Tichys Einblick
Still und heimlich

RKI verändert Daten nachträglich: Statt 186 soll es 1097 ungeimpfte Omikron-Patienten gegeben haben

Daten des RKI zur Wirksamkeit der Impfstoffe gegen Omikron sorgten für Aufsehen - nun hat das Institut die entscheidende Zahl nachträglich und ohne Hinweis um das fünffache nach oben korrigiert.

IMAGO / Christian Ohde
Im Corona-Wochenbericht vom 30.12. vermeldete das RKI Daten über die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen Omikron. Auf 4020 vollständig geimpfte kamen den Zahlen zufolge lediglich 186 ungeimpfte symptomatische Omikron-Patienten. Still und heimlich und ohne Hinweis oder Mitteilung änderte das RKI diese Zahlen jetzt nachträglich im auf den 30.12. datierten Bericht: Zwar soll es immer noch 4020 vollständig geimpfte symptomatische Omikron-Patienten gegeben haben, jedoch 1097 ungeimpfte, also fast das sechsfache der ursprünglichen Zahl. Statt über 95 Prozent wären demnach 78,5 Prozent der Omikron Patienten, für die eine Information über den Impfstatus vorliegt, vollständig geimpft. Aktuell sind laut RKI 71,2 Prozent der Deutschen vollständig geimpft.

Im Anschluss lesen Sie den von TE am 30.12. veröffentlichen Beitrag, der die damals vom RKI vermeldeten Zahlen zugrunde legt und demzufolge nicht mehr aktuell ist.


Um Berechnungsmethode ergänzte Fassung

Seit mehreren Monaten veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem wöchentlichen Covid-Lagebericht eine Statistik zu den Impfdurchbrüchen. Dabei berechnet das RKI einen „Anteil [der] Impfdurchbrüche“ an den „Symptomatische[n] COVID-19-Fälle[n]“ – wobei ein „Impfdurchbruch“ nach RKI-Definition ein vollständig geimpfter, symptomatischer Covid-19-Fall ist.

Das RKI weist hier einen eindeutigen Prozentsatz aus, der von zahlreichen Medien regelmäßig zitiert wird. Der NDR schreibt etwa: „Von allen Menschen über 60 Jahre, die in den letzten vier Wochen an Covid-19 erkrankten, waren 65,7 Prozent vollständig geimpft.“

Dieser Prozentsatz ist laut RKI wie folgt zu berechnen: Die Zahl der vollständig geimpften symptomatischen Corona-Fälle („Impfdurchbrüche“) wird durch die Zahl der „symptomatischen Covid-19-Fälle“ geteilt, „für die aus den übermittelten Angaben hervorgeht, dass sie entweder eine abgeschlossene Grundimmunisierung (ohne Auffrischimpfung) hatten oder ungeimpft waren.“ Das RKI schreibt hier explizit: „Symptomatische Fälle mit unbekanntem Impfstatus bzw. nicht abgeschlossener Grundimmunisierung wurden ausgeschlossen.“

Der „Anteil [der] Impfdurchbrüche“ an den „symptomatische[n] COVID-19-Fälle[n]“ ist laut RKI also der Anteil der vollständig geimpften symptomatischen Fälle an den symptomatischen Fällen, für die bekannt ist, ob sie geimpft oder ungeimpft sind.

Im letzten Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts werden nun bestimmte Daten zur Omikron-Variante ausgewiesen. Hier der ganze Absatz:

„Zu den im Meldesystem vorliegenden Omikronfällen sind zum Teil Zusatzinformationen bekannt. Für 6.788 Fälle wurden Angaben zu den Symptomen übermittelt, es wurden überwiegend keine oder milde Symptome angegeben. Am häufigsten wurde von Patientinnen und Patienten mit Symptomen Schnupfen (54 %), Husten (57 %) und Halsschmerzen (39 %) genannt. 124 Patientinnen und Patienten wurden hospitalisiert, vier Person sind verstorben. Für 543 (5 %) Fälle wurde eine Exposition im Ausland angegeben. 186 Patientinnen und Patienten waren ungeimpft, 4.020 waren vollständig geimpft, von diesen wurde für 1.137 eine Auffrischimpfung angegeben. Auf Basis der übermittelten Daten wurden unter allen übermittelten Omikron-Infektionen 148 Reinfektionen ermittelt, zu keiner der von Reinfektion betroffenen Person wurden Vorerkrankungen übermittelt. Abbildung 9 zeigt die Verteilung der bisher übermittelten Omikronfälle in Deutschland. In allen Bundesländern wurden Omikronfälle nachgewiesen.“

Wir haben nun die gleiche Berechnungsmethode, die das RKI für die Impfdurchbruchsstatistik verwendet, speziell auf die Omikron-Zahlen angewendet. Die Zahl der gemeldeten symptomatischen Omikron-Infizierten ist 4020. Die Zahl der symptomatischen Omikron-Fälle, für die eine Information über den Impfstatus vorliegt ist 4206 (4020 Geimpfte + 186 Ungeimpfte). 4020 geteilt durch 4206 sind 95,58 Prozent. Wir schreiben daher im Text: „95,6 Prozent der symptomatischen Omikron-Fälle, für die eine Information über den Impfstatus vorliegt, waren vollständig geimpft.“ Und abgekürzt im Titel: „Neue RKI-Daten: 95 Prozent der Omikron-Fälle vollständig geimpft“.

Der Anteil derjenigen symptomatischen Fälle, für die der Impfstatus unbekannt ist, wird vom RKI nicht ausgewiesen. Beim RKI heißt es lediglich: „Für 6.788 Fälle wurden Angaben zu den Symptomen übermittelt, es wurden überwiegend keine oder milde Symptome angegeben.“ Die Zahlen bezüglich der Impfung beziehen sich aber auf Patienten, die auch tatsächlich Symptome hatten.

Die 95,58 Prozent ist eine Zahl, deren Aussagekraft eingeschränkt ist. Das wird im Text von TE hinlänglich erläutert: Das RKI erhebt die Variante bei einer Infektion nur stichprobenweise, die Symptomatik dieser Infektionen ebenfalls wiederum nur in Teilen und den Impfstatus der Erkrankten wieder nicht vollständig. In der Überschrift können nicht alle diese Einschränkungen vorkommen; dort kann nur die Zahl des RKI genannt werden, erst im Weiteren wird diese dann eingeordnet.


Im Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts von Donnerstag fehlt aufgrund der Datenlücke über die Feiertage die übliche Statistik über die „Impfdurchbrüche“. Dafür enthält er auf Seite 14 brisante neue Daten über die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland: Bei 6.788 Omikron-Fällen liegen Angaben über die Symptome vor – es seien „überwiegend keine oder milde Symptome“ aufgetreten. Die häufigsten Symptome sind Schnupfen, Husten und Halsschmerzen. 124 Patientinnen und Patienten wurden hospitalisiert, vier Person starben.

Vor allem aber über den Impfstatus der Omikron-Fälle gibt es neue Erkenntnisse: 95,6 Prozent der symptomatischen Omikron-Fälle, für die eine Information über den Impfstatus vorliegt, waren vollständig geimpft. 27 Prozent hatten sogar bereits eine dritte, so genannte Booster-Impfung erhalten. Von 4.206 registrierten Fällen waren lediglich 186 ungeimpft.

Aus diesen Daten ergäbe sich sogar eine negative Wirksamkeit bei zwei Impfungen. Die dritte Impfung würde demnach zwar weiterhin vor einer Omikron-Infektion schützen – die Wirksamkeit liegt den Daten zufolge aber bei unter einem Drittel. Neueste Studien wiesen zuletzt daraufhin, dass zumindest die Booster-Impfung eine höhere Wirksamkeit gegen Omikron aufweist.

Diese Zahlen beziehen sich auf eine geringe Datenbasis, was einerseits auf die noch begrenzte Zahl an Omikron-Fällen in Deutschland zurückzuführen ist und andererseits auf den geringe Anteil der Corona-Fälle, die in Deutschland auf die Variante untersucht werden.

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