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Primitiv

Keine Migrations-Gegner in der EU

Zur Abstimmung zum EU-Parlament hat die EU-Kommission auf ihrer offiziellen Website zur Migration zu ihren Mitgliedsländern deren Parteipositionen zur Integration aufgelistet: sie nennt nur Befürworter.

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Manches ist schon eigenartig. Angesichts der Abstimmung zum EU-Parlament hat die EU-Kommission auf ihrer offiziellen Website zur Migration zu ihren Mitgliedsländern deren Parteipositionen zur Integration aufgelistet. Das könnte für den Abstimmenden dann hilfreich sein, wenn für ihn die Migrationsfrage eine herausragende Bedeutung hat.

Könnte. Denn wenn man auf dieses Angebot einen genaueren Blick wirft, erfasst einen schon ein gewisses Staunen. Zum einen: Glauben wir der Datierung 21. Mai, so erfolgte diese Gegenüberstellung kurz vor Toresschluss. Vielleicht aber ist dieses auch nur das Datum der letzten Aktualisierung. Spannender ist dagegen der Blick auf die Inhalte – denn wer erwartet hätte, hier die Parteienpositionen der Parteien aller EU-Länder vorzufinden, wird enttäuscht. Stand 22.Mai fanden sich dort nur – in dieser Reihenfolge – Zypern, Estland, Italien, Lettland, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Slowakei und das Vereinigte Königreich.

Das verblüfft, denn es fehlen die Schwergewichte Deutschland und Frankreich – von Ländern wie Polen und Spanien ganz zu schweigen. Zwar verspricht die Site, zur Analyse eines jeden Landes zu verlinken, sobald diese erschienen ist – doch angesichts der Tatsache, dass die Abstimmungen in manchen Ländern bereits am 23.Mai beginnen, scheint dieses kaum noch erfüllbar.

Gleichwohl: Wenn dann wenigstens, wie zugesagt, die Parteipositionen zu 14 Themenkategorien des Komplexes Integration aufgezeigt werden, so mag dieses zumindest in jenen benannten Ländern eine Hilfe sein. Also testweise einmal die Niederlande aufgerufen – schließlich gibt es dort mit Wilders PVV zumindest eine Partei, deren ablehnende Haltung zu Migration und Integration überregional bekannt ist. Außerdem ist in deren Kurzprogramm zur EU-Wahl 2019 unmissverständlich zu lesen, dass „De-Islamisierung“ ein Schwerpunkt der Politik sein soll. Hierzu werden sowohl der EU-Austritt als auch die Schließung der Grenzen gefordert, was letztlich im Zuge der De-Islamisierung darauf hinauslaufen muss, nicht-integrationsfähige Mohammedaner auszuweisen.

Klickt man sich nun jedoch auf die Zusammenfassung für die Niederlande, wird dort zwar die PVV als „Party for Freedom“ als existent erwähnt – doch deren Positionen sucht man vergebens. Stattdessen durch die Bank nur Programmzitate, die Zuwanderung und Integration begrüßen. Zu keinem einzigen der beleuchteten Punkte von Integration über Spracherwerb bis politischer Partizipation taucht die migrationsfeindliche PVV auf. Der Eindruck: In Sachen Migration gibt es in den niedrigen Landen lediglich Befürworter.

Ein Versäumnis beim Erstellen dieses Abschnitts? Klicken wir auf Italien, wo vor allem die Lega wenig Sympathie für Migranten erkennen lässt. Doch das Bild wiederholt sich – kein einziger inhaltlicher Satz zur migrationsfeindlichen Lega-Position. Immerhin jedoch der Hinweis, die Lega habe zu diesen Wahlen kein Programm veröffentlicht. So kann man sich immerhin herausreden.

Schauen wir noch einmal auf das brexitierende Königreich. Dort ist nicht nur die abgeschlagene UKIP, sondern vor allem die Neugründung des Nigel Farage erklärtermaßen migrationsfeindlich.  Doch dasselbe Bild. Die Brexit-Party wird zwar kurz erwähnt – doch ihre Position findet nicht statt. Auch hier – stattdessen der Hinweis auf das fehlende Programm. Zutreffend zwar, denn auch die Site der Brexit-Party macht deutlich: Das Programm heißt Farage – doch dessen Positionen sollten hinlänglich bekannt sein, um die Parteilinie zur Migration darzulegen.

Für den unbedarften Interessierten stellt sich das in allen Fällen so dar, dass es in allen Ländern nur Parteien gibt, die die Migration befürworten. Was also bliebe dem abstimmenden Migrationsgegner, wüsste er es nicht besser? Nur die Wahlenthaltung.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt …

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