Tichys Einblick

Linke Selbstzerfleischung: Verlag wird von Antifa bedroht

Ein Verlag mit einem Buchprogramm wie aus einem küstennahen Andenkenladen, positionierte sich viele Jahre weit links. Nun wird der Verleger für seine aktuelle Kritik an Linken von Linksradikalen verfolgt, der Staatsschutz ermittelt.

Symbolbild

Dass die politische Linke in ihrer Geschichte immer wieder zu Misstrauen in den eigenen Reihen und auch zur Selbstzerfleischung neigte, ist keine neue Erkenntnis. Die Revolution fraß bekanntlich auch ihre Kinder.

Eine Neuauflage davon in der Light-Version könnte sein, was jetzt in der linken und linksradikalen Szene in Hamburg zu beobachten ist und als Schauspiel einer Selbstzerfleischung den Weg sogar bis in das Magazin Stern gefunden hat.

Es geht um den linken Ankerherz-Verlag, der sich irgendwann einmal intensiv für die Verschiffung von Migranten vor der Libyschen Küste nach Europa eingesetzt und der sich ebenfalls seit Jahren im Kampf gegen die AfD in der linken Szene profiliert haben soll.

Eigentlich. Denn wie schnell sich so eine Solidarität mit der linken und linksradikalen Szene erledigt hat, durfte jetzt Stefan Kruecken als Leiter des Ankerherz-Verlages erleben. Die Polizei bietet ihm mittlerweile Polizeischutz an. Einen solchen Schutz nach Morddrohungen, mutmaßlich von Rechtsradikalen, hatte er schon einmal bekommen. Jetzt wird er gegen Übergriffe von links geschützt. Die Antifa soll den Verleger bedrohen.

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Aber warum stehen Mann und Verlag auf einmal zwischen den Stühlen? Es geht um Widerspruch. Und den hatte Kruecken angemeldet, als ihm eine linksradikale Eskalation der Szene offensichtlich zu weit ging. Das kennen wir übrigens schon aus der maritimen Ecke, als sich ein Kapitän der so genannten Seenotrettungs-Mission Lifeline von dieser abwandte, weil sie ihm zu linksradikal sei. Anders als in diesem Fall will die radikale Linke Kruecken seine Abkehr allerdings nicht straffrei durchgehen lassen, schreibt der Stern:

„Er wird von linken Antifa-Gruppen bedroht. Seit einer Woche bekommt er Nachrichten und Mails, in denen er als „Feind“ bezeichnet wird, der „beobachtet“ werde. In anderen steht, er solle sich im Keller aufhängen. Gegen Ankerherz kursieren Boykottaufrufe, die Polizei habe ihm mittlerweile Objektschutz angeboten.“

Klar, das klingt auch alles ein bisschen kindisch und nach Piratenspielchen, aber Staatsschutz und Polizei nehmen diese Drohungen und Anwürfe ebenso ernst, wie der Verleger selbst.

Wie kam es zu dem innerlinken Zerwürfnis? Auslöser soll ein (zwischenzeitlich gelöschter) Facebook-Eintrag von Kruecken sein. Er hatte geschrieben, dass er die Debatte um strukturellen und institutionellen Rassismus in der deutschen Polizei für falsch halte. Sicher gebe es Rassismus, aber er könne nicht erkennen, dass 300.000 Polizisten generell und mit Vorsatz rassistisch seien. Schlimmer noch für eine die Polizei hassende radikale Linke, Kruecken verteidigt die Polizei sogar noch darüber hinaus: „Im Gegenteil: Die machten unter für sie immer schwierigeren Bedingungen einen besonnenen Job.“, fand der Ankerherz-Verleger. Und er wüsste das auch, weil er die Arbeit der Polizei auch in Köln und Chicago viel früher als Polizeireporter live erlebt hatte.

Nun gut, das ist für eine den Tod von George Floyd auf ihre Weise instrumentalisierende Linke sicher ein echtes Sakrileg, wenn hier über die einheimische Polizei hinaus dann sogar amerikanische Polizisten zusätzlich verteidigt werden.

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Aber fast noch schwerer wiegt, was sich der Stern als berichtendes Medium leistet: Das Blatt biedert sich auf kaum verhüllte Art und Weise bei der Antifa an und kritisiert in einem eigentlich als Nachricht verfassten Bericht ohne Not den Verleger und macht sich damit mit der Sache der linksradikalen Bedroher gegen die deutsche Polizei gemein: „Man muss dem nicht zustimmen, man kann diese Sichtweise auch für den naiven Blick eines in Bezug auf Rassismus Unbeteiligten halten.“ Das ist journalistisch leider einfach übel. Weil es über die Berichterstattung des Falls hinaus zu Ungunsten einer Partei Zweifel säen will.

In besagten Mails gegen Stefan Kruecken wird dieser als Heckenschütze bezeichnet. Der Autor beim Stern, der die Geschichte aufgeschrieben hat, möchte so einer wohl nicht sein und unterstellt dem Verleger für seinen Blick auf die Polizei jedenfalls kurzerhand Naivität.

In einer der Drohmails gegen Kruecken heißt es, er sei ein „Heckenschütze“. Der Verleger sei gefährlicher als die AfD, weil er der „Polizeigewalt“ aus der vermeintlich linken Ecke kommend Vorschub leisten würde. Nicht die einzige Hass-Email, es sollen laut Kruecken mittlerweile einige hundert sein.

Und es zieht weitere Kreise: Ein linker Aktivist darf auf der linkspopulistischen Hetzseite „Volksverpetzer“ weiter gegen Kruecken hetzen. So wird er dort als mittlerweile schon als Verharmloser von Rechtsradikalen geführt. Warum? Weil er irgendwann einmal sein Unverständnis geäußert hatte angesichts von Protesten gegen einen Auftritt von Bernd Lucke (Ex-AfD).

Die Revolution frisst also wieder ihre Kinder. Der Zwist ist im Herzen der Bewegung angekommen. Im Ankerherzen. Der Kahn hat jetzt übel Schlagseite und der Hamburger Verleger mit seinem Herz für Linke und Linksradikale droht dabei über Bord zu gehen.

Schauen wir noch kurz, was aktuell so angeboten wird bei Ankerherz: Da geht es um die Seefahrt, das Meer und um Leuchttürme. Nach linker oder linkradikaler Agitation sieht da auf den ersten Blick wenig aus. Sogar der Papst darf Seeleuten auf der Internetseite Mut zusprechen. Auch Kleidung kann man bestellen, Klamotten, die ein bisschen so ausschauen, wie aus einem Film von Til Schwieger, der mittlerweile ebenfalls auf einer Internetseite Bekleidung verkauft.

Tatsächlich findet sich in der Verlagsvorschau mit diesem teils schwiemeligen Hamburg- und Seemöven-Feeling auf Anhieb nichts, das wenigstens im Ansatz eine linke oder gar linksradikale Attitüde hätte – zwischen einem Bericht über einen Hund auf St. Pauli, über barmherzige Schwestern und einer Reihe von Heldenverehrungen verdienter Kapitäne auf hoher See. Alles schon bereinigt vom Verleger? Seinen angefeindeten Facebook-Kommentar jedenfalls soll er gelöscht haben.

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