Tichys Einblick
Staatsmedien ante Portas

Medien in der Coronakrise: der Ruf nach Staatshilfe wird lauter

Privatradios und Zeitungen erwarten angesichts der Rezession weitere Subventionen. Der Staat signalisiert Entgegenkommen - und zwar gerne: Denn bekanntlich gilt: Wer zahlt, schafft an.

imago Images/Sepp Spiegl
Von dem massiven Rückgang der Werbeeinnahmen in dem Corona-Shutdown und der drohenden Rezession befürchten die Privatradio-Sender in Deutschland eine existenzielle Bedrohung ihrer Unternehmen. Ihr Branchenverband Vaunet ruft deshalb nach staatlichen Hilfen von Bund und Ländern. In einem Vaunet-Schreiben an die Ministerpräsidenten, Staatskanzleien, mehrere Bundesminister und Landesmedienanstalten heißt es: „Der dramatische Werbeeinbruch wird bei den privaten Hörfunkveranstaltern für sehr lange Zeit sehr tiefe Spuren hinterlassen. (…) Ohne existenzsichernde Maßnahmen wird uns im ohnehin schon ungleichen Wettbewerb mit den haushaltsabgabenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Angeboten auf lange Zeit die erforderliche Innovationsfähigkeit geraubt.”
„Gebühren“ (oder Steuern) auch für Privatradios

Nach den Vorstellungen des Branchenverbandes soll der Status von Privatradios demnach durch Staatshilfen dem der öffentlich-rechtlichen Sender zumindest angenähert werden. Der Verband fordert die „Übernahme der technischen Verbreitungskosten“ zumindest bis zum Jahresende, außerdem Hilfe durch Werbekampagnen des Bundes und der Länder. Auf mittlere Sicht sollte es außerdem über mehrere Jahre steuerliche Erleichterungen für die Verbreitungskosten und einen vorübergehenden Verzicht der Bundesnetzagentur auf die Frequenzabgabe geben.

Auch Printmedien verlangen in der Corona-Krise nach staatlichen Hilfen über die schon beschlossene Zustellungs-Subvention von jährlich 40 Millionen Euro hinaus. In der FAZ schreibt Helmut Hartung: „So hoffen kleinere Verlage, dass die Zustellkosten für die nächste Zeit komplett vom Bund übernommen werden.“ TE hatte vorab über den Vorstoß berichtet, der im vergangenen November klandestin im Zuge der Haushaltsberatungen erfolgte – ohne öffentliche Debatte. Dabei ist klar: 40 Millionen sind nur der Einstieg. Gefördert werden sollen auch Anzeigenblätter. Sind die wirklich für gesellschaftliche Information wichtig? Meist sind es Ableger der Tageszeitungsverlage. Jetzt haben sie den Fuß in der Tür zur staatlichen Schatzkammer. Oder umgekehrt: Der Staat den Fuß in der Tür der Verlage. In der jetzt aktuellen Medienkrise werden diese Türen weit geöffnet werden.

Er und offenbar eine ganze Reihe von Verlegern begründen die Hilfe mit der vorgeblichen Bedrohung der regionalen Medienvielfalt – die allerdings angesichts flächendeckender Übernahmen von dpa-Meldungen oder Einheitstexten von Diensten wie RND in vielen Regionen faktisch kaum noch existiert.

Steuergelder für angepaßte Medien

Die Hoffnungen auf mehr Mediensubventionen richten sich offenbar auf die schon 2019 durch die Bundesländer eingerichtete Arbeitsgruppe „Regionale Vielfalt“ unter Vorsitz des sächsischen Staatskanzleichefs Oliver Schenk. Laut Schenk sollen mit Staatshilfen für private Medien „Desinformationen, Filterblasen und das Erstarken der politischen Ränder jenseits des demokratischen Spektrums“ verhindert werden. Man kann es auch anders lesen: Brave Medien erhalten Steuergelder, kritische nicht. Denn wer „Desinformation“ betreibt entscheiden dann staatliche Aufsichtsgremien, etwa die politischen Gremien der Landesrundfunkanstalten. Aus Sicht der Regierung ist Kritik allemal „Desinformation“.

Unter dem wirtschaftlichen Druck änderten offenbar viele Verlagsmanager ihre ehemals abweisende Haltung zu Staatshilfen. Etliche Medienunternehmen, die schon vor der Covid-19-Pandemie mit Auflage- und Anzeigenrückgang zu kämpfen hatten, mussten mittlerweile Kurzarbeit anmelden.

Noch 2009 hatte der Vorstandschef des Axel Springer Verlags Mathias Döpfner Pressesubventionen rundheraus angelehnt: „Das wäre ein rabenschwarzer Tag für die Pressefreiheit in diesem Land und ein wahrer Tabubruch. Selbst ein bankrottes Medienunternehmen ist besser als ein staatlich finanziertes und gelenktes.“ Und hat dies in der aktuellen Krise erneut abgelehnt. Bleibt es dabei oder endet die Corona-Krise mit staatlich subventionierten und gegängelten Zeitungen und Zeitschriften?