Tichys Einblick
Die Krisen der EU

Macron, May und Merkel

Macron, May, Merkel haben nur noch ein Ziel gemeinsam: Jeder kämpft zuhause um den persönlichen Machterhalt.

Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Am 8. Dezember schrieb ich: „Dass Macron schließlich nachgab, fürs erste jedenfalls die Kraftstoff-Preis-Automatik zurücknahm, kommt einer Bankrotterklärung seiner politischen Pläne insgesamt gleich. Wer einmal nachgibt, muss es immer wieder tun.”

BILD schreibt, was Macron den gilets jaunes verspricht:

»Der Mindestlohn soll 2019 um 100 Euro pro Monat steigen, „ohne, dass es den Arbeitgebern auch nur einen Euro mehr kosten wird“. Überstunden sollen steuerfrei ausgezahlt werden. Eine geplante Steuererhöhung für Rentner, die weniger als 2000 Euro pro Monat beziehen, werde zurückgenommen. Und: Es wird eine steuerfreie Jahresend-Prämie für alle Beschäftigten geben …

Was es nicht geben wird: Eine Wiederanhebung der Vermögenssteuer, die Macron reformiert – und deutlich gesenkt – hatte.«

Raphaël Glucksmann sagt, „dass Macron sich für eine Mischung aus Ludwig XIV., Napoleon Bonaparte, de Gaulle und Mitterand gehalten hat, sich aber heute bedauerlicherweise eher in der Position Ludwig XVI. befindet, den das Volk köpfen will” und konstatiert:

„Arroganz gepaart mit sozialer Ungerechtigkeit ist, wie wir gerade sehen, eine hochexplosive Mischung. Tatsächlich haben wir es mit einer sozialen, einer politischen und letztlich mit einer Regimekrise zu tun, mit einer Krise der französischen Demokratie.”

Derzeit spricht nichts dafür, dass sich die gilets jaunes mit Macrons Zugeständnissen zufrieden geben werden. Ihre Forderung heißt mittlerweile Rücktritt. Inzwischen versuchen Frankreichs radikale Parteien, auf dieser Woge zu surfen. Das strahlt nach Deutschland aus, wo sich Wagenknecht und andere in der Linkspartei mit ihrer Unterstützung der gilets jaunes durchgesetzt haben. Was von bisherigen Versuchen in Deutschland zu halten ist, auch gelbe Westen anzuziehen, unterstreicht einmal mehr den Unterschied zwischen Franzosen und Deutschen. Revolution hat bei letzteren keine Tradition.

Dass den üblichen Stimmen in Deutschland zu Macron nicht mehr einfällt als Varianten des Mottos, nun wird Frankreich italienisch, unerstreicht, dass in Deutschland nicht nur die meisten Politiker die Qualität der französischen Krise nicht erkannt haben, sondern auch Experten und Journalisten. Die von Deutschland selbst nicht eingehaltenen Regeln der EU sind wirklich nicht, was über Macron entscheidet.

In Brüssel keine Einsicht
Das Brexit-Debakel und seine Folgen - eine Warnung vor europäischer Schadenfreude
In Britannien ist alles unklarer denn je seit Beginn der Brexit-Debatte. In Berlin kommen heute May und Merkel zusammen. Davor war sie bei Mark Rutte in Den Haag. Dass danach mehr klar ist, nimmt niemand an. Am Donnerstag gibt es wieder einen Brexit-Gipfel am Rande des regulären EU-Gipfels in Brüssel. Diese täglich unwirksamer werdende EU gipfelt am laufenden Band, kommt aber nicht zu Ergebnissen, die an irgend einer Stelle irgend etwas lösen. Eigentlich findet sie nur noch auf Papier statt, das mehr für die Ablage produziert wird als für alles andere.

Macron, May, Merkel haben nur noch ein Ziel gemeinsam: Jeder kämpft zuhause um den persönlichen Machterhalt. Aber in Brüssel glauben Merkel und Macron, kaum sind sie Paris und Berlin auf Zeit entkommen, sie könnten über die Köpfe ihrer Bürger zuhause und in den anderen EU-Ländern hinweg schalten und walten wie in „guten alten Zeiten”. Die Schrift steht an der Wand, aber sie sehen sie nicht.

Dass vorzeitige nationale Wahlen in Britannien und Frankreich zu den EU-weiten zum EU-Parlament hinzukommen könnten, ist nicht ausgeschlossen. Das Wahljahr 2019 wird sie jedenfalls eines tatsächlich Besseren belehren – so oder so.