Tichys Einblick
Sommer der Vorbereitungen

Merkels Chaostage: CSU schließt Bruch der Fraktionsgemeinschaft nicht aus

Die Führung der SPD lässt verlauten, dass sie sich auf Neuwahlen zum Bundestag vorbereitet. Und die Grünen bereiten sich darauf vor, die CSU in der GroKo zu ersetzen.

© Christof Stache/AFP/Getty Images

«Eitelkeiten? Wahlkampfgetöse? Rechthaberei? Darum gehe es Markus Söder nicht, schreibt ein Kommentator am Freitag in der „Welt“. Der bayerische Ministerpräsident sorge sich vielmehr um „die Zukunft der Demokratie und der bürgerlichen Volksparteien“. „Ohne die klare Haltung der CSU und der Bayerischen Staatsregierung würde sich in Europa nichts bewegen.“ Was es nun brauche, seien Macher, nicht Mahner.»

So beginnt ein Bericht der Korrespondentin der österreichischen Tageszeitung Die Presse in Berlin, Iris Bonavida, um journalistisch pfiffig fortzusetzen: «Der Autor des Textes ist ein gewisser Markus Söder.»

In der Zeit bis zum nächsten planmäßigen Treffen der Christsozialen mit der Bundeskanzlerin wollten diese ihre Argumente im Unions-Streit noch einmal deutlich vorzutragen, so Bonavida, schriftlich wie in dem Gastbeitrag in der WeLT, mündlich wie Söder bei einer Pressekonferenz: „Ein bisschen ist Bayern ja das Gegenstück zu Berlin“, während in Berlin „die Koalition nicht wirklich vorankomme, könne man in München die Regierungsvorhaben der Reihe nach abarbeiten.”

Söder habe „ein klares Ziel vor Augen: die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl am 14. Oktober.” Dass es dieses Mal schwierig werden könnte, läge auch an der AfD, zu der Söder betone: „Die AfD ist in Berlin entstanden. Und wer will schon Berliner Verhältnisse in Bayern?“

Alexander Dobrindt «schloss nicht aus, dass die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU am Streit über die Flüchtlingsfrage zerbricht. „Ich habe CDU und CSU immer als Schicksalsgemeinschaft beschrieben“, sagte Dobrindt. „Aber ob wir bei Haltung und Handlung jetzt eine gemeinsame Linie finden können, ist im Moment noch offen.“»

Robin Alexander sieht die Entwicklung im definitiven Endspiel. Jedenfalls scheint Merkels Elastizität vor dem ultimativen Reißtest zu stehen:

Die NZZ titelt «Der Zeitgeist weht Merkel ins Gesicht», die Zusammenfassung lautet:

«Angela Merkel ist mit ihrer Asylpolitik gescheitert. Sie hat längst eine Kehrtwende vollzogen, würde das aber nie zugeben. Der CSU genügt das nicht. Sie will die Kanzlerin zum Eingeständnis ihrer Niederlage zwingen.»

BILD titelt: «Fast jeder zweite Deutsche für Ablösung Merkels»: «Jeder Zweite denkt nicht, dass die GroKo bis zum Ende der Wahlperiode in 2021 durchhalten wird. Nur 32 Prozent sehen das anders.»

Nicht nur die CSU, auch die CDU bereitet sich auf eine mögliche Trennung vor: Der CDU-Arbeitnehmerflügel forderte die Parteiführung auf, einen Antritt bei der bayerischen Landtagswahl vorzubereiten.

Die Kanzlerin bereitet sich, Söder, Seehofer, die CSU und überhaupt alle darauf vor, dass sie es bei ihrem Vorgipfel, den sie zur Beratungsrunde schrumpfen musste, nicht schafft.

Daran sind auch die zwölf EU-Staaten schuld, die sich gegen den Merkel-Macron-Deal weden:

Die Führung der SPD lässt verlauten, dass sie sich auf Neuwahlen zum Bundestag vorbereitet (sicher nur Plakate-technisch, nicht politisch). Und die Grünen bereiten sich darauf vor, bei einem Bruch der Fraktionsgemeinschaft der Union die CSU durch Eintritt in die GroKo zu ersetzen (sicher nur Ämter-technisch, nicht politisch). Die Linke und die FDP bereiten sich auf die Vorbereitung vor, wovon ist unbekannt.

Ein Sommer der Vorbereitungen scheint bevorzustehen. Von Sommerpause vorerst nichts in Sicht. Und immer wieder ist vom Endspiel die Rede, der TE-Titel hat sich verselbständigt.

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