Tichys Einblick
Reiner Holznagel im TE-Interview

Chef des Steuerzahlerbundes: Inflationsausgleich im Steuertarif muss endlich kommen

Reiner Holznagel fordert, dass der Kaufkraftverlust vom Fiskus berücksichtigt werden muss. Das würde nur eine Mini-Erleichterung bringen. Aber selbst die verweigert Finanzminister Lindner.

Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler

IMAGO / Eventpress

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler Reiner Holznagel fordert im Interview in der aktuellen Print-Ausgabe von Tichys Einblick von Finanzminister Christian Lindner (FDP), die stark gestiegene Inflation zumindest im Einkommensteuertarif so schnell wie möglich und rückwirkend bis zum 1. Januar 2022 auszugleichen. Die aktuell hohe Inflation, so Holznagel, schlage jetzt voll bei der Steuer auf die Einkommen durch. „Nicht nur der Steuertarif, sondern auch sämtliche Freibeträge, Grenzen und Pauschalen müssen an die Inflation angeglichen werden. Bleiben sie, wie sie sind, dann sorgt die Inflation dafür, dass wir eine stetige und steigende Steuerbelastung haben, die aber nicht offenkundig ist“.

Dem bisher geltenden Steuertarif für 2022 liegt eine Inflationsschätzung deutlich unterhalb der Teuerung von 3,1 Prozent zugrunde, mit denen die EZB für dieses Jahr rechnet.

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Die vom Steuerzahlerbund berechneten Auswirkungen bei der Anpassung an die Inflationsrate wären gering – allerdings würden gerade die Empfänger kleinerer und mittlerer Einkommen verhältnismäßig stärker entlastet. Nach den Steuerbund-Vorschlägen würde ein Steuerpflichtiger mit 25.000 Euro Jahreseinkommen 1,2 Prozent beziehungsweise 41 Euro weniger Steuern im Jahr zahlen, bei  einem jährlichen Einkommen von 50.000 Euro ein Prozent beziehungsweise 113 Euro und bei jährlich 75.000 Euro 0,7 Prozent weniger, was 152 Euro entspräche.

„Unser Vorschlag, die Einkommensteuer so zu reformieren, dass die Inflationsrate berücksichtigt wird“, argumentiert Holznagel im TE-Interview, „hat alles andere als mit einer Wohltat für Reiche zu tun. Stattdessen ist es die Aufgabe der Regierung, die sogenannte kalte Progression vollständig abzubauen. Die Zahlen, die wir vorlegen, zeigen, dass gemessen an der Einkommensteuer gerade die mittleren und unteren Einkommen besonders profitieren würden.“

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Allerdings will Finanzminister Christian Lindner selbst diese geringe Entlastung nicht zugestehen. Eine entsprechende Änderung des Steuertarifs für 2022, so der FDP-Chef, sei „mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden“. Erst 2023 solle eine entsprechende Anpassung an die Inflationsrate erfolgen. Als Oppositionspolitiker hatte Lindner 2014 in dem Magazin „Liberal“ allerdings geschrieben:

„Der Tarif der Einkommensteuer sollte automatisch an die Preisentwicklung angepasst werden.“

Holznagel kritisiert im TE-Interview auch, dass der aktuelle Steuertarif einen Teil der Mindestlohn-Erhöhung gleich wieder aufzehren werde. „Aktuell liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro. Im Oktober soll er auf zwölf Euro steigen. Wenn die Einkommensteuer so bleibt, zahlt ein in Vollzeit arbeitender Single und Mindestlohnempfänger – monatlich betrachtet – dann 85 Prozent mehr Steuern zu 22 Prozent mehr Lohn“, so Holznagel im Gespräch mit Tichys Einblick. „Das liegt daran, dass gerade am Anfang die Progression überproportional stark zuschlägt.“

Auch bei der Belastung der Bürger durch stark gestiegene Energiepreise sieht der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes Spielräume bei der Bundesregierung – nicht zuletzt durch die wachsenden Einnahmen aus der CO2-Besteuerung. „Allein im vergangenen Jahr hat der Bund durch die europäische und nationale CO2-Bepreisung rund 12,5 Milliarden Euro eingenommen“, rechnet Holznagel vor. „Zum Vergleich: Im laufenden Jahr wird die EEG-Umlage durch einen Bundeszuschuss von knapp 3,3 Milliarden Euro gesenkt. Bei den zugesagten Entlastungen ist also noch Luft nach oben.“

Das gesamte Interview mit Reiner Holznagel lesen Sie in der gedruckten Ausgabe von Tichys Einblick.

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