekosten, hohe Mieten und Mietnebenkosten, der Bürger kommt an die Belastungsgrenze. Dagegen dürften Beamte mit Familie in Mecklenburg-Vorpommern auf Nachzahlungen hoffen, berichtete unlängst der Münchner Merkur. Die Familienzuschläge in den unteren Besoldungsgruppen werden laut Angaben des Finanzministeriums in Schwerin rückwirkend zum 1. Januar 2022 erhöht. Für den Zeitraum zwischen Januar und November könnten dann bis zu rund 2.160 Euro je nach Gehaltsgruppe nachgezahlt werden. Offenbar betreffen diese „Nachzahlungen“ rund 1,7 Millionen Beamte in der Republik.

Pünktlich zur Bescherung:
Satte Zuschüsse für Beamte ab Dezember
Auch die Lehrer werden mit Nachzahlungen beglückt, und die fällt umso kräftiger aus, je mehr Kinder sich in den Familien befinden. In NRW, wo ein Lehrer wohnhaft ist – der namentlich nicht genannt werden möchte – bekommen Lehrkräfte dadurch bis zu 10.170 Euro rückwirkend. Die Anpassung sei durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 notwendig geworden, wonach die Bezüge an die Preisentwicklung anzupassen seien, berichtet der Merkur.

Die Kindergelderhöhungen, die im Zuge des dritten Entlastungspaket des Bundes auf 250 Euro pro Kind ab Januar 2023 gezahlt werden, dürften Beamte jedoch ebenfalls erhalten. Besagter Lehrer in NRW darf sich über eine Nachzahlung von 4.549,16 Euro freuen – dazu erhält er seit 1. Dezember 413,56 Euro mehr im Monat. „Die Gründe verstehe ich, der Zeitpunkt ist maximal ungünstig“, sagt Mayer am Telefon. Deswegen möchte er auch nicht mit seinem richtigen Namen genannt werden. Je teurer der Wohnort, in dem ein Beamter lebt, und je mehr Kinder er hat, desto höher fällt das Plus aus.

Die Bild-Zeitung listet auf: In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen steigt zum 1. Dezember der sogenannte Familienzuschlag. Im Südwesten sollen Beamte außerdem rückwirkend für drei Jahre entschädigt werden. Das dürften je nach Wohnort und Kinderzahl bis zu 7.200 Euro sein. In NRW gibt es rückwirkend für elf Monate bis zu 4.550 Euro (ein Kind) beziehungsweise 10.170 Euro (zwei Kinder), so die Rheinische Post. Die meisten Bundesländer wollen zügig nachziehen, ergab eine Bild-Umfrage. In Bayern zum Beispiel berät das Kabinett über Höhe und Datum. Hessen überweist den Aufschlag zum 1. April. Berlin, das ebenfalls zum 1. Dezember die Bezüge erhöht, will auf Rückwirkung und Nachzahlungen verzichten.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Mehr Geld für Beamte wegen der Einführung des Bürgergeldes
Dabei sei der Grundgedanke hinter der Erhöhung so simpel wie nachvollziehbar, so der Münchner Merkur. Es solle gewährleistet werden, dass Staatsbedienstete sich steigende Mieten weiter leisten können. Zwischen Grundsicherung und dem Beamtensold in der untersten Stufe müssen 15 Prozent Unterschied liegen. Lehrer Mayer wohnt seit Jahren in einer Genossenschaftswohnung, die 1200 Euro warm kostet. Im April fängt seine Frau wieder an zu arbeiten. Seine Familie brauche das Geld nicht, um den Lebensstandard zu halten, viele Kollegen allerdings schon. Trotzdem schäme er sich ein bisschen.

Indessen spricht sich Finanzminister Christian Lindner gegen weitere Entlastungen der Bürger aus. Mit den Preisbremsen für Strom und Gas sowie anderen Maßnahmen seien die Entlastungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Er sei damit finanziell „an die Grenze“ gegangen. Überschreiten werde er sie nicht. Dem Finanzminister zufolge könnten die Preisbremsen die Inflation dämpfen. Langfristig müsse Deutschland aber seinen gesellschaftlichen Wohlstand neu begründen. „Wir werden gerade kollektiv ärmer“, sagte Lindner. „Wir müssen daher unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, damit unsere Wirtschaft in der Lage ist, durch den Verkauf höherwertiger Produkte und Dienstleistungen höhere Löhne zu zahlen. Es stehen bis zu 200 Milliarden Euro für die Preisbremsen und Härtefallhilfe zur Verfügung. Wir werden das Geld in den kommenden Jahren einsetzen.“

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