Tichys Einblick
EU in der Sackgasse

Macron, Merkel und Metternich

Macron will noch mehr Zentralisierung, dass der schon bestehende Zentralisierungsgrad die Ursache der Wahlsiege in zunehmend vielen EU-Mitgliedsländern ist, scheint Macron und Co. verborgen geblieben zu sein oder ist ihnen egal.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Macron und Juncker wollen nach den Wahlsiegen von EU-Skeptikern in Ungarn und Italien, der kritischen Haltung in Polen und anderswo eine sogenannte Reform der Europäischen Union, sogenannt, weil sie nur noch mehr Zentralisierung bei der EU bedeutet. Dass der schon bestehende Zentralisierungsgrad die Ursache der Wahlsiege in zunehmend vielen EU-Mitgliedsländern ist, scheint Macron und Co. verborgen geblieben zu sein oder ist ihnen egal. Sie wollen die Wirkungen der Überdosis Zentralisierung mit einer Erhöhung der Dosis bekämpfen.

Macron sollte sich für seinen rheinischen Nachbarn Metternich interessieren. Auch der dachte mit immer mehr Repression das Aufbegehren der Untertanen unterdrücken zu können und bewirkte damit das genaue Gegenteil.

Die Begründung von Macron, nur mit „mehr EU“ könne sie gegen die Zölle von Trump agieren, ist ebenso wohlfeil und vordergründig wie die EU-Aktion gegen Plastik. Letztere ist nur ein neuer Versuch, zu eigenen Steuereinnahmen der EU zu kommen. Bis „mehr EU“ Realität sein könnte, wäre Trump schon zehn Schritte weiter.

Die „Europawahl 2019“ ist in Wahrheit die getrennte Wahl von Abgeordneten in dann 27 Mitgliedstaaten ins „Europaparlament“ ist, das nur ein EU-Parlament ohne volle parlamentarische Rechte der Kommission gegenüber darstellt. Diese getrennten Wahlen finden voraussichtlich vom 23. bis 26. Mai 2019 statt, also in einem Jahr.

Was Macron und Co. bis dahin an weiteren Zentralisierungsversuchen unternehmen, aber auch, wenn sie solche nur weiter verbal fordern, wird die Stimmung in allen Mitgliedsländern nicht zugunsten der Zentralisten beeinflussen.

Von Merkel-Plänen berichtet die Süddeutsche (aus einem Interview der FAS), um dann zu schreiben: „Merkels Pläne gehen weniger weit als von Frankreichs Präsident Macron gefordert.“

Jakob Augstein schreibt: „Zu wenig, zu spät. Angela Merkel hat am Wochenende erklärt, wie sie sich die Zukunft der Europäischen Union vorstellt. Das war nicht mal ein Visiönchen. Damit wird sie Europa nicht retten. In den Büchern wird einmal stehen: Angela Merkel hat zugesehen, wie Europa zerfiel, und sie ist nicht eingeschritten.“

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Und setzt noch einen drauf: „In Europa hat Angela Merkel sich verhalten wie ein deutscher Autofahrer: Sie beharrt auf ihrem Recht. Und steuert dadurch Land und Kontinent sehenden Auges in den größten anzunehmenden Unfall – das Ende der Europäischen Union. Es ist die deutsche Rechthaberei, die uns allen zum Verhängnis wird: Und wenn wir drauf gehen, wir waren im Recht. Schreib‘ es auf Deinen Grabstein, Angela: „Ich hatte Vorfahrt.“ Dabei wäre das nicht mal die Wahrheit. Denn die Deutschen haben sich die Regeln, auf deren Einhaltung sie pochen, zum eigenen Nutzen zurechtgebogen.“

Da kann und will ich Augstein nicht widersprechen.

Was Merkels Gehorsam Macron gegenüber anlangt, kann sich nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen alles schnell ändern. Wenn die Niederlagen vorbei, die Ersatzkoalitionen im Trockenen sind, schüttelt Merkel sich und sagt Macron, aber ja, lieber Emmanuel, natürlich folge ich Dir wie immer.

Denn Einsicht kehrt im politischen Berlin ebenso wenig ein wie in Paris und Brüssel. Auch wenn in den meisten Mitgliedsländern der EU die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung geht. Die Zentralisten wollen den Zug an die Wand fahren im Irrtum, sie könnten diese durchbrechen.