Tichys Einblick
Haushaltsdebatte

Die Ampel lebt über ihre Verhältnisse

Der Bundestag berät diese Woche über den Haushalt. Die Debatte zeigt, dass die Ampel nicht mehr über Profanes wie Geld, Wirtschaft oder Arbeit reden will. Die Bundesregierung ist gegen Rechts – das muss reichen.

Sitzung im Deutschen Bundestag in Berlin, 30. Januar 2024

IMAGO / photothek

Zahlen sind nicht der Freund der Ampel. Sie zeigen nur auf, wie sehr SPD, Grüne und FDP als Bundesregierung dem Land schaden. Beispiel eins, das Bruttoinlandsprodukt. Das ist von Ende 2022 auf Ende 2023 um 0,4 Prozent zurückgegangen, meldet das Statistische Bundesamt. Allein von Ende September des vergangenen Jahres auf Ende Dezember ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Trotz Rekord-Zuwanderung in den beiden vergangenen Jahren geht der Geldumlauf in Deutschland also zurück.

Wie sieht da der Haushalt aus, den Finanzminister Christian Lindner (FDP) in den Bundestag einbringt? Also weitere Beispiele. Mathias Middelberg (CDU) rechnet es dem Finanzminister in der Haushaltsdebatte vor: Von 2019 auf 2024 sind die Ausgaben des Bundes von 357 auf 477 Milliarden Euro gestiegen. Um mehr als ein Drittel also. In den gleichen fünf Jahren sei aber die Wirtschaftskraft nicht einmal um ein Fünftel gewachsen. Die deutsche Bundesregierung lebt über ihre Verhältnisse.

Dazu passt, dass Lindners Haushalt für das bereits laufende Jahr auf 39 Milliarden Euro an neuen Schulden beruht. Selbst das sei noch schöngerechnet, wirft ihm Peter Boehringer (AfD) vor. Rechne man alle Nebenhaushalte mit, die es unter Lindner immer noch gebe, betrüge die Neuverschuldung in diesem Jahr 97 Milliarden Euro. Mit den Neuverschuldungen, die Deutschland wegen der Finanzpolitik der EU übernehmen müsse, seien es sogar 111 Milliarden Euro neuer Schulden in Deutschland. „Die Regierung bleibt auf Verschuldungskurs“, attestiert Boehringer dem Finanzminister.

Was hat die Ampel diesen Zahlen entgegenzuhalten? Dennis Rohde (SPD) sagt, der Haushalt diene dem „Kampf gegen den äußeren Feind“ und gegen den „inneren“. Sven-Christian Kindler (Grüne) stellt den „Kampf gegen Rechts“ ebenfalls ins Zentrum seiner Rede. Wirtschaft, Wohlstand und Wachstum sind für die Ampel angesichts ihres „Wirtschaftsministers“ Robert Habeck (Grüne) kein schönes Thema mehr. Da reden sie lieber über den Kampf gegen Rechts. Der erfordert auch kein Wissen, keine Recherche und keine Neigung – nur hundert Prozent Haltung. Damit kommt dieser Kampf der Ausbildung vieler Ampelpolitiker entgegen.

Christian Lindner muss schon noch über den Haushalt reden. Sähe für einen Finanzminister sonst auch blöd aus. Also beweist Lindner die reiche Tradition der FDP an ausgelutschter Sprache: Die Ampel habe mit „Gestaltungsehrgeiz“ einen „Gestaltungshaushalt“ vorgelegt. Schnarch. Davon abgesehen zeigt Lindner, dass er auf dem Schoß der rot-grünen Koalitionspartner sitzt – um noch zwei Jahre Minister bleiben zu dürfen und um im Anschluss einen guten Versorgungsjob zu bekommen.

Lindner selbst hatte vor Wochen in den Medien gesagt, dass Deutschland mit Abstand mehr für Entwicklungshilfe zahle als jedes andere Land. Zumindest der Abstand müsse reduziert werden. Doch was Lindner öffentlich vertritt und was er im Bundestag tut, steht sich diametral gegenüber. Ob er immer noch an die „internationale Zusammenarbeit“ ran wolle, fragt sich Lindner selber und antwortet: „Ich rate ab.“ Deutschland zahlt also weiter für Kühlschränke in Kolumbien und Radwege in Peru.

Peanuts – Erdnüsse – angesichts dessen, was Deutschland im Inland ausgibt. 27 Milliarden Euro fürs Asyl, wie Middelberg vorrechnet – weit über 40 Milliarden Euro fürs Bürgergeld. Dazu kommen 40 Milliarden Euro Zinsen für Schulden, die durch Corona-Hilfen, Entlastungspakete und des Kanzlers „Doppelwumms“ entstanden sind. Zusammen sind das über 20 Prozent des Bundes-Etats, die einfach nur verdunsten.

Lindner hält dagegen, dass die Ausgaben für Investitionen von 11 auf 12,3 Prozent gestiegen seien, was besser als unter Angela Merkel (CDU) sei. Was stimmt, die Kanzlerin hat in ihrer Zeit die Grenzen im Stich gelassen und die Infrastruktur tatsächlich zerfallen lassen. Aber nach mehr als zwei Jahren eigener Regierungszeit hat die „Zukunftskoalition“ immer noch nicht mehr zu bieten als den Blick in die Vergangenheit – die ja auch nicht besser gewesen sei.

Mit 15 Milliarden Euro gleicht der Bund den Zuwachs bei den Einkommensteuern aus. Die Löhne steigen und damit die Steuern. Die Arbeitnehmer bleiben dann mit gleich viel Netto und den massiv gestiegenen Preisen im Supermarkt zurück. Angesichts steigender Steuereinnahmen, die bald bei einer Billion Euro im Jahr liegen, ist der Ausgleich von 15 Milliarden Euro eher ein Tropfen auf den heißen Stein – Lindner feiert ihn als Geldregen.

Middelberg macht nicht mit. Er erinnert Lindner daran, dass er sich den einen Steuerausgleich an vielen anderen Stellen zurückholt: durch die Erhöhung der Luftverkehrssteuer, der Mehrwertsteuer auf die Gastronomie, die höhere CO2-Steuer, die LKW-Maut, die Besteuerung des Agrardiesels oder die neue Plastiksteuer. Wer arbeitet, müsse mit höheren Preisen leben, den Empfängern von Bürgergeld gleicht die Bundesregierung die steigenden Preise voll aus. Daraus schließt Middelberg: „Bei Ihnen fehlt leider nur eine Gruppe – die Menschen, die noch arbeiten.“

Boehringer attestiert der Ampel und ihrem Finanzminister keine gute Zukunft: „Sämtliche Prestigeprojekte der Ampel können nur noch durch Schattenhaushalte finanziert werden.“ Wenn am Freitag der Bundestag über den Haushalt abstimmt, wird die AfD daher eine Verfassungsklage beantragen, sagt Boehringer. Die CDU müsse dann zeigen, ob sie nur gegen den Haushalt anrede oder ob sie auch über ihren Schatten springe und mit der AfD stimme. Mit engeren Haushaltsregeln müsste die Ampel weiteren Lieblingsprojekten Geld entziehen. Wäre spannend zu sehen, was vom Kampf gegen Rechts übrigbleibt, wenn der ausschließlich im Ehrenamt stattfindet.

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