Tichys Einblick
Entgegen EU-Beschluss

Italienische Behörden empfehlen AstraZeneca-Impfstoff nur für Unter-55-Jährige

Der Streit um den AstraZeneca-Impfstoff spitzt sich immer weiter zu. Trotz mangelhafter Datenlage ließ die EU-Kommission den Impfstoff für alle Altersgruppen zu. Manche Länder wollen da wohl nicht mitmachen. Von Max Zimmermann.

IMAGO / ZUMA Wire

Die europäische Kommission und die europäische Arzneimittelzulassungsbehörde haben am Freitag den Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens AstraZeneca ohne Altersbeschränkung zugelassen, obwohl es nicht ausreichende Daten über die Wirkung bei über 65-jährigen gibt. Jetzt empfiehlt die italienische Arzneimittelbehörde, den Impfstoff nur bei Personen bis 55 Jahre anzuwenden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam zuvor auch in Deutschland die beim RKI angesiedelte Ständige Impfkommission, die den Einsatz des Vakzins nur für unter 65-Jährige empfahl.

Jetzt ist der Impfstoff zwar entsprechend des Beschlusses der EU-Kommission auch in Italien zugelassen – aber die italienischen Behörden empfehlen, Menschen über 55 Jahre und Risikopersonen mit den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna zu impfen. Das ist besonders insofern brisant, als der Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs insbesondere für ältere Gruppen vorgesehen war. Denn der Stoff ist durch weniger extreme Kühlanforderungen viel flexibler einsetzbar, insbesondere für Menschen, die nicht in ein Impfzentrum kommen können.

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Begründet hat die italienische Arzneimittelbehörde ihren Schritt mit der mangelnden Studienbasis des Impfstoffs bei Menschen über 65. Von den Probanden, die ein optimales Impfschema in den klinischen Studien aufwiesen, war keiner über 55 Jahre alt. Die Zahl der Probanden über 65 war so gering, dass man aus den hier erzielten Ergebnissen kaum Schlussfolgerungen ziehen kann, ausgerechnet also über Wirksamkeit und Nebenwirkungen in der Hochrisikogruppe.

Die Probleme mit dem AstraZeneca-Impfstoff bei älteren Personen sind nicht die einzigen Hindernisse in der europäischen und insbesondere deutschen Impfstrategie. Auch die Lieferungen der Impfstoffe fallen aufgrund von Produktionsengpässen deutlich geringer aus, als erhofft.

Wegen der Versäumnisse der Bundesregierung in Sachen Impfstoffbesorgung hagelt es nun von allen Seiten Kritik – man habe versagt, frühzeitig genug Impfstoff zu bestellen, um damit die Versorgung hierzulande zu gewährleisten. Denn während Deutschland Probleme hat, überhaupt in größeren Mengen impfen zu können, sieht das anderswo ganz anders aus – Großbritannien, die USA und Israel haben bereits Impfquoten erreicht, von denen Deutschland aktuell nur träumen kann.

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