Tichys Einblick
Auffallende Zurückhaltung der Erklärungen

Wer ist für den Raketeneinschlag in Polen verantwortlich?

Augenfällig ist, wie alle Seiten versuchten, den Vorfall in Polen »herunterzuspielen«. Dies zeigt auch, wie gefährlich es ist, wenn mitten in Europa weitreichende Raketen herumfliegen, die häufig genug nicht mehr so wirklich unter Kontrolle stehen.

Screenprint: ZDF / Morgenmagazin
Zwei Menschen starben, als es bei dem polnischen Dorf Przewodów nahe der Grenze zur Ukraine eine Explosion gab. Die Ursache war der Einschlag einer Rakete, doch woher sie kam und wer sie abgeschossen hat, blieb offen.

Die polnische Regierung erklärte am frühen Morgen, es sei eine Rakete aus russischer Produktion gewesen. Doch auch sie vermochte nichts darüber zu sagen, wer sie abgeschossen hat. Der Einschlag erfolgte nur sechs Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.

Der russische Botschafter in Warschau sei einbestellt worden, um sofort detaillierte Erklärungen für den Vorfall zu liefern. In Polen wurde der nationale Sicherheitsrat einberufen und die Armee in erhöhte Bereitschaft versetzt. Heute halten die Nato-Botschafter eine Dringlichkeitssitzung ab.

Die Nachrichtenagentur AP zitierte zuvor einen hochrangigen US-Geheimdienstmitarbeiter mit der Aussage, die Explosion sei auf russische Raketen zurückzuführen, die nach Polen gelangt seien.
Das Pentagon erklärte laut Nachrichtenagentur Reuters jedoch am Abend, es könne diese Darstellung nicht bestätigen.

Pentagon-Sprecher Brigadegeneral Ryder erklärte, von den Berichten über einen Einschlag zu wissen. Jedoch lägen derzeit keine Informationen vor, die diese Berichte bestätigen. Die Angelegenheit werde weiter geprüft. Untersucht wird, ob es sich um verirrte Geschosse der massiven Angriffswellen auf zivile Ziele der Ukraine gehandelt haben könnte.

Das Weiße Haus erklärte zunächst ebenfalls, es könne die Berichte aus Polen nicht bestätigen und arbeite mit der polnischen Regierung zusammen, um weitere Informationen zu sammeln.

Wie Reuters weiter meldete, dementierte das russische Verteidigungsministerium Berichte, wonach russische Raketen polnisches Territorium getroffen hätten. Es bezeichnete sie als »bewusste Provokation mit dem Ziel, die Situation zu eskalieren«. Das Ministerium fügte in einer Erklärung hinzu: »Es wurden keine Ziele in der Nähe der ukrainisch-polnischen Staatsgrenze mit russischen Zerstörungsmitteln angegriffen.«

Die polnische Regierung erklärte zwar, dass es sich um eine Rakete aus russischer Produktion handelte, damit sagte sie ausdrücklich nichts darüber, woher sie kam und wer sie abgeschossen hat. Eine Spekulation, die in der Nacht aufgekommen war: Der Einschlag sei das Resultat einer veränderten Flugbahn nach einem ukrainischen Abwehrversuch. Die Ukraine dementierte. Dies zeigt, wie aufgeheizt die Lage mittlerweile geworden ist.

Augenfällig ist, wie alle Seiten versuchten, den Vorfall »herunterzuspielen«. Dies zeigt auch, wie gefährlich es ist, wenn mitten in Europa weitreichende Raketen herumfliegen, die häufig genug nicht mehr so wirklich unter Kontrolle stehen.

Anzeige