Tichys Einblick
Industrieverband senkt Prognose drastisch

BDI-Präsident Siegfried Russwurm: „Es brennt lichterloh“

Der Ukrainekrieg habe die „Achillesferse“ des Industrielandes Deutschland aufgedeckt, sagt BDI-Präsident Siegfried Russwurm.

Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, 14.6.2022

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet nur noch ein Wachstum der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) um rund 1,5 Prozent in Deutschland. Zu Jahresbeginn vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine war der BDI noch von einem Plus von etwa 3,5 Prozent für das gesamte Jahr ausgegangen. „Der Industrie macht die doppelte Krise aus der russischen Invasion in die Ukraine und den Auswirkungen der Covid-Pandemie zu schaffen“, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm zum Auftakt des „Tages der Industrie“ gegenüber der Nachrichtenagentur DPA laut Presseberichten. Eine konjunkturelle Erholung auf Vorkrisenniveau vor der Coronapandemie erwartet Russwurm nicht vor dem Jahresende.

Russwurm kritisierte in seiner Rede in Anwesenheit des Bundeskanzlers zwar nicht die gegenwärtig Bundesregierung – im Gegenteil – aber die Energiepolitik der vergangenen Jahre – und auch die eigene Zunft der Topmanager, die angesichts der günstigen Energie aus Russland die Risiken der Abhängigkeit ignorierten: „Wir haben uns die Feuerwehr gespart, weil wir das Brandrisiko für vernachlässigbar gehalten haben. Jetzt brennt es lichterloh.“

Die Voraussetzung für eine Entspannung sei, dass russisches Gas weiterhin nach Westeuropa geliefert werde. Der Krieg habe die „Achillesferse“ der deutschen Wirtschaft entblößt, so Russwurm laut Presseberichten: die Versorgungssicherheit für Energie, Rohstoffe und Basistechnologien. „Die Kostenbelastungen schnüren den Unternehmen immer mehr die Luft ab.“ Russwurm rief deshalb die Bundesregierung dazu auf, die Stromsteuer und die Netzentgelte deutlich zu senken.

Eine Unterbrechung der Gas-Lieferungen würde sich für die deutsche Industrie katastrophal auswirken und sie in die Rezession treiben. Der Auftragsbestand sei zwar auf Rekordhoch, aber die Lieferengpässe bedrohten nach wie vor die Produktion. Die Unsicherheiten verhinderten auch Investitionen.

Zum Tag der Industrie werden Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck erwartet. Letzterer hatte Maßnahmen angekündigt, um angesichts der Drosselung russischer Lieferungen den Gasverbrauch zu verringern. Darunter auch ein Auktionsmodell für Gaslieferungen.

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