Tichys Einblick
Strategien der Desensibilisierung

Politik für den gekochten Frosch

Ein Frosch springt aus dem Topf, wird er in heißes Wasser gesetzt. Setzt man ihn in kaltes Wasser, das man allmählich erhitzt, passt er sich an – und merkt nichts, bis er kollabiert. Dieses Rezept wird offensichtlich auch in der Politik benutzt. 66 Zumutungen, denen sich die Leute anpassen.

Grace Evans

Frösche sind Wechselblüter, ebenso wie Fische, Reptilien und Amphibien. Das bedeutet, dass Frösche ihre Körpertemperatur der Umgebung anpassen, solange die Temperaturänderung nicht zu rasch erfolgt. Setzt man sie zum Beispiel in sehr heißes Wasser, springen sie sofort wieder heraus. Setzt man sie einer langsamen Steigerung der Wassertemperatur aus, passen sie sich an – allerdings auch über ihre Anpassungsfähigkeit hinaus; am Ende spüren sie nicht, dass die Temperatur lebensbedrohlich hoch wird.

Setzt man einen Frosch also in einen Topf mit kaltem Wasser und erhitzt dieses ganz, ganz langsam, harrt der Frosch dort aus – bis es zu spät ist. Seine Temperaturtoleranz ist überfordert, es ereilt ihn der Hitzetod, weil seine Herz- und Atemfrequenz exponentiell nach oben durchknallt. „Boiled-Frog-Effekt“ nennt man das. Dieser geht auf Experimente der Physiologen Friedrich Leopold Goltz (1869) und William Thompson Sedgwick (1882) zurück. Sie setzten Frösche in kaltes Wasser und erhitzten es langsam um etwa 0,002 Grad pro Minute. Der Frosch bekam davon nichts mit; er war nach einigen Tagen gegart – und tot.

Gnadenakte der Regierenden
Wenn Politiker die Menschen zu sehr lieben
So ähnlich scheint es mit Deutschland zu gehen. Man hat sich akklimatisiert und politisch korrekt arrangiert, man merkt nicht mehr, dass die Umstände immer seltsamer, ja bedrohlicher werden. Das Alarmsystem funktioniert nicht, es ist paralysiert. Der naive Wähler (eigentlich ja der Souverän) macht zu großen Teilen alles mit, was ihm an mindestens 66-facher Dosis eingeträufelt wird:
  • die permanente Preisgabe nationaler Souveränität,
  • die schleichende Umwandlung der Demokratie in eine Demokratur,
  • die Blockbildung arrivierter Parteien,
  • die mangelnde Bereitschaft zur Aufarbeitung einer Herrschaft des Unrechts,
  • der (Selbst-)Hass gegen alles Deutsche, gepaart mit deutschem Sündenstolz,
  • die ständige Verwechslung von EU und Europa,
  • der Weg in eine EU-Schuldenunion,
  • die Zufriedenheit mit der Kellnerrolle in einer vom Koch Frankreich dominierten EU,
  • die überhebliche Pflege von Sündenböcken, selbst wenn sie demokratisch legitimiert sind (Trump, Johnson, Netanjahu, Orban, Salvini),
  • der Verrat der Sozialdemokraten an ihrer vormaligen Klientel,
  • das aufgesetzte „C“ im Namen der Unionsparteien,
  • das kümmerliche Dasein einer liberalen Partei,
  • der Scheinheiligenschein von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke,
  • die Umkehr der Kontrollaufgabe – die Regierung kontrolliert das Parlament,
  • die Laissez-faire-Rechtsprechung, die Diskreditierung der leidvoll manipulationserfahrenen und ferngesteuerten Ostdeutschen als Bewohner von „Dunkeldeutschland“,
  • die Abwertung aller Lebenserfahrung zur Gesinnung „alter weißer Männer“,
  • die Pathologisierung Andersdenkender (als islamo-, xeno-, homophob),
  • die Diskreditierung aller Positionen einen Millimeter rechts vom Kanzleramt als „rrrächts“, oder zumindest „rechtspopulistisch“,
  • der Triumph linker und gutmenschlicher Gesinnung über jegliche Urteilskraft,
  • das Anbiedern der Politik an pubertäres, ja infantiles Gehabe,
  • die Ver-Twitterung und das Talkshow-Styling politischer Botschaften,
  • der fortschreitende Verlust des antitotalitären Grundkonsens,
  • die staatliche Alimentierung von Antifa-Kräften,
  • das Tolerieren politisch motivierter Gewalt,
  • die Toleranz gegenüber der Intoleranz,
  • das Tolerieren von Parallelgesellschaften,
  • die Duldung massenhaften Asylmissbrauchs,
  • das Beschweigen der Kosten der Flüchtlingszuströme,
  • die fortschreitende Islamisierung der Republik durch deren geduldete Schariaisierung (Vielehe, Kinderehe, Ehrenmorde, Beschneidung, Schächten),
  • der Verzicht des Staates auf sein Gewaltmonopol angesichts von Clankriminalität und Jugendbanden,
  • die Schändung christlicher Symbole,
  • das Beschweigen von Straftaten und die Bagatellisierung der Gewalttaten von „Flüchtlingen“ als Einzelfälle psychisch Auffälliger,
  • die Untätigkeit angesichts der Sorgen jüdischer Mitbürger um Hab und Gut, Leib und Leben,
  • der Verfall der Bundeswehr,
  • der naive, oft militante Pazifismus,
  • die windschnittige Politisierung der Kirchen,
  • die Atomisierung der Familie,
  • die Entmündigung der Eltern,
  • der Geburtenschwund,
  • die 100 000-fache Tötung ungeborenen Lebens,
  • die Sprach- und Gesinnungsdiktate,
  • die Inflation der Anglizismen,
  • der Verfall des Bildungswesens,
  • das Verschwinden der deutschen Sprache auf EU-Ebene und in den Wissenschaften,
  • der Gender-Irrsinn in Wissenschaft, Pädagogik und Linguistik,
  • der Versuch einer Überwindung der Zweigeschlechtlichkeit,
  • das Hofieren von 0,2-Prozent-Minderheiten,
  • die exhibitionistische Prostitution des Intimen,
  • die Warnung an Frauen, abends nicht allein auf die Straße zu gehen, und die Empfehlung, sich „züchtig“ und „unisex“ zu kleiden,
  • die polizeiamtliche Warnung, aggressiven „Jugendlichen südländischen Aussehens“ nicht in die Augen zu schauen,
  • die Pseudoakademisierung und der Verlust an Facharbeitern,
  • der Verzicht auf bewährte deutsche Bildungsabschlüsse,
  • die permanente Herrschaft des Unrechts (Grenzöffnung, Schulschwänzerei),
  • der Öko-, CO2-, Klimapopulismus,
  • der größenwahnsinnige Glaube, man könne Klima mittels Steuern „steuern“,
  • die Zerstörung von Kulturlandschaften durch Windräder,
  • der Verzicht auf die weltweit sichersten Atomkraftwerke,
  • die Zerstörung wichtiger Industriezweige wie der Automobilindustrie,
  • die explodierenden Energiepreise,
  • die Tricksereien mit Messstationen und Messwerten,
  • die Enteignung des Ersparten durch eine Nullzinspolitik,
  • die permanente Besetzung politischer und medialer Spitzenämter mit
    Nieten,
  • die zwangsgebührenfinanzierte mediale Indoktrination,
  • die klammheimliche Zensur der neuen Medien,
  • die 100 000-fache Abwanderung von Fachkräften.

66 „Boiled-Frog“-Effekte. Dieses Projekt soll die „Menschen draußen“ so lange desensibilisieren, bis sie Fehlentwicklungen nicht mehr als Fehlentwicklungen, sondern als Notwendigkeiten oder zumindest als schicksalhafte Fügungen ansehen. Das Erschreckende ist, dass all dies in immer dichterer Folge geschiehtt und dass nicht wenige „Forscher“, „Experten“, „Wissenschaftler“ und „Stiftungen“ daran mitarbeiten.

„Nudge“ (wörtlich: schubsen, stupsen) heißt diese Methode. Sie ist zu verstehen als ein medial und politisch permanent multiplizierter Anstoß oder als permanent suggestive Aufforderung an die Menschen, etwas so oder so „wahr“- zunehmen, sich so oder so zu verhalten. Mit dieser Methode werden die Regierten von den Regierenden oder von anderen meinungsbildenden Mächten als überwiegend irrational Handelnde angesehen; sie sollen am Ende – wie der „boiled frog“ – weichgekocht sein und glauben, was ihnen vorgesetzt wird.

Deutschlands politische Obergouvernante, die Bertelsmann Stiftung, treibt das Ganze auf die Spitze. Bezeichnend für sie ist der Strategieentwurf aus dem Jahr 2009 unter dem Titel: „Die Kunst des Reformierens: konzeptionelle Überlegungen zu einer erfolgreichen Regierungsstrategie. ZukunftRegieren: Beiträge für eine gestaltungsfähige Politik“ (Heft 3, 2009, Gütersloh). Es ist ein erschreckender Text, der wohl deshalb auf den Internetseiten der Bertelsmann Stiftung nicht mehr zu finden ist.

Der „Beitrag“ war ein Vademecum für die Durchsetzung von Reformen gegen den Willen der Bürger und zur Ausschaltung von „Vetospielern“. Dafür bedürfe es unter anderem einer Schwächung des „Widerstandspotenzials“ und dessen Aufbrechen mittels eines „geschickten Partizipationsstils“. „Um ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden, muss eine Regierung sich im Zweifelsfall auch gegen den empirischen und kontingenten Volkswillen durchsetzen. Politische Entscheidungen, die der gegebenen Mehrheitsmeinung entgegenstehen, sind nur auf den ersten Blick demokratietheoretisch bedenklich.“

Der Effekt ist beim Bürger Normalo jedenfalls immer der gleiche: Er wird wie ein Frosch gegart.

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