Tichys Einblick
Nach Rede auf CDU-Grundsatzkonvent:

Claudia Pechstein und der Eifer linker „Eliten“

Claudia Pechstein ist nicht nur verdiente Olympionikin, sie ist als Polizeihauptmeisterin bis heute ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft. In dieser Funktion wagte sie es am CDU-Grundsatzkonvent, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Medien und rot-grüne Politiker wittern nun einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht und bezeichnen den Inhalt ihrer Rede als rassistisch.

IMAGO/IPON

Die Polizeihauptmeisterin und 5-fache Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein hielt beim CDU-Grundsatzkonvent am 17. Juni in Berlin eine Rede, die in der Medienöffentlichkeit große Wellen schlug. Während Friedrich Merz ihre Rede als „brillant“ bezeichnete, hagelte es Kritik von links für Pechsteins Zweifel an Gendersternchen und ihrer offenkundigen Unterstützung für die traditionelle Familie. Um sowohl Pechsteins Position als auch die Reaktionen auf ihre Rede verhältnismäßig abzubilden, folgt hier die ungekürzte Wiedergabe ihrer Rede:

„Es wird Sie sicher nicht überraschen, wenn ich anrege, grundsätzlich den breiten Vereins- und Schulsport zu stärken. Nur wer hier gute Bedingungen schafft, darf darauf hoffen, dass auch der Spitzensport davon profitieren kann. Und dabei ist natürlich auch das Ehrenamt nicht zu vergessen. Denn ohne Ehrenamt finden keine Veranstaltungen, keine sportlichen Veranstaltungen statt, keine Wettkämpfe. Auch ich habe davon jahrelang profitiert. Und einen ganz, ganz herzlichen Dank auch an dieser Stelle an das Ehrenamt.

Wir haben hierzulande rund 86.000 Vereine mit mehr als 23 Millionen Mitgliedern. Das entspricht etwa 37 Prozent der deutschen Bevölkerung. Das ist gewaltig. Und dennoch sind die Zahlen rückläufig. Der Nachwuchs ist häufig lieber zu Hause vor der Konsole, als sich aktiv zu bewegen. Das Problem beginnt schon in der Schule: In die Hände klatschen, ein paar Kniebeugen machen reicht für die Kinder genauso wenig wie nur eine Stunde Sport im wöchentlichen Unterricht. Schon jetzt haben viele Kids Probleme, einen Purzelbaum zu schlagen. Das sollte uns alle alarmieren.
Denn grundsätzlich gilt: Mangelnde Fitness in früheren Jahren wird nicht dazu beitragen, später die Gesundheitskassen zu entlasten. Vom mangelnden Anreiz für den Spitzensport ganz zu schweigen. Ich kann es aus meiner eigenen, jahrelangen Erfahrung berichten, dass heute auf Weltcup-Reisen die nächste Shoppingtour für manche Läuferinnen den gleichen Anreiz ausübt wie die Wettkämpfe auf dem Eis. Und es gab Zeiten, da war das undenkbar. Ich bin nicht hier, um meine eigenen Leistungen zu schmälern. Aber es dürfte eigentlich nicht möglich sein, dass eine 51-jährige in einer olympischen Sportart noch deutsche Meisterin wird. Bei unseren Nachbarn in den Niederlanden wäre ich schon längst in der Rente.

Um es mit den Worten von Altkanzler Helmut Kohl zu sagen: Leistung muss sich wieder lohnen. Es gibt Nationen, da haben Olympiasieger für ihr späteres Leben ausgesorgt. Ich habe fünfmal olympisches Gold gewonnen und bin trotzdem weit davon entfernt. Da ich in meinem Alter auch weit davon entfernt bin, ein sechstes Mal Olympiasiegerin zu werden, kann mir niemand Eigennutz unterstellen, wenn ich anrege, dass es grundsätzlich keine schlechte Sache wäre, olympisches Gold nicht nur mit 20.000 Euro zu entlohnen. Der oder die beste der Welt im Sinne des olympischen Gedanken zu sein, ist mit großen Entbehrungen, Disziplin, Willen und auch mit Qualen verbunden. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede.

Wenn wir sportlich wieder ganz vorne mitmischen wollen, dann gilt der Kohl’sche Grundsatz umso mehr. Damit sich Leistung wieder lohnt, sollten auch die Förderplätze der Bundeswehr und auch bei der Bundespolizei – und da wären wir schon längst beim nächsten Impuls – grundsätzlich an harte Leistungskriterien geknüpft und nicht verschenkt werden. Überhaupt scheint es mir so, dass derzeit viel verschenkt und zu wenig entlohnt wird.

Ich bin selbst seit Jahrzehnten Bundespolizistin. Als Polizeihauptmeisterin stehe ich mit meinen Kollegen im regen Austausch und es ist für uns alle unstrittig, dass man Menschen in Not helfen muss. Aber wenn Menschen zu uns kommen und Asyl beantragen und ein Richter nach Prüfung aller Fakten zu dem Schluss kommt, dass der Antragsteller kein Recht hat, hier zu leben, dann versteht niemand, dass solche Menschen einfach hierbleiben dürfen. Wenn ich richtig informiert bin, reden wir derzeit etwa über 300.000 solcher Fälle.

Wir sollten grundsätzlich die Rahmenbedingungen schaffen, um dieses Problem rechtsstaatlich zu lösen. So erleichtern wir nicht nur die Arbeit meiner Polizei-Kollegen, sondern sorgen auch grundsätzlich für mehr Sicherheit im Alltag der Menschen. Allein die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu können, ohne ängstliche Blicke nach links und rechts werfen zu müssen, gehört zum Beispiel zu den Alltagsproblemen, die viele, insbesondere ältere Menschen und auch Frauen, belasten. Darüber wird viel zu wenig gesprochen, meiner Meinung nach.

Hier für Verbesserungen zu sorgen, sollte uns grundsätzlich hundertmal wichtiger sein, als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen. Das sind Themen, die viele Menschen bewegen und in den Familien kopfschüttelnd diskutiert werden. Ich bin selbst ein ausgesprochener Familienmensch. Womit wir auch schon beim nächsten Impuls sind, den ich als Abschluss setzen möchte.

Die CDU ist immer die Familienpartei Deutschlands gewesen und ist es nach wie vor. Meine Eltern haben mich und meine Geschwister mit viel Liebe zu anständigen Menschen erzogen. Eine intakte Familie ist auch ein Idealbild von dreiviertel der Deutschen. In Shell-Studien über die Zukunft unserer Kinder stehen gute Freunde und Familie ganz weit oben. Gerade wegen all der Probleme um sie herum: Die Kinder hierzulande wollen nicht nur einen guten Job, eine heile Familie, eine traditionelle Familie. Sie wollen Mama und Papa. Die Familienpolitik der Christlich Demokratischen Union sollte sich grundsätzlich zuallererst mit der traditionellen Familie beschäftigen. Wenn wir aufhören, die Familienpartei im Lande zu sein, dann werden wir auch nicht mehr Volkspartei in Deutschland sein.“

Pechsteins Einlassungen zu den Sicherheitsbedenken vieler Menschen, so wie zum traditionellen Familienbild, erregten die Aufmerksamkeit von Medien und Politik. Die taz bezeichnete die „rassistische Rede“ als „Deutschland pur“, ihre Aussagen „spiegeln nur die deutsche Seele wider“. Eine „extrem radebrechend vorgetragene Rede“ sei Pechsteins „stotternd und haspelnd präsentierter Sauerkraut-Beitrag“ gewesen. Der „aus den Untiefen der Ü50-Facebook-Kommentarspalten zusammengeklaute Vortrag“ würde „das Märchen von der linken Verbotskommission in Berlin, die den einfachen Leuten die Freude am Leben vermiesen will“ befeuern. Immerhin, auch „vermeintlich linke Regierungspolitiker“ bekamen ihr Fett weg, denn „deren Politik spricht ebenfalls eine deutliche Sprache“, nämlich „der Ausgrenzung, der Ausbeutung und der Unmenschlichkeit“.

Inhaltlich widerlegte die taz zwar wenig von dem, was Pechstein sagte, aber zur Schlussfolgerung „Claudia Pechstein ist Deutschland pur“ reichte es. „Wenn man auf ihren Instagram-Kanal schaut, finden sich dort ein paar Videos vom Helene Fischer Konzert, Fotos vom Radfahren, Werbung für ein Nackenkissen. Nichts unterscheidet sie vom Grillfest in sächsischen Schrebergärten, von der Strandbar auf Sylt oder einem Volkswagen 6-Zylinder VR6. Deutschland, einig Arschloch-Land.“ Bemerkenswert, welche Kriterien in der taz-Redaktion einen bereits zum Arschloch qualifizieren.

Auch der Redakteur des Münchener Merkur, Günter Klein, ließ sich die Chance nicht entgehen, über Pechsteins Rede zu spotten. Viele von denen, die Pechstein abschieben wolle, „könnten einen deutschen Text mit weniger Fehlern und souveräner vortragen als sie. Und inhaltlich wäre er sowieso besser“, so Klein, der wie alle Redakteure des Mainstreams vor allem Professoren und Zahnärzte aus fernen Weltgegenden kennt. Angesichts solch redaktioneller Arroganz aus der Münchener Schickeria dürfen die neuesten politischen Umfragewerte vielleicht nicht überraschen. Könnte es sein, dass die Bürger langsam genug haben von ihrer Bevormundung?

Zugegeben, nicht jeder ist derart stramm radikal links, dass selbst die Regierung ihr Fett weg kriegt. Der Spiegel ließ stattdessen eben diese zu Wort kommen. In seiner Zusammenfassung von Pechsteins „populistischen und eher unsportlichen Rundumschlag“ zitierte der Spiegel u.a. die SPD-Politikerin Sawsan Chebli, die auf Twitter zu bedenken gab, dass „sehr sehr viele Menschen“ inzwischen „genau so“ denken und reden wie Pechstein. Die Grüne Renate Künast hinterfragte Pechsteins Auftritt in Polizeiuniform als einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht: „Sich quasi die Uniform zur Beute machen, ist mindestens #Kulturkampf“. Obwohl Pechstein betonte, von ihrem Vorgesetzten sowie von einem Gewerkschaftsvertreter der Bundespolizei eine Freigabe zum Auftritt in Uniform erhalten zu haben, kündigte die Bundespolizei bereits an, eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet zu haben.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) bezeichnete den uniformierten Auftritt von Pechstein als „außerhalb von jeder tolerablen Möglichkeit“. Der SPD-Politiker Sebastian Fiedler hingegen appellierte an seine Parteikollegin Nancy Faeser vom Bundesinnenministerium, er hätte „gern Transparenz und Nachbereitung dazu“, und verwies dabei auf die Neutralitätspflicht der Polizei. Auf Twitter fragen sich seitdem viele Nutzer, wie es sich mit der Neutralitätspflicht bei den zahlreichen bundesweiten Pride-Aktionen der Polizei verhält. Oder inwiefern die Neutralitätspflicht eingehalten wurde, als Polizisten vor einem Demonstranten der BLM-Bewegung knieten.

Während CDU-Chef Merz monierte, dass die Debatte um Pechsteins Auftritt an „Äußerlichkeiten“ festmache, distanzierten sich andere CDU-Politiker, wie z.B. der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière zumindest teilweise von der Rede. Er hätte ihr „nicht zu dieser Formulierung“ geraten und ihr auch vom Auftritt in Uniform abgeraten. Ebenso war de Maizière, der zu Beginn der Migrationskrise 2015 das Amt des Innenministers im Kabinett von Angela Merkel bekleidete, der Meinung, dass Abschiebungen die Probleme nicht lösen würden, sondern vielmehr Kameras, Polizeipräsenz und Sauberkeit auf Bahnhöfen. Auch Karin Prien distanzierte sich indirekt von Pechsteins Aussagen, als sie darauf verwies, diese hätte eigentlich nur über Sport und Ehrenamt reden sollen.

In der öffentlichen Debatte rund um Pechsteins Rede ging leider auch ihr Bekenntnis zum Leistungsprinzip, sowohl im Sport als auch in der Gesellschaft im Allgemeinen unter. Die 51-Jährige beklagte selbst, dass es eigentlich nicht sein dürfte, dass sie in ihrem Alter noch deutsche Meisterin im Eisschnelllauf werden könne. Doch anstatt Pechsteins Ausnahmeleistungen als Sportlerin zu würdigen, erinnerte die Tagesschau daran, dass „internationale Medaillen für sie aber außer Reichweite geraten“ seien. Mit 51. Eine haarscharfe Analyse aus jenem Deutschland, das womöglich nicht „einig Arschloch-Land“ ist, dafür aber das Land der Missgunst gegen Andersdenkende.

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