Tichys Einblick
Laschets Abschied von der Pandemie-Politik?

Nordrhein-Westfalen hebt epidemische Notlage auf

Die Koalitionsfraktionen in Düsseldorf haben sich darauf geeinigt, die "epidemische Lage von landesweiter Tragweite" auslaufen zu lassen - man geht damit einen anderen Weg als der Bund. Armin Laschet hält sich bedeckt.

IMAGO / Political-Moments

Nordrhein-Westfalen beendet die „epidemische Lage“. In Düsseldorf haben sich Vertreter der Regierungsfraktionen auf ein Ende des Ausnahmezustandes geeinigt: Ab dem 19. Juni entfallen die Sondervollmachten der Landesregierung. Während der Bund ohne Not seine Notermächtigungen verlängert hat, wählt das größte Bundesland einen anderen Weg. FDP-Fraktionschef Christof Rasche erklärte: „Eingriffe in die Grundrechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger müssen verhältnismäßig, zeitlich begrenzt und gut begründet sein. Die Entwicklung der Infektionszahlen entspannt sich. Deshalb ist es möglich, die pandemische Lage auslaufen zu lassen. Damit werden die Grundrechtseingriffe zurückgefahren.“

Auch die SPD und sogar die Grünen stimmen der Aufhebung der Sondergesetzgebung zu: Der sozialdemokratische Fraktionschef Thomas Kutschaty sagte laut dpa, dass es für die Grundrechtseingriffe zurzeit „keine Grundlage mehr“ gäbe. Die gleichen Parteien, die im Bund an sachgrundlosen Sondervollmachten festhalten, sehen in NRW keine Notwendigkeit für ein Corona-Regime mehr – ob man die Worte von Kutschaty in Berlin gehört hat? Immerhin konterkarieren die Nordrhein-Westfälischen Landesverbände von SPD und CDU damit das Argumentationsmuster ihrer Bundesparteien gehörig.

Offiziell war Ministerpräsident Armin Laschet nicht an der Konsensfindung beteiligt. CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen formulierte auch zurückhaltender: Weiterhin sei Vorsicht geboten, die Pandemie sei noch nicht vorbei – doch man könne, zumindest vorübergehend, die Sonderbefugnisse aufheben. Auch das CDU-geführte Gesundheitsministerium sieht aktuell keine wirkliche Corona-Gefahr mehr.

Das Pandemie-Gesetz in NRW ist umstritten, weil es dem Staat massive Sondervollmachten einräumt. So kann die Landesregierung zum Beispiel direkt in medizinische Behandlungen eingreifen und diese per Verfügung untersagen oder verschieben. Die „pandemische Lage“ war im April letzten Jahres beschlossen worden und wurde mehrfach verlängert – mit einer Unterbrechung im Sommer vergangenen Jahres. Ob im Herbst, wie letztes Jahr, eine erneute Corona-Ermächtigung erfolgt, ist offen.

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