Tichys Einblick
Beispiel Merzig

Lauterbachs Krankenhaussterben beginnt

Krankenhaus geht in die Insolvenz. So ist es aktuell im saarländischen Merzig. So wird es künftig in vielen Schlagzeilen heißen. Ursache dafür ist Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der an entscheidender Stelle gepennt hat.

IMAGO/C.E. Janßen

Wer die Tage seinen Kopf in die Lokalzeitung steckt, wird drei Arten von Geschichten lesen: Wann die Müllabfuhr kommt. Was man alles für den Klimaschutz tun und lassen soll. Und welches Krankenhaus als nächstes in die Pleite geht. Davon lesen die Menschen jetzt schon im nordwestlichen Saarland. Die SHG-Klinik Merzig hat Insolvenz angemeldet, der Betrieb soll weitergehen. Vorerst.

Nun kämpfen sie darum, den Standort zu erhalten: die Landespolitik, die Kreisverwaltung, die Führung des Krankenhauses – und neuerdings auch der Insolvenzverwalter. Die Merziger Probleme sind die gleichen, wie sie die Deutsche Krankenhausgesellschaft seit Monaten anmahnt: Die Kosten sind angesichts der Inflation und der Rekord-Strompreise explodiert – die Erlöse nicht ausreichend gestiegen. Das hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verpennt. Er war mit zu vielem anderen beschäftigt: Impfstoffe bestellen, vorm Hitzetod warnen, für Impfstoffe werben, Cannabis legalisieren oder Impfstoffe wegwerfen, verbrennen oder sonstwie zerstören.

"Einigung" mit den Ländern
Lauterbachs Revolution frisst Deutschlands Krankenhäuser
Das Institut DKI hat vor diesem Hintergrund für die Krankenhausgesellschaft nun eine Blitzumfrage durchgeführt. Das Ergebnis ist dramatisch: „69 Prozent der Kliniken sehen ihre Existenz kurz- und mittelfristig gefährdet, fast kein Krankenhaus kann seine Ausgaben aus den laufenden Einnahmen decken“, teilt die Krankenhausgesellschaft mit. Große Zweifel hegten die Kliniken daran, dass Lauterbachs Reform in wesentlichen Feldern Verbesserung bringen würde: „Nur 11 Prozent erwarten, dass sie durch die Krankenhausreform mehr Personal gewinnen können.“

Zwar begrüße die Mehrheit der Krankenhäuser, dass die Fallpauschalen durch Vorhaltepauschalen ergänzt werden sollen – also dass sie für ihre reine Existenz bezahlt werden. Aber die Kliniken setzten keinerlei Hoffnungen in die Versprechen des Ministers, die Reform werde für weniger Bürokratie und weniger wirtschaftlichen Leistungsdruck sorgen: „Zwei Drittel halten die Ankündigung der ,Entökonomisierung‘ für ein leeres Versprechen, und sogar 91 Prozent erwarten keinerlei Entlastung bei der Bürokratie.“

Der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, warnt: „Gerade die dramatisch pessimistischen Aussichten der Krankenhäuser auf ihre eigene Zukunft müssten ein Weckruf an den Minister und die Bundesregierung sein, jetzt kurzfristig zu handeln und die Kliniken mit einem Inflationsausgleich von den extrem gestiegenen Kosten zu entlasten, die sie selbst nicht mehr tragen können.“ Die Gesellschaft mache sich vor allem Sorgen um die kommenden Jahre, in denen die Reform noch nicht greifen werde. Experten rechnen damit frühestens ab 2027. „Es bleibt fraglich, wie viele Krankenhäuser die Reform unter den jetzigen schweren wirtschaftlichen Bedingungen überhaupt erleben werden“, sagt Gaß.

Der Chef der Krankenhausgesellschaft glaubt auch nicht an Lauterbachs Milchmädchenrechnung, nach der ein Kliniksterben das Problem des Personalnotstands beheben werde – weil sich die entlassenen Ärzte und Pfleger dann auf andere Krankenhäuser verteilen würden: „Dass sich die Personalsituation verbessern wird, ist illusorisch. Wenn Krankenhäuser regional schließen müssen, werden die Pflegekräfte im Regelfall nicht einfach wie ein Wanderzirkus in das nächste große Krankenhaus weiterziehen.“ Bisherige Schließungen von Kliniken hätten gezeigt, dass sich die Pflegekräfte vielmehr neue Arbeitgeber in der Nähe ihres Wohnortes suchen – in anderen Berufen.

Lauterbachs nächstes Scheitern
„Gebt das Hanf (nicht) frei“
Ein echtes Potenzial hätte die Politik beim Thema Entbürokratisierung. Kaum ein Krankenhaus hoffe aber, dass die Reform etwas an der immensen Belastung der Beschäftigten in den Kliniken ändern würde. „An keiner Stelle sind in den Eckpunkten konkrete Maßnahmen zur Entbürokratisierung beschlossen worden“, sagt Gaß. Pflegekräfte müssten heute drei Stunden ihres Arbeitstages mit Dokumentationsarbeiten verbringen. Das zeige, welch enormes Arbeitskräftepotenzial konsequente Entbürokratisierung freisetzen könnte. „Das politische Versprechen der Entbürokratisierung wird zum Bumerang, denn die Beschäftigten spüren, dass der wirtschaftliche Druck in den Krankenhäusern noch nie so groß war wie heute.“ Die Krankenhausgesellschaft rechnet damit, dass etliche Krankenhäuser in den kommenden Monaten Notlagentarifverträge abschließen müssen, da sie die vereinbarten zweistelligen Tarifsteigerungen unter den gegebenen Bedingungen nicht schultern könnten.

„Dass Minister Lauterbach seine Krankenhausreform hinter verschlossenen Türen in einem kleinen ausgewählten Kreis entworfen hat, war und ist ein Fehler“, sagt Gaß. Die große Skepsis der Kliniken zeige, dass eine breite Diskussion unter Beteiligung der Krankenhäuser und Fachleute für Krankenhausorganisation für weitaus mehr Legitimation aber auch Praxisnähe gesorgt hätte: „Jetzt heißt es nachbessern und das Vertrauen der Krankenhäuser zurückgewinnen, denn eine Reform der stationären Versorgung in Deutschland wird gebraucht.“

Selbst wenn Lauterbach der Krankenhausgesellschaft folgen würde – für den Standort Merzig käme das wohl zu spät. Der saarländische Gesundheitspolitiker Alwin Theobald (CDU) mahnt daher im SR: „Es braucht im ersten Schritt jetzt und sofort schnelle und direkte Hilfen, um den laufenden Betrieb zu sichern und es braucht volle Investitionssicherheit, um die Effizienz des Standortes zügig … zu verbessern.“

Anzeige