Tichys Einblick
"Ramschpreise"

Landwirtschaftsminister Özdemir tut nichts gegen die Nahrungsmittelinflation  

Während viele Menschen hierzulande an den Weihnachtsgeschenken sparen müssen, weil die Lebenshaltungskosten so stark gestiegen sind, will der Landwirtschaftsminister weiterhin dafür sorgen, dass billige Lebensmittel teurer werden. 

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Grüne, 15.12.2022

IMAGO / Political-Moments

Als Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zu seinem Amtsantritt den angeblichen „Ramschpreisen“ den Kampf ansagte, war das schon bizarr genug. In einer Marktwirtschaft entscheiden schließlich Anbieter und Nachfrager selbst, zu welchen Preisen sie anbieten, beziehungsweise zum Kauf von Waren bereit sind. Und wenn die Wirtschaftspolitik ein Ziel hat, dann sind es gemeinhin niedrigere, statt höherer Preise. Nun sind die Produktion und der Verkauf von Nahrungsmitteln seit jeher und gerade in EU-Europa ein von staatlichen Eingriffen extrem verzerrtes Gewerbe. Aber vermutlich gab es in der Menschheitsgeschichte noch kaum jemals eine Regierung, die laut ihren Wunsch verkündete, dass es für die eher weniger betuchten Esser weniger günstige Lebensmittel geben solle. 

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Diese weltgeschichtliche Premiere schaffte allerdings die grün dominierte Ampel. Deren Landwirtschaftsminister hält an diesem Ziel, die Armen mittels teurerer Nahrungspreise noch ärmer zu machen, auch noch am Ende eines Jahres fest, das mit einer Inflationsrate von rund 10 Prozent (zu der die Nahrungsmittel erheblich beitrugen), ohnehin schon einen solchen Verarmungsprozess zeigte. Lebensmittel sind in diesem Jahr um 21 Prozent teurer geworden. Jeder Mensch, der sich Brot und Butter selbst kaufen muss, spürt das beim alltäglichen Einkauf, und rund ein Drittel der Hauhalte muss daraus auch Konsequenzen ziehen, etwa durch Verzicht auf Weihnachtsgeschenke 

Doch Özdemir redet in einem Interview bei RTL weiterhin vom angeblichen Problem der „Ramschpreise“ und davon, dass Bauern Produkte zu Preisen unterhalb ihrer Entstehungskosten verkaufen müssten. Auch auf zweifache Nachfrage, ob die Nahrungsmittelpreise so hoch wie derzeit bleiben sollten, um seine Ziele (Klimaschutz, Biodiversität, Ernährungssicherheit) zu erreichen, antwortete Özdemir nicht „nein“, sondern ausweichend. Er könne schließlich nicht den Krieg von Putin beenden, der der Hauptpreistreiber sei. 

Die Ignoranz des Ministers ist eine mehrfache. Dass natürlich auch Landwirte aus der Inflation durchaus erfolgreich ihren Vorteil ziehen können, indem sie Preise überproportional anheben , scheint Özdemir nicht mitbekommen zu haben. Grundsätzliche aber ist seine Ignoranz gegenüber den grundsätzlichen Anliegen der Landwirtschaft: Deutsche und andere europäische Bauern protestieren seit Monaten und Jahren gegen genau die Agrarpolitik, die Özdemir im Sinne seiner grünen Partei zum Schaden der Landwirte betreibt. Nicht „Ramschpreise“ sind das größte Problem der Landwirte, sondern staatliche Vorgaben, die ihnen die Lebensmittelproduktion erschweren, statt sie zu erleichtern. 

Wer als Minister „Ramschpreise“ für Lebensmittel beklagt, hat womöglich keine Vorstellung davon, was es für unterdurchschnittliche Einkommen bedeutet, wenn Nahrungsmittel im Schnitt um 21 Prozent teuerer werden und dann auch noch das günstige Sonderangebot entfällt, weil es ja keine „Ramschpreise“ mehr geben soll. „Weniger Tiere“, gehört zu Özdemirs zentralen Zielen. Natürlich bedeutet das nichts anderes als: weniger Fleisch, also teureres Fleisch. Das mag ein grüner Minister moralisch begrüßen, für viele Verbraucher bedeutet es eine deutliche Wohlstandseinbuße. Nur einen kleinen Teil des Einkommens für die Ernährung ausgeben zu müssen, ist einer der zentralen Indikatoren für den Wohlstand einer Gesellschaft.

Özdemir hat aber immerhin einen ökonomisch sinnvollen Vorschlag in seiner bisherigen Amtszeit gemacht: eine Mehrwertsteuersenkung auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte (Fleisch natürlich nicht!). Allerdings hat er diese Forderung im Sommer auch nicht gerade besonders zielstrebig vorgetragen und sich, wie er auch im aktuellen Interview sagt, schnell damit abgefunden, dass es dafür „keine Mehrheit“ gebe. Wenn er das wirklich mit Nachdruck wollte, wäre er ganz anders aufgetreten. Aber eine Steuersenkung ist in seiner Partei und der ganzen Ampel-Koalition ist eben eine Art Fremdkörper, gegen den sofort betriebsinterne Abstoßungsreaktionen anlaufen.

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