Tichys Einblick
Höhere Preise für Lebensmittel?

Mehrheit lehnt Özdemirs Pläne zur Preiserhöhung ab

Der Vorstoß des grünen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir, Lebensmittelpreise durch politische Eingriffe anzuheben, stößt auf Kritik – zumal viele Verbraucher ohnehin schon unter Teuerung leiden.

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

IMAGO / Future Image

Eine knappe Mehrheit der Bundesbürger lehnt den Vorstoß des neuen Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir ab, die Lebensmittelpreise durch politische Eingriffe zu erhöhen. Auf die Frage des Meinungsforschungsinstituts Civey „Sollten Lebensmittelpreise aus Umweltschutzgründen deutlich teurer werden?“ antworteten 41,2 Prozent: „auf keinen Fall“, weitere 10,2 Prozent sagten: „eher nein“. Dass die Preise auf jeden Fall angehoben werden sollten, fanden dagegen nur 20,1 Prozent. Weitere 21 Prozent votierten mit „eher ja“, 7,5 Prozent zeigten sich unentschieden.

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 Überraschend kommt die Ablehnung nicht. Denn zum einen würde eine Lebensmittelverteuerung vor allem Geringverdiener treffen, von denen es in Deutschland relativ viele gibt. Laut Statistischem Bundesamt verdienen aktuell 2,54 Millionen Menschen in Deutschland unter 2.000 Euro brutto bei Vollzeitarbeit. Diese Geringbezahlten verteilen sich sehr ungleich – im Westen bleiben gut 10 Prozent der Beschäftigten unter der 2.000-Euro-Schwelle, im Osten dagegen 18 Prozent. Aber auch viele Beschäftigte, die über der Grenze von 2.000 Euro brutto liegen, mussten 2021 angesichts einer Inflationsrate von zuletzt über 5 Prozent Reallohneinbußen hinnehmen.

Das bundesweite Durchschnittseinkommen pro Beschäftigten liegt bei gut 3.900 Euro. Außerdem belastet schon die bisherige Teuerung die meisten Deutschen stark. Und sie geht auf vielen Gebieten auch 2022 ungebremst weiter. So heben fast alle Stadtwerke für das kommende Jahr ihren Kilowattstunden-Tarif an. Der Grundpreis stieg in einigen Städten um mehr als 10 Prozent. Laut Verbraucherportal Check24 kündigten außerdem bisher 439 Gasversorger ihren Kunden deutlich höhere Preise für das kommende Jahr an – im Schnitt verlangen sie 24,6 Prozent mehr. Auch Bahncard und Porto steigen 2022.

Die stark gestiegenen Kosten für Energie und Kunstdünger führen ohnehin in den nächsten Monaten zu steigenden Preisen bei vielen Lebensmitteln – auch ohne den Öko-Aufschlag, den sich Özdemir wünscht. Die Civey-Umfrage zeigt aber auch, dass eine relativ große Klientel höhere Lebensmittelpreise hinnehmen würde. Und dazu gehören nicht nur Grünen-Wähler.

Auf Twitter machte kürzlich ein SPD-Mitglied aus Baden-Württemberg mit der Ansicht Furore: „Gewisse Produkte müssen Luxusprodukte werden und dürfen nicht mehr Produkte des täglichen Bedarfs sein. Nur so wird man den (sic) ökologischen Herausforderungen wirksam bekämpfen können. Dazu gehören PKW, Flüge und ja auch Fleisch. Die Alternative ist diese Dinge ganz zu verbieten.“ Drei Tage vorher hatte er aufgezählt, was es in seiner Familie zu Heiligabend gegeben habe: „Rinderbraten, Rehbraten, Putenschnitzel“.

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