Tichys Einblick
Der Staat wächst durch Versagen

Rainer Wendt: Entschiedenes Handeln gegen Antisemitismus

Sanktionen und Einschränkungen der persönlichen Freiheiten, Gesinnungsschnüffelei, Rechtsunsicherheiten und der Ausbau eines Polizeistaates trifft am Ende jeden Bürger unabhängig seiner Herkunft. Und unabhängig davon, gegen wen sich das zunächst richtet.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, gibt gerne den Hardliner. Aber das jahrzehntelange CDU-Mitglied grenzt sich auch in aller Deutlichkeit ab – wie Ende 2016 gegenüber der Welt: „Ich habe keinerlei Sympathie für die sogenannte Alternative für Deutschland, die müssen wieder schwächer werden.“ Aber wo steht Wendt? Was er aktuell gegenüber der Augsburger Allgemeinen äußerte, lässt kaum Zweifel daran, dass der christdemokratische Gewerkschafter nur noch aus Gewohnheit eben das ist: Mitglied in der Partei der „Wir-schaffen-das“-Kanzlerin. Oder doch alles nur Lippenbekenntnisse?

Rainer Wendt fordert im Interview ein entschiedenes Handeln gegen Antisemitismus, auch wenn der von Migranten ausgeht: „Wenn Kinder zu Antisemiten erzogen werden, darf man nicht davor zurückschrecken, sie aus ihren Familien herauszunehmen.“ Die Zeitung argumentiert gegenüber Wendt, laut Statistik würde doch die überwiegende Zahl der antisemitischen Vorfälle von Rechtsradikale begangen. Das weißt Wendt entschieden zurück: „An der Art, wie diese Straftaten bisher erfasst werden, sind erhebliche Zweifel angebracht.“ Es sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, was von Muslimen begangene antisemitische Taten betrifft.

Was nun genau mit den Kindern geschehen solle, die er dem antisemitischen Milieu entziehen will, bleibt Wendt allerdings schuldig. Im Zweifel bedeutet das dann noch mehr Betreuung, also noch mehr Kosten: Wenn sich die jüngste Forderung der Union als Willensbekundung erweisen sollte, antisemitische Zuwanderer konsequent auszuweisen. Und sollte Antisemitismus unter arabischen Migranten eher die Regel als die Ausnahme sein, dann wären Massenausweisungen die Folge. Die Union schränkte daher ein: Ausgewiesen werden soll nur, wer seine antisemitische Gesinnung in einen Aufruf zu Hass umwandelt: Es sollen solche Ausländer des Landes verweisen werden, die zu antisemitischem Hass aufrufen“. Im Unionsentwurf klingt das so: „ …den Aufruf zum Hass gegen Teile der Bevölkerung künftig als deutlich gravierender einzustufen und der Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens durch geistige Brandstifter frühzeitig durch die Einstufung dieser Verhaltensweise als besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse entgegenzutreten“. Was soll das sein? Will man nun ernst machen oder ist das doch nur eine Show, eine populistische Positionierung zur verbalen Schadensregulierung der Politik ihrer Parteischefin, der am Ende keine Taten folgen werden?

Polizeischüler aus arabischen Großfamilien
Rivalisierende Clans in der Berliner Polizei?
Rainer Wendt positionierte sich im Interview mit der Augsburger Zeitung auch zu den Hintergründen zunehmender Messerangriffe: „Es gibt Studien, etwa aus Hessen, die nahelegen, dass immer mehr Personen, meist Jugendliche oder junge Männer, Messer bei sich tragen. Und es deutet einiges darauf hin, dass dies bei Zuwanderern besonders häufig der Fall ist.“ In manchen Kulturen sei das Tragen eines Messers für Männer normal. „Wir müssen klar machen, dass dies bei uns nicht der Fall ist. (…) Wir sind keine schusswaffentragende Gesellschaft wie etwa die USA. Ich denke, wir sollten auch keine messertragende Gesellschaft werden.“

Auch zu den geringen Abschiebezahlen hat Wendt eine Meinung: „Wir müssen wissen, wer ins Land kommt und die Abschiebe-Verhinderungsindustrie in den Griff bekommen.“ Für Wendt sind es die zahlreichen Verbände, Ärzte und Anwälte, die alle Register ziehen würden, um Abschiebungen zu verhindern. „So kommt es, dass es im vergangenen Jahr nur 24.000 Abschiebungen gegeben hat – diese Zahl ist ein Witz. Durch eine Residenzpflicht in den Ankerzentren kann verhindert werden, dass Asylbewerber abtauchen, um sich Abschiebungen zu entziehen.“ Die allerdings könne man nicht ausreichend bewachen, weiß Wendt. Die Residenzpflicht könne im Ernstfall nicht durchgesetzt werden, wenn nicht 50.000 Polizisten zusätzlich eingestellt würden. Wo die allerdings herkommen sollen, bleibt Wendt schuldig. Berlin jedenfalls hat gezeigt, wie es nicht geht, als die Polizei mit zweifelhaften Gestalten aufgestockt wurde.

Mehr Polizei, konsequentere Verfolgung von Straftaten, härtere Sanktionen. Neu sind solche Forderungen nicht. Neuerdings kommen sie sogar aus der Ecke der Union. Messen lassen müssen sich diese Lippenbekenntnisse aber an Taten, die ihnen folgen. Wenn sie folgen. Und was auch klar sein muss: Wer in Sachen Antisemitismus Lehrer zur Gesinnungsschnüffelei animiert, der mag damit auf der richtigen Seite liegen, aber der macht ein Tor auf, der etabliert auch solche Vorgehensweisen, die dann jederzeit in jede Richtung angewandt werden können. Die Freiheit des Bürgers basierte aber bisher auch auf gegenseitigem Vertrauen in einen gemeinsamen Wertekanon. Sanktionen und Einschränkungen der persönlichen Freiheiten, Gesinnungsschnüffelei, Rechtsunsicherheiten und der Ausbau eines Polizeistaates trifft am Ende jeden Bürger unabhängig seiner Herkunft.